- Juliane von Krüdener
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Beate Barbara Juliane von Krüdener (geb. von Vietinghoff genannt Scheel; * 11. Novemberjul./ 22. November 1764greg. in Riga, Livland; † 13. Dezemberjul./ 25. Dezember 1824greg.[1] Karasu-Basar auf der Krim) war eine religiöse Eiferin, Beraterin des russischen Zaren und Schriftstellerin aus deutsch-baltischem Adel.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Sie war eine Tochter des Otto Hermann von Vietinghoff genannt Scheel und wuchs teils in Riga, teils auf dem entfernten Rittergut Kosse in Livland (heute Viitina in Estland) auf. Erst 17 Jahre alt heiratete sie 1782 Burckhard Alexius Constantin von Krüdener, den 20 Jahre älteren kaiserlich-russischen Gesandten in Mitau, später in Venedig und Kopenhagen, ebenfalls ein Deutsch-Balte. Ihm gebar sie in Sankt Petersburg 1784 den Sohn Paul. Nach dem Tod ihres Mannes ließ sie sich als wohlhabende Witwe in Paris nieder und schrieb dort unter dem Einfluss von Goethes Werther eine autobiographische Liebesgeschichte, den damals berühmten Roman Valérie, der 1803 in Paris erschien. Er wurde nicht zuletzt durch ihre ungewöhnlichen Werbeaktionen nach Frankreich besonders auch in Deutschland und Russland äußerst populär - es verbreitete sich eine regelrechte Valérie-Mode. Das romantische Naturempfinden in ihren Werken soll auf ihre glücklichen Jugendjahre auf Kosse mit seinen Wäldern und Seen zurückgehen, dem Gut, das ihr äußerst vermögender Vater anlässlich der Hochzeit ihrem Ehemann überließ. Sie war mit den französischen Schriftstellern Anne Louise Germaine de Staël und François-René de Chateaubriand befreundet.[2]
Während ihres unruhigen Lebens wurde sie von den Herrnhutern inspiriert und neigte nach Einflüssen durch Johann Heinrich Jung-Stilling immer stärker zu einem prophetisch-ekstatischen Pietismus. 1804 erlebte Juliane von Krüdener auf ihrem Gut Kosse eine religiöse Bekehrung und sagte später auch die Rückkehr Napoleons I. von Elba voraus. Sie hatte starken religiösen Einfluss auf die Petersburger Gesellschaft, insbesondere auf den zur christlichen Mystik neigenden Zar Alexander I, dessen geistige Freundin sie wurde. Sie bewog ihn zur Heiligen Allianz, die auch ihre Handschrift trägt, und vertrat den Zaren 1815 auf dem Wiener Kongress. Sie sah in Napoléon den in der Offenbarung des Johannes benannten Engel des Abgrundes, den Antichristen und wurde bei großen Auftritten selbst als Prophetin der Heiligen Allianz oder als das „Sonnenweib“ gefeiert. Die Verbindung von Exzentrik und Sendungsbewusstsein führte die Adlige in die höchsten gesellschaftlichen und politischen Kreise, in denen sich religiöse mit nationalen Vorstellungen vermischten.
Im Hungerjahr 1816 verschenkte sie ihr gesamtes Vermögen an die Armen und machte ihr Landhaus in Württemberg zu einem geistigen Zentrum. Von dort aus weitete sie ihre Aktivitäten aus: In den Jahren 1816 bis 1818 bereiste sie Baden, das Elsass und die Nordschweiz, wobei sie die biblische Rolle der Frau als Erretterin des Volkes hervorhob, als Krankenheilerin auftrat und eigenhändig Suppenküchen für die durch die Napoleonischen Kriege besonders mitgenommene Bevölkerung betrieb. Diese Gelegenheiten nutzte sie dann auch, um vor Tausenden ihre religiösen Vorstellungen zu verkünden. Sie bewegte die Massen derart, dass sie sowohl aus Süddeutschland als auch aus Basel als zu subversiv des Landes verwiesen und unter polizeilicher Bewachung nach Russland abgeschoben wurde. Dort wollte sie nach ihrer Ankunft 1818 erneut auf den Zaren Einfluss nehmen, der mittlerweile jedoch von ihr abgerückt war und sie nicht mehr empfing. Sie starb in Ungnade, verarmt und einsam auf einer Badereise auf der Krim.
Man schwankt heute in der Beurteilung, wie weit sie eine echte Mystikerin, eine Fanatikerin oder nur eine exaltierte Schwärmerin war.
Werke
- Valérie oder Briefe Gustavs von Linar an Ernst von G... (In der Übersetzung der erweiterten Fassung der Leipziger Ausgabe von 1804 mit einer Einleitung neu herausgegeben von Isolde Döbele-Carlesso. Brackenheim 2006. ISBN 3-939333-03-4).
- Alexis ou l'Histoire d'un soldat russe 1796-1798
- Le Camp de Vertus, Paris 1815.
- Eine Vielzahl von Briefen, Erinnerungen, Tagebüchern, Gedichten und Fragmenten: Weniges in Deutsch, das Meiste in Französisch (teils ins Deutsche und Russische übersetzt). Vieles davon blieb unveröffentlicht, das eine oder andere ist verloren gegangen.
Literatur
- Stella Ghervas: Réinventer la tradition. Alexandre Stourdza et l'Europe de la Sainte-Alliance. Honoré Champion, Paris 2008, ISBN 978-2-7453-1669-1.
- [Reinhard Breymayer (Bearb.):] Krüdener, Juliane von. In: Heiner Schmidt [Hauptbearb. und Hrsg.]: Quellenlexikon zur deutschen Literaturgeschichte, Bd. 17. (Duisburg:) Verlag für Pädagogische Dokumentation 1999, S. 494-496.
- Charles-Augustin Sainte-Beuve: Madame de Krüdner. In: Portraits de femmes. Garnier, Paris 1886, S. 382ff. (Digitalisat)
- Franz Eugen Schlachter in Brosamen von des Herrn Tisch (abgebrochene Artikel-Serie)
- Wolfdietrich von Kloeden: Krüdener, Barbara Juliane Freifrau von. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 4, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-038-7, Sp. 697–699.
- Wilhelm Baur: Krüdener, Barbara Julie von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 196–212.
- Georg von Rauch: Krüdener, Juliane von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 95 f.
Weblinks
Commons: Juliane von Krüdener – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Juliane von Krüdener im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Über Barbara Juliane von Krüdeners Roman Valérie
- Juliane von Krüdener und ihr Einfluss auf Zar Alexander I. von Russland
Einzelnachweise
- ↑ ADB und BBKL nennen den 25. Dezember 1824 als Todestag, die NDB den 13. Dezember 1824.
- ↑ Augusta von Oertzen: Die Schönheitengalerie König Ludwigs I. in der Münchner Residenz, Franz Hanfstaengl, München 1923, S. 30
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