- Henochbuch
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Henoch oder Enoch (hebr.: חנוך) ist eine biblische Gestalt, die noch vor ihrem Tod von der Erde weggenommen wurde (Entrückung). Aufgrund der unklaren Umstände seines Verschwindens rief er viele unterschiedliche, darunter auch symbolhafte, mystische und esoterische Interpretationen hervor.
Dieser Henoch ist nicht zu verwechseln mit Henoch, dem Sohn Kains, nach dem auch eine Stadt benannt wurde (Gen 4,17 EU).
Inhaltsverzeichnis
Henoch in der Bibel
- Im Alten Testament findet sich über Henoch nur ein kurzer Absatz in Gen 5,18-24 EU. Danach ist Henoch der älteste Sohn des Jered und damit ein Nachkomme des Set. Sein Vater war 162 Jahre alt, als er ihn zeugte. Er selbst wurde hingegen im Alter von 65 Jahren zum ersten Mal Vater. Er nannte seinen ältesten Sohn Metuschelach (besser bekannt als Methusalem). Anschließend soll er noch 300 Jahre gelebt haben und viele weitere Söhne und Töchter gehabt haben. Dann heißt es in Vers 24: „Henoch war seinen Weg mit Gott gegangen, dann war er nicht mehr da; denn Gott hatte ihn aufgenommen“ (Einheitsübersetzung). Sein erreichtes Lebensalter von 365 Jahren, das im Vergleich zu seinen Eltern und Kindern gering ist, kann symbolisch gesehen werden: die Zahl entspricht der Anzahl der Tage eines Sonnenjahres.
Eine vergleichbare Geschichte findet sich in der Bibel im 2 Kön 2,11 EUf mit der Entrückung des Elija.
- Neutestamentlich wird in Heb 11,5 EU betont, dass Henoch „aufgrund des Glaubens“ entrückt wurde, und nicht sterben musste, und dass er vor der Entrückung das Zeugnis erhielt, dass „er Gott gefiel.“ Hier zeigt sich der Einfluss der paulinischen Theologie, mit ihrer Rechtfertigung des Gläubigen durch den Glauben, nicht durch Werkgerechtigkeit.
- In Jud 1,14 EU wird ein Satz Henochs zitiert, der auch im apokryphen äthiopischen Henochbuch (1,9) zu finden ist. Henoch, „der siebte nach Adam“, habe von zukünftigen Irrlehrern geweissagt, und dass Gott mit vielen tausend Heiligen kommen werde, um über die Gottlosigkeit der Menschen zu richten. Diese Stelle belegt, dass in den frühchristlichen Gemeinden noch Schriften rezipiert wurden, die von der späteren Kirche nicht mehr kanonisiert werden sollten.
- Das deuterokanonische bzw. apokryphe Buch der Weisheit (4,7-17) spielt offensichtlich auf Henoch an: „Der Gerechte aber, kommt auch sein Ende früh, geht in Gottes Ruhe ein. [...] Er gefiel Gott und wurde von ihm geliebt; da er mitten unter Sündern lebte, wurde er entrückt.“ Hiermit revidiert er die traditionelle alttestamentarische Ansicht, dass ein früher Tod stets als Strafe Gottes für die Sündhaftigkeit des Menschen aufzufassen sei. Statt dessen kann er auch als Gnade aufgefasst werden, da der Mensch auf diese Weise dem Reiz des Bösen und dem Taumel der Begierden entkommt, bevor er ihnen erliegen kann.
Die apokryphen Bücher Henoch
Unter dem Namen Henoch existieren drei verschiedene apokryphe Bücher, die mit 1., 2., 3. Henoch oder manchmal auch nach den Sprachen bezeichnet werden, in denen sie hauptsächlich überliefert wurden.
- Das 1. Buch Henoch wird auch als äthiopisches Henochbuch bezeichnet. Es ist vollständig nur in Äthiopisch überliefert. Teile des Buches sind auch in Griechisch und Aramäisch erhalten.
- Das 2. Buch Henoch (das slawische Henochbuch) ist nur noch in Kirchenslawisch erhalten.
- Das 3. Buch Henoch (hebräisches Henochbuch) in hebräischer Sprache.
Henoch ist nach biblischer Überlieferung von Gott in den Himmel entrückt worden. In den Henoch-Büchern malte man sich aus, was Henoch bei seinen Himmelsreisen wohl gesehen haben mag. Das erste Buch Henoch enthält fünf verschiedene Teil-Bücher, eventuell erstellt von verschiedenen Schreibern. Verschiedene aramäische und zwei hebräische Fragmente des 1. Henoch wurden in Qumran gefunden und sind damit sicher datierbar auf die Zeit zwischen 130 v. Chr. und 68 n. Chr.
Erstmals in der jüdischen Kultur findet sich in 1. Henoch die Beschreibung einer „Hölle“, in der Menschen gequält werden (Kapitel 21), was in der jüdischen Bibel unbekannt ist. Die Schilderungen der verschiedenen Himmel und Höllen, mitsamt ihren Engeln (besonders den gefallenen), beeinflussten ebenfalls die Vorstellungen der frühen Kirchenväter des 2. bis 4. Jahrhunderts. Historiker messen den Büchern daher eine bedeutende Rolle in der Entwicklung des christlichen Dogmas der Höllenlehre und bestimmter Aspekte der jüdischen Lehre vom Weltende zu.
Henoch in der Köstlichen Perle
Im 7. und 8. Kapitel des Buches Mose in der Köstlichen Perle wird die biblische Geschichte von Henoch ausführlicher erzählt. Dieser Bericht wird von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage als authentisch angesehen. Diesem Bericht zufolge berief Gott Henoch als Prophet um dem Volk Umkehr zu predigen. Er wurde Seher genannt. Der Bericht enthält auch eine Predigt Henochs, die er selbst als Plan der Errettung bezeichnet, über Umkehr, Taufe und Jesus Christus. Er soll auch in einer Vision Gott gesehen und mit ihm geredet haben. Er war der Führer des Volkes Gottes, genannt Zion. Er und das Volk bzw. die Stadt Zion wurden in den Himmel aufgenommen.[1]
Hinweise zu Henoch aus außerbiblischen Quellen
Nach dem Pseudo-Titus-Brief wird Henoch beauftragt, eine Geschichte der ersten Menschen niederzuschreiben. Mit dieser Aussage kann die Existenz der Henochbücher begründet werden.
In der Apokalypse des Paulus wird Henoch als der Schreiber der Gerechtigkeit bezeichnet.
Nach der Himmelfahrt des Jesaja befinden sich Henoch und andere im Himmel, ohne ihren fleischlichen Leib und in neue Gewänder gehüllt; Throne und Kronen werden sie demnach erst nach der Ankunft des Messias bekommen.
Nach der Offenbarung des Petrus wird ein falscher Christus kommen. Darauf werden Henoch und Elija erscheinen und diesen entlarven.
Literatur
- Alan E. Bernstein: The Formation of Hell: Death and retribution in the ancient and early Christian worlds; Ithaca/New York: Cornell University Press, 1993; Seiten 178-190;241-242
Quellenangaben
Weblinks
- Das Buch Henoch als Online-Text im Project Gutenberg: Das Buch Henoch in vollständiger Übersetzung mit fortlaufendem Kommentar, ausführlicher Einleitung und erläuternden Exkursen von Andreas Gottlieb Hoffmann, Jena 1833 (das äthiopische Henochbuch)
- Das Buch Henoch für mobile Geräte wie Handy und PDA bereitgestellt von der Societas Urielis
- Entsprechender Fachartikel in: Michaela Bauks / Klaus Koenen (Hgg.), Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), 2007ff.
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