Helmut Ensslin

Helmut Ensslin

Helmut Eugen Ensslin (* 24. Mai 1909 in Ulm; † 27. Mai 1984 in Stuttgart) war ein evangelischer Pfarrer und der Vater von Gudrun Ensslin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Helmut Ensslin studierte Theologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Dort schloss er sich der Verbindung Normannia an, in der auch der spätere Generalbundesanwalt Kurt Rebmann Mitglied war. Nach dem Studium wurde Helmut Ensslin Pfarrer, unter anderem in Stuttgart-Bad Cannstatt. Während des NS-Herrschaft war er Anhänger der oppositionellen Bekennenden Kirche. Er war mit Ilse Ensslin verheiratet, die 1940 die Tochter Gudrun zur Welt brachte. Das Ehepaar hatte sechs weitere Kinder. Helmut Ensslin war auch als Kunstmaler aktiv.

1970er Jahre

Pfarrer Helmut Ensslin war kein Pietist, sondern Anhänger der dialektischen Theologie von Karl Barth. Er lehnte die Aktivitäten seiner Tochter Gudrun Ensslin in der Rote Armee Fraktion ab. Dennoch versuchte er, die Beweggründe der Gruppe nachzuvollziehen und suchte den persönlichen Kontakt zu seiner Tochter, was ihm viele öffentliche Anfeindungen einbrachte. Im Nachrichtenmagazin Der Spiegel kritisierte Ensslin 1972 den Umgang von Presse, Staat und Gesellschaft mit der Studentenbewegung von 1967/68: „Diese Bewegung wurde durch einen Großteil der Presse lächerlich gemacht und was gegenüber dem positiv ethischen Gehalt dieser Bewegung besondere Leidenschaftlichkeit entfachen mußte – kriminalisiert, letztlich aber durch Polizeieinsatz aus jener Öffentlichkeit gefegt, in der sie vermutlich ohnedies keine politisch wirksame Basis bei der derzeitigen Arbeitnehmerschaft gefunden hätte.“[1] Über die RAF schrieb er, dass „diese Gruppe selbst längst nicht mehr mit Toleranz seitens der Gesellschaft rechnet und sich gerade damit zu der Härte entwickelt hat, die an die Eltern nur noch Zumutungen stellt, aber keine Möglichkeit der Anrede mehr gibt.“[1]

Helmut Ensslin forderte die Aufhebung der angeblichen „Isolationshaft“ und anderer vermeintlicher Benachteiligungen für die Gefangenen aus der RAF und beteiligte sich deshalb auch an einer Initiative, die Angehörige von RAF-Gefangenen gegründet hatten. Seine Tochter Gudrun wurde im Oktober 1977 in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim tot aufgefunden.

Ensslin im Spielfilm

Im 2008 gedrehten Film Der Baader Meinhof Komplex wird Pfarrer Helmut Ensslin durch den Schauspieler Michael Gwisdek dargestellt. Der Spielfilm zeigt Helmut und Ilse Ensslin in mehreren Sequenzen und spiegelt die Positionen wider, die Helmut Ensslin in den 1970er Jahren im Blick auf seine Tochter vertreten hat. In dem 2011 erschienenen Film Wer wenn nicht wir wird Helmut Ensslin durch Michael Wittenborn dargestellt.

Belege

  1. a b Helmut Ensslin: All jene Eltern …. In: Der Spiegel. Nr. 9, 1972, S. 46 (online).

Literatur

  • Gudrun Ensslin u.a.: Zieht den Trennungsstrich jede Minute – Briefe an ihre Schwester Christiane und ihren Bruder Gottfried aus dem Gefängnis 1972–1973; hrsg. von Christiane Ensslin und Gottfried Ensslin; Hamburg: Konkret Literatur Verlag Hamburg, 2005; ISBN 3894582391
  • Gerd Koenen: Vesper, Ensslin, Baader; Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch-Verlag, ISBN 3596156912

Quellen

Archiv der Verbindung Normannia


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