Ha'avara-Abkommen

Ha'avara-Abkommen

Ha'avara (hebräisch: Transfer), auch Hoofien-Abkommen nach Sigmund Hoofien, dem damaligen Direktor der Anglo-Palestine Bank, war der Name einer Vereinbarung, geschlossen am 25. August 1933 nach dreimonatigen Verhandlungen zwischen der Jewish Agency, der Zionistischen Vereinigung für Deutschland und dem deutschen Reichsministerium für Wirtschaft, um die Emigration zahlungskräftiger deutscher Juden nach Palästina zu erleichtern und gleichzeitig den deutschen Export zu fördern, insbesondere den damals befürchteten internationalen Handelsboykott zu durchbrechen.

Die britische Verwaltung Palästinas verlangte von den Einwanderungswilligen den Nachweis finanzieller Mittel. Nach den deutschen Devisenbestimmungen von 1931 wurden aber von Auslandsüberweisungen hohe Abschläge einbehalten. Das Ha'avara-Abkommen erlaubte nun den Betroffenen, einen Teil ihres Besitzes in Form von Waren nach Palästina zu transferieren. Jüdische Auswanderer zahlten Geld (der Mindestbetrag lag bei 1.000 Pfund Sterling) auf ein deutsches Konto ein. Mit diesem Geld wurden deutsche Waren für den Export nach Palästina bezahlt, während der Importeur den Gegenwert auf ein Konto in Palästina einzahlte. Bei der Ankunft in Palästina erhielten die Auswanderer aus diesem Konto die Summe in palästinensischen Pfund erstattet.

Der Vertrag wurde von etwa 50.000 bis 60.000 Juden genutzt, geschätzte 140 Mio. Reichsmark wurden transferiert. Ab 1937 blockierten die deutschen Behörden zunehmend die Ausführung. Mit Kriegsbeginn 1939 war der Devisentransfer (obwohl formal zulässig bis 1941) nicht mehr möglich.

In Palästina und im Ausland wurde das Abkommen einzelner jüdischer Organisationen mit dem nationalsozialistischen Deutschland heftig kritisiert. Auf dem 18. Zionistenkongress 1933 in Prag etwa bezeichnete der Schriftsteller Schalom Asch das Abkommen mit Hitlers Regime als „Verrat am Weltjudentum”. Chaim Arlosoroff wurde 1933 Opfer eines Mordanschlags, der auf seine Tätigkeit als Verhandlungsführer der Jewish Agency mit Deutschland zurückgeführt wird. Heute wird das Ha'avara-Abkommen in einigen Schriften referenziert, um eine potentielle Interessengemeinschaft des Zionismus und Nationalsozialismus zu belegen. Auch der israelische Historiker Tom Segev verweist auf das damalige massive Interesse der zionistischen Führung, speziell David Ben Gurions an jüdischer Einwanderung aus NS-Deutschland und auf die Palästinareise des führenden SS-Ideologen Leopold Itz von Mildenstein, die in einer enthusiastischen Artikelserie in Joseph Goebbels' Zeitung Der Angriff (26. September bis 9. Oktober 1934) ihren Niederschlag fand[1]

Literatur

  • Avraham Barkai: German Interests in the Haavara-Transfer Agreement 1933-1939, Yearbook of the Leo Baeck Institute 35; 1990, S. 245-266 (engl.)
  • Werner Feilchenfeld, Dolf Michaelis, Ludwig Pinner: Haavara-Transfer nach Palästina und Einwanderung deutscher Juden 1933-1939, Tübingen, 1972
  • Tom Segev:Die siebte Million. Der Holocaust und Israels Politik der Erinnerung, Hamburg 1995, speziell S 31ff
  • David Yisraeli: The Third Reich and the Transfer Agreement, in: Journal of Contemporary History 6 (1972), S. 129-148 (engl.)

Einzelnachweise

  1. Tom Segev:Die siebte Million. Der Holocaust und Israels Politik der Erinnerung, Hamburg 1995, S 31ff. Segev bestätigt auch die Prägung einer NS-Gedenkmedaille als Erinnerung an Mildensteins Reise mit den Symbolen Hakenkreuz und Davidsstern. a.a.O. S 45f

Weblinks


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