Haushaltsgemeinschaft

Haushaltsgemeinschaft

Die Haushaltsgemeinschaft ist ein Begriff aus dem deutschen Steuerrecht und dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Er bezeichnet eine Gruppe von Personen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie sich Wohnraum teilt und dass weitere Bedarfe des täglichen Lebens ganz oder teilweise gemeinsam gedeckt werden.

Recht der Grundsicherung

Die Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs. 5 SGB II ist im Unterschied zur Wohngemeinschaft dadurch charakterisiert, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung zusammenleben, sondern einen gemeinsamen Haushalt im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft führen.

Die Frage, ob eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt oder nicht, hat in Deutschland Folgen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld II[1], denn bei einer Haushaltsgemeinschaft zwischen Verwandten oder Verschwägerten darf nach § 9 Abs. 5 SGB II vermutet werden, dass die Verwandten bzw. Verschwägerten den Hilfebedürftigen unterstützen, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Dadurch ist der Hilfebdürftige nicht mehr hilfebedürftig im Sinne des SGB II und erhält insoweit keine Leistungen, es sei denn, er widerlegt die Vermutung.

Die Vermutung ist jedoch erst zulässig, wenn der Grundsicherungsträger (Jobcenter) "positiv festgestellt" hat, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, denn der Grundsicherungsträger ist für das Vorliegen dieser Vermutungstatsache darlegungs- und beweispflichtig. Besteht zwischen dem Hilfebedürftigen und seinem Verwandten bzw. Verschwägerten lediglich eine Wohngemeinschaft, weil sie nicht gemeinsam wirtschaften, ist greift die Unterstützungssvermutung nicht. Eine Vermutung, dass ein gemeinsames Wirtschaften bereits beim Zusammenwohnen von Hilfesuchenden und Verwandten bzw. Verschwägerten vorliegt, enthält § 9 Abs. 5 SGB II gerade nicht [2].

Das gemeinsames Wirtschaften geht über ein gemeinsames zusammen Wohnen hinaus. Die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und Gemeinschaftsräumen reicht hierfür nicht aus. Unterstützungen zur Behebung einer Notlage, die z.B. durch die Zahlungsunwilligkeit des Grundsicherungsträgers (Jobcenter) verursacht wird, begründeten noch nicht die Annahme des „Wirtschaftens aus einem Topf“. Weitere Kriterien, die unter Berücksichtigung der Gesamtumstände gegen die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft sprechen können, sind: die getrennte Kontoführung der Bewohner, der getrennte Einkauf von Lebensmitteln und sonstigen Artikeln des täglichen Bedarfs und auf jeweils eigene Rechnung, getrenntes Waschen der Wäsche, jeweils ein eigenes Zimmer der Bewohner innerhalb der Wohnung. Auch der Umstand, dass gelegentlich das Essen gemeinsam gekocht und eingenommen wird, genügt nicht für die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft.[3]

Nur wenn eine von der Behörde darzulegende und zu beweisende Haushaltsgemeinschaft vorliegt, müssen die mit dem Hilfebedürftigen zusammenwohnenden Verwandten oder Verschwägerten, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Behörde zu offenbaren.

Steuerrecht

Im Steuerrecht ist die Haushaltsgemeinschaft Grundlage für die Gewährung des Alleinerziehendenentlastungsbetrags[4] nach § 24b des Einkommensteuergesetzes. Die Personen im Haushalt können auch eine Haushaltsgemeinschaft bilden, wenn sie nicht miteinander verwandt oder verschwägert sind.

Die Obersten Finanzbehörden der Länder vertreten die Ansicht, schon bei recht geringer Teilung alltäglicher Verbrauchsgüter sei eine Haushaltsgemeinschaft als gegeben anzusehen: „Eine Haushaltsgemeinschaft setzt ferner nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht und die zur Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden. Es genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nahem Beieinanderwohnen, bei der jedes Mitglied der Gemeinschaft tatsächlich oder finanziell seinen Beitrag zur Haushalts- bzw. Lebensführung leistet und an ihr partizipiert (der gemeinsame Verbrauch der Lebensmittel oder Reinigungsmittel, die gemeinsame Nutzung des Kühlschrankes etc.).[4] Diese Sicht der Finanzbehörden ist allerdings nicht durch höchstrichterliche Urteile bestätigt und ist durch ein finanzielles Interesse der Finanzbehörden geprägt.

Einzelnachweise

  1. Informationen zur Arbeitsmarktreform [1]
  2. Bundessozialgericht Urteil vom 27. Januar 2009, B 14 AS 6/08 R
  3. Bundessozialgericht, a.a.O.
  4. a b CDL Nds.: Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, § 24b EStG; Anwendungsschreiben, abgerufen am 9. März 2008.
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