Heiliggeistkirche (Tallinn)

Heiliggeistkirche (Tallinn)
Die Heiliggeistkirche mit ihrem barocken Turm
Die Heiliggeistkirche mit der alten Uhr
Eingang zur Heiliggeistkirche mit der ältesten Uhr Tallinns
Im Inneren der Heiliggeistkirche

Die Heiliggeistkirche (estnisch Püha Vaimu kirik, Pühavaimu kirik) ist eines der Wahrzeichen der estnischen Hauptstadt Tallinn. Sie befindet sich in der Altstadt (Vanalinn) unterhalb des Dombergs (Toompea).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Heiliggeistkirche wurde um 1300 als Erweiterung der ursprünglichen Kapelle des Armen- und Siechenhauses der Stadt errichtet. Kern ist ein zweischiffiges Langhaus mit zehn Kreuzrippengewölbe. Die Heiliggeistkirche ist die kleinste der mittelalterlichen Kirchen Tallinns. 1380 wurde sie fertiggestellt.

An die Westwand schließt sich ein minarettartiger barocker Turm vom Ende des 17. Jahrhunderts an. Er ersetzte einen Renaissanceturm, der vom Blitz getroffen worden war. Im achtstöckigen Turm befand sich neben zwei Glocken aus dem 17. Jahrhundert die älteste Kirchenglocke Tallinns. Sie stammt aus dem Jahr 1433. Ihre berühmte Inschrift in Mittelniederdeutsch (unterhalb einer lateinischen Zeile) lautet: „ik sla rechte / der maghet als deme knechte / der vrouwen als dem heren / des en kan mi nemant ver keren“ („Ich schlage gleichwohl / für die Magd wie für den Knecht / für die Dame wie für den Herrn / das kann mir niemand verwehrn“).[1] Darunter steht der Name des Glockgießers: Merten Seifert. Die Glocke wurde bei einem Brand des Turms 2002 schwer beschädigt.[2]

Die Heiliggeistkirche hat in der Geschichte Estlands eine zentrale Rolle gespielt. Der Rat der Stadt hielt vor seinen Sitzungen im Tallinner Rathaus hier regelmäßig die Heilige Messe ab. In der Kirche wurden ab 1531 die ersten Predigten in estnischer Sprache gehalten.[3] Pastoren der Kirche waren unter anderem Johann Koell, der 1535 den Katechismus ins Estnische übersetzte, und der Chronist Balthasar Rüssow.

Kunstwerke

Berühmte Kunstwerke der Heiliggeistkirche sind ein spätgotisches Kruzifix, die Renaissance-Kanzel von 1597 und der gotische Schrankaltar von Bernt Notke mit der Jahreszahl 1483 und dem kleinen Stadtwappen Tallinns. Er wurde als Auftragsarbeit des Tallinner Rats nach Lübeck vergeben, mit dem Tallinn über die Hanse enge Beziehungen pflegte. Geöffnet zeigt der Altar das Pfingstwunder, die Ausgießung des Heiligen Geistes. Die allegorischen Holzschnitzereien der Empore stammen von dem Meister Elert Thiele aus dem 17. Jahrhundert.

An der nördlichen Außenwand der Heiliggeistkirche ist die älteste Uhr Tallinns zu sehen. Sie wurde 1684 von dem renommierten Holzschnitzer Christian Ackermann hergestellt. Die bunte Bemalung zeigt Sonnenstrahlen und die vier Evangelisten. Die Orgel der Kirche von 1929 stammt von dem estnischen Orgelbauer August Terkmann.

Literatur

  • Eugen von Nottbeck, Wilhelm Neumann: Geschichte und Kunstdenkmäler der Stadt Reval. Zweiter Band: Die Kunstdenkmäler der Stadt. Tallinn 1904. S. 108–115

Weblinks

 Commons: Heiliggeistkirche (Tallinn) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Website (mehrsprachig, auch deutsch)

Einzelnachweise

  1. Thea Karin: Estland. Kulturelle und landschaftliche Vielfalt in einem historischen Grenzland zwischen Ost und West. Köln 1994 (= DuMont Kunst- und Landschaftsführer) ISBN 3-7701-2614-9, S. 72
  2. http://www.ohtuleht.ee/index.aspx?id=123391
  3. http://www.eelk.ee/tallinna.puhavaimu/ajalugu.php
59.43805555555624.745833333333

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