- Heilige Allianz
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Der Ausdruck Heilige Allianz bezeichnet das Bündnis, das die drei Monarchen Russlands, Österreichs und Preußens nach dem endgültigen Sieg über Napoléon Bonaparte am 26. September 1815 in Paris abschlossen. Frankreich trat der Allianz 1818 bei.
Inhaltsverzeichnis
Die Gründung
Die Gründung der Heiligen Allianz geschah auf Anregung Zar Alexanders I., dessen Religiosität besonders ausgeprägt und von der mystisch-schwärmerischen Baronin Juliane von Krüdener, der sogenannten „Mutter der Heiligen Allianz“, beeinflusst war. Er war es auch, der den Vertrag entwarf. Das Bündnis kam zustande, obwohl alle drei Monarchen unterschiedlichen Konfessionen angehörten: Der russische Zar war orthodox, Kaiser Franz I. von Österreich römisch-katholisch und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen evangelisch.
- Gründungserklärung der Heiligen Allianz vom 26. September 1815
- Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit! Ihre Majestäten, der Kaiser von Österreich, der König von Preußen und der Kaiser von Russland haben infolge der großen Ereignisse, die Europa in den letzten drei Jahren erfüllt haben, und besonders der Wohltaten, die die göttliche Vorsehung über die Staaten ausgegossen hat, deren Regierungen ihr Vertrauen und ihre Hoffnungen auf sie allein gesetzt haben, die innere Überzeugung gewonnen, dass es notwendig ist, ihre gegenseitigen Beziehungen auf die erhabenen Wahrheiten zu begründen, die die unvergängliche Religion des göttlichen Erlösers lehrt. Sie erklären daher feierlich, dass die gegenwärtige Vereinbarung lediglich den Zweck hat, vor aller Welt ihren unerschütterlichen Entschluss zu bekunden, als die Richtschnur ihres Verhaltens in der inneren Verwaltung ihrer Staaten sowohl als durch in den politischen Beziehungen zu jeder anderen Regierung alleine die Gebote der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens, die, weit entfernt, nur auf das Privatleben anwendbar zu sein, erst recht die Entschließung der Fürsten direkt beeinflussen und alle ihre Schritte lenken sollen, damit sie so den menschlichen Einrichtungen Dauer verleihen und ihren Unvollkommenheiten abhelfen.
Der Aufforderung, der Allianz beizutreten, folgten alle Staaten des Kontinents bis auf den Kirchenstaat, der das überkonfessionelle Engagement ablehnte, das Osmanische Reich (diesem blieb wegen der christlichen Ausrichtung der Allianz der Beitritt verwehrt) und Großbritannien: Zwar erklärte der Prinzregent, Georg IV., persönlich seine Zustimmung und trat in seiner Eigenschaft als König von Hannover auch bei, Großbritannien blieb jedoch fern, weil die Allianz nur ein Bekenntnis zu abstrakten Grundsätzen, aber keine realen Verpflichtungen enthielte. Ziel des Bündnisses war die Aufrechterhaltung der monarchischen Herrschaftssysteme und des auf dem Wiener Kongress geschaffenen politischen und staatlichen Systems in Europa, was den Gegensatz zu nationalen und sozialen Bewegungen in der Bevölkerung verschärfte.
Die Heilige Allianz begann in den 1820ern auf Grund von Differenzen zwischen den europäischen Herrschern über den Freiheitskampf Griechenlands und Belgiens zu zerbrechen. Gleichwohl blieb das solidarisierende Element der Fürstenhäuser bis zum Ersten Weltkrieg erhalten.
Bündnisinhalt und Organisation
Die Unterzeichner des Bündnisses bekannten sich zum Gottesgnadentum der Herrscher und bezeichneten die christliche Religion als Fundament der herrschenden politischen Ordnung. Sie verpflichteten sich zu gegenseitigem Beistand zum Schutz dieser Ordnung gegen alle bürgerlichen und nationalstaatlichen Umwälzungen. Dem Vertrag traten in den folgenden Jahren fast alle europäischen Monarchen bei.
Als Vollzugsorgan diente der Heiligen Allianz die am 20. November 1815 zwischen Russland, Großbritannien, Österreich und Preußen geschlossene Quadrupelallianz, die u. a. regelmäßige Zusammenkünfte der Vertragsmächte vorsah und durch Aufnahme Frankreichs am 15. November 1818 zur Pentarchie erweitert wurde.
Interventionen gegen bürgerliche und nationale Bestrebungen
Auf dem Aachener Kongress 1818 beriet die Heilige Allianz Unterdrückungsmaßnahmen gegen die bürgerlich-nationale Opposition in Deutschland (siehe Karlsbader Beschlüsse). Auf den Kongressen in Troppau und Laibach (siehe Monarchenkongresse) wurden militärische Interventionen gegen die bürgerlichen Umwälzungen in Italien und die indirekte Unterstützung der Türkei gegen den nationalen Befreiungskampf der Griechen beschlossen. Der letzte Kongress der Heiligen Allianz, der Veroneser Kongress 1822, beauftragte Frankreich mit der Niederschlagung der bürgerlichen Revolution in Spanien.
Neuorganisation nach der Julirevolution
Mit der Julirevolution von 1830 in Frankreich verlor die Heilige Allianz ihren gesamteuropäischen Charakter und Einfluss. Im Herbst 1833 reaktivierten Russland, Österreich und Preußen die Heilige Allianz und bildeten von nun an jenen Mächteblock, der gerne als „reaktionär“ bezeichnet wird – eine Bezeichnung, die schon insofern unrichtig ist, als die Interessen dieser Staaten nur partiell gleich waren und dieses „Lager“ daher keinesweges einheitlich auftrat.[1]
Niedergang und Auflösung
Nachdem die Heilige Allianz nach der Niederwerfung der Revolutionen von 1848/49 in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts eine Neuauflage erlebt hatte, brach sie im Krimkrieg endgültig auseinander. Österreich, das erst 1849 beim Aufstand der Ungarn mit Hilfe Russlands vor dem möglich scheinenden Zerfall gerettet worden war, hatte am 3. Juni 1854 Russland aufgefordert sich aus den Donaufürstentümern zurückzuziehen und diese nach dem russischen Abzug selbst besetzt. Die Beziehungen zwischen Österreich und Russland wurden deshalb zerrüttet. Österreichs Beziehungen zu Preußen wurden ebenfalls angespannter. Daneben lief es Gefahr, von Großbritannien und Frankreich unter Napoléon III. isoliert zu werden. Langfristig veränderte sich somit die seit dem Wiener Kongress relativ stabil scheinende (von den vielen inneren Unruhen in den jeweiligen Staaten einmal abgesehen) europäische Mächtekonstellation nachhaltig zu Ungunsten Österreichs.
Rezeption
Karl Marx und Friedrich Engels betrachteten die Auflösung der Heiligen Allianz durch den gemeinsamen Kampf der revolutionären Völker als die entscheidende Voraussetzung für die Durchsetzung der bürgerlichen Demokratie in Europa.
Literatur
- Menger, Philipp: Die Heilige Allianz - "La garantie religieuse du nouveau système Européen"?, in: Wolfram Pyta (Hg.): Das europäische Mächtekonzert. Friedens- und Sicherheitspolitik vom Wiener Kongreß 1815 bis zum Krimkrieg 1853, Stuttgart 2009, S. 209-236.
- Ghervas, Stella: Réinventer la tradition. Alexandre Stourdza et l’Europe de la Sainte-Alliance. Honoré Champion, Paris 2008, ISBN 978-2-7453-1669-1.
- Schwarz, Wilhelm: Die Heilige Allianz. Tragik eines europäischen Friedensbundes. Stuttgart 1935
Weblinks
- Heilige Allianz. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
- Wesentliche Auszüge des Allianzvertrags vom 26. September 1815 bei dokumentarchiv
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. dazu beispielsweise Wolfram Siemann: Metternich. Staatsmann zwischen Restauration und Moderne. C.H. Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-58784-9, S. 72 und 76 f.
Siehe auch: Veroneser Kongress
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