Hermann Settegast

Hermann Settegast
Büste für Settegast in der Humboldt-Universität Berlin

Hermann Gustav Settegast (* 30. April 1819 in Königsberg; † 11. August 1908 in Berlin) war ein deutscher Agrarwissenschaftler.

Leben

Settegast, Sohn eines Gerichtskalkulators, absolvierte eine neunjährige landwirtschaftliche Ausbildung auf den Gütern des ostpreußischen Gutsbesitzers Friedrich von Fahrenheid, ging 1844 nach Berlin und studierte an der Friedrich-Wilhelm-Universität Naturwissenschaften. 1845 wechselte er an die Universität Hohenheim und studierte Landwirtschaft. Von 1847 bis 1856 war er Verwalter der Königlichen Domäne Proskau in Schlesien und gleichzeitig Lehrer an der dortigen Landwirtschaftlichen Akademie.

1857 wurde Settegast zum Direktor der neu gegründeten Landwirtschaftlichen Akademie Waldau bei Königsberg berufen. Hier arbeitete er überwiegend auf dem Gebiet der Tierzucht. 1863 folgte er wiederum einem Ruf an die Landwirtschaftliche Akademie Proskau. Als Direktor leitete er diese Lehranstalt bis zu deren Auflösung im Jahre 1881. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen während dieser Zeit gehören zwei Schriften über die akademische Ausbildung der Landwirte: Die landwirthschaftliche Akademie Proskau (1864) und Der landwirthschaftliche Unterricht (1873). In beiden Veröffentlichungen widerspricht Settegast der vor allem von Justus von Liebig vertretenen Ansicht, dass ein Studium der Landwirtschaft nur an Universitäten, nicht jedoch an landwirtschaftlichen Akademien erfolgreich durchgeführt werden könne. 1868 veröffentlichte Settegast sein epochemachendes Buch Die Thierzucht, von dem bis 1888 fünf Auflagen erschienen sind. Allein mit diesem Standardwerk gehört er zu den bedeutendsten Tierzuchtwissenschaftlern des 19. Jahrhunderts.

1881 folgte Settegast einem Ruf an die neu gegründete Landwirtschaftliche Hochschule Berlin. Als ordentlicher Professor für Tierzucht und landwirtschaftliche Betriebslehre war er hier bis 1889 tätig. Während dieser Zeit beteiligte er sich an den teilweise heftigen Diskussionen über den Wert des Anbausystems des Landwirts Albert Schultz-Lupitz. In mehreren Streitschriften äußerte er die Befürchtung, dass bei dem von Schultz-Lupitz propagierten Anbausystem mit Leguminosen der Stallmist als Stickstoffdünger nicht mehr notwendig sei und dann die Tierzucht „als ein notwendiges Übel“ angesehen werden könnte.

In den letzten zwei Jahrzehnten seines Lebens beschäftigte sich Settegast auch mit historischen, kulturpolitischen und ethischen Fragen. Beachtenswert hierzu ist sein Buch Der Idealismus und die deutsche Landwirthschaft (1886). Seine Lebenserinnerungen erschienen unter dem Titel Erlebtes und Erstrebtes (1892). Settegast war aktiver Freimaurer. Er gründete selbst eine Großloge und veröffentlichte zahlreiche Schriften über Aufgaben und Ziele der Freimaurerei.

Settegast war ein eng mit der landwirtschaftlichen Praxis verbundener, vielseitiger Wissenschaftler. 1869 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt. Im gleichen Jahr verlieh ihm die Universität Breslau die Würde eines Ehrendoktors. 1881 wurde er mit der Goldenen Liebig-Medaille ausgezeichnet.

Im Säulenumgang der Gärtnerisch-Landwirtschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin in der Invalidenstraße wird an Settegast mit einer Marmorbüste erinnert.

Hauptwerke

  • Eine landwirthschaftliche Reise durch England. Parallele zwischen der englischen Landwirthschaft und der Deutschlands. Breslau 1852.
  • Die landwirthschaftliche Akademie Proskau. Unter Mitwirkung der Lehrer der Akademie geschildert. Berlin 1864.
  • Die Thierzucht. Breslau 1868; 2. Aufl. 1869; 3. Aufl. 1872; 4. neubearb. Aufl. in zwei Bänden: 1. Die Züchtungslehre u. 2. Die Fütterungslehre, 1878; 5. neubearb. Aufl. 1888.
  • Aufgaben und Leistungen der modernen Thierzucht. Berlin 1870 = Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge Nr. 106 = Serie 5.
  • Der landwirthschaftliche Unterricht. Breslau 1873.
  • Die Landwirthschaft und ihr Betrieb. Breslau 1874; 2. Aufl. 1874; 3. Aufl. 1885.
  • Schultz-Lupitz und kein Ende. Ein Wort zur Verständigung über die Anwendung der Lehre Liebig´s in der modernen Ersatzwirthschaft. Berlin 1883.
  • Die deutsche Landwirthschaft vom kulturgeschichtlichen Standpunkte. Berlin 1884.
  • Der Idealismus und die deutsche Landwirthschaft. Breslau 1886.
  • Die deutsche Viehzucht, ihr Werden und Wachsen und gegenwärtiger Standpunkt. Berlin 1890.
  • Die deutsche Freimaurerei, ihr Wesen, ihre Ziele und Zukunft im Hinblick auf den freimaurerischen Nothstand in Preussen. Berlin 1892; 2.-7. Aufl. 1892-1894; 8. Aufl. unter dem Titel: Die deutsche Freimaurerei, ihre Grundlagen, ihre Ziele für Freimaurer und Nichtfreimaurer dargestellt mit Anhang: Der Darwinismus in seinem Verhältnis zur Naturforschung, Religion und Freimaurerei. Berlin 1908.
  • Erlebtes und Erstrebtes. Berlin 1892.

Literatur

  • Alfred Oehlke: Hermann Settegast. Sein Leben, Wollen und Wirken. Eine biographische Studie. Verlag von Alfred Unger Berlin 1904 (m. Bild).
  • Alfred Oehlke: Hermann Settegast. In: Schlesische Lebensbilder Bd. 2, 1926, S. 242-246 (m. Bild).
  • Otto A. Sommer: Hermann Gustav Settegast (1819-1908). In: Große Landwirte. Herausgegeben von Günther Franz und Heinz Haushofer. DLG-Verlag Frankfurt(Main) 1970, S. 192-205 (m. Bild).

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