- Herzogtum Toskana
-
Das (Groß-)herzogtum Toskana war eine historische Region im heutigen Italien. Das Gebiet des Großherzogtums entspricht größtenteils der Region Toskana.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die florentinische Republik erobert im 15. Jahrhundert wichtige toskanische Städte und wurde innerhalb der Toskana und Italiens immer dominanter. Darauf wurde der Stadtstaat Florenz im Jahr 1531 von Kaiser Karl V. in ein erbliches Herzogtum unter den Medici umgewandelt. Unter Cosimo I. wurde es dann durch päpstliches Privileg 1569 (damals weltweit einzigartig) zum Großherzogtum Toskana.
Im Jahr 1737 starb der letzte Medici, Gian Gastone de' Medici, und nachdem Franz I., der ehemalige Herzog von Lothringen und Gemahl der Habsburger Kaisertochter Maria Theresia, das Großherzogtum gemäß dem Frieden von Wien (3. Oktober 1735) in Besitz genommen hatte, setzte er eine Regentschaft unter dem Fürsten von Craon ein. Nach einem kurzen Aufenthalt in Toskana 1739, gemeinsam mit seiner Gemahlin Maria Theresia, reiste der neue Landesherr und künftige römisch-deutsche Kaiser nach Österreich ab, um sein neues Territorium niemals wiederzusehen. Die Toskana wurde von einer Reihe landfremder Beamter regiert, die sich zum Teil ungeniert bereicherten. Wenn auch die Verwaltung nicht vollkommen ineffektiv war und einige nützliche Reformen einführte, wurde das Volk doch durch Steuern bedrückt, die es für die Apanage des in Wien lebenden Großherzogs bzw. (ab 1745) römisch-deutschen Kaisers und für die österreichischen Kriege zahlen musste, was zur Verarmung des Landes führte. Franz starb 1765. Auf dem Thron des Großherzogtums folgte ihm sein jüngerer Sohn, der spätere Kaiser Leopold II., der als toskanischer Großherzog (1765–1790) den Namen Peter Leopold (Pietro Leopoldo) führte.
Peter Leopold residierte dauerhaft in der Toskana und stellte sich als einer der fähigsten und bemerkenswertesten Reformfürsten des 18. Jahrhunderts heraus. Allerdings ging er im Vergleich zu seinem berühmteren Bruder Kaiser Joseph II. behutsamer und gemäßigter vor. Er ersetzte die Ausländer in den Regierungsämtern durch Toskaner, führte ein System des freien Handels von Lebensmitteln und Stoffen ein (auf Vorschlag des Sienesen Sallustio Bandini), förderte die Landwirtschaft und gewann große Flächen an Marschland für intensive Kultivierung. Er organisierte die Besteuerung auf einer Basis der Gleichheit aller Bürger und schaffte damit eines der ärgerlichsten Privilegien des Adels ab, reformierte die Justizverwaltung und die örtliche Regierung, schaffte Folter und als erstes Land der Welt die Todesstrafe ab und ersetzte die Bürgermiliz durch ein stehendes Heer. Seine Reformen in Kirchenangelegenheiten sorgten jedoch für großen Aufruhr, denn er zügelte die Macht des Klerus, schaffte einige Klöster ab, reduzierte den unveräußerlichen Besitz der Kirche und lehnte die Einmischung des Papstes ab (siehe auch Synode von Pistoia). Der Großherzog dachte auch daran, eine Art Verfassung zu gewähren, was jedoch letztlich (auch wegen des Widerspruchs Josephs II.) unterblieb. Zugleich war Leopolds teutonische Starrheit unpopulär; viele seiner Reformen waren ihrer Zeit voraus und wurden von der konservativen Mehrheit im Volk nicht gewürdigt, sondern abgelehnt. Nach dem Tod seines Bruders Joseph II. 1790 wurde Peter Leopold römisch-deutscher Kaiser und Erbe des österreichischen Staatenverbands und wechselte nach Wien, wo er bereits 1792 starb. Zuvor ernannte er – ähnlich wie sein Vater – wiederum seinen zweiten Sohn Ferdinand III. (1790–1801 und 1814–1824), der in der Toskana geboren und aufgewachsen war, zum neuen Großherzog. Dieser war der eigentliche Stammvater der habsburgischen Sekundogenitur in der Toskana, die dort mit Unterbrechungen bis 1859 regierte.
Revolutionskriege und Napoleon
Während der französischen Revolutionskriege versuchte Ferdinand III. Neutralität zu bewahren, um fremde Invasionen zu vermeiden, aber 1799 zog eine französische Truppe in Florenz ein und wurde von einer kleinen Zahl Republikaner willkommen geheißen. Der Großherzog musste fliehen, ein Freiheitsbaum wurde gepflanzt, und eine provisorische Regierung aus Franzosen rief eine „Etrurische Republik“ aus. Die große Masse des Volks war vom unreligiösen Charakter des neuen Regimes allerdings entsetzt, und eine Konterrevolution, die von Papst Pius VII., den Anhängern des Großherzogtums und dem Klerus geschürt wurde, brach in Arezzo aus. Banden bewaffneter Bauern zogen mit dem Ausruf „Viva Maria!“ durch das Land und vertrieben die Franzosen, nicht ohne Greueltaten zu begehen. Mit der Hilfe der Österreicher, die der Unordnung ein Ende setzten, wurde Florenz besetzt, und eine Regierung im Namen des abwesenden Großherzogs Ferdinand gebildet.
Aber nach Napoleons Sieg bei Marengo kehrten die Franzosen mit einem großen Heer zurück, zerstreuten die Banden und besetzten Florenz erneut (Oktober 1800). Auch sie begingen Greueltaten und plünderten Kirchen, aber sie wurden herzlicher als zuvor vom Volk empfangen. Joachim Murat (später König von Neapel) veranlasste die Bildung einer provisorischen Regierung, die zwischenzeitlich noch einmal von einer großherzoglichen abgelöst wurde. Durch den Frieden von Lunéville 1801 musste die habsburgische Sekundogenitur jedoch – scheinbar endgültig – auf die Toskana verzichten: Der bisherige Großherzog Ferdinand wurde 1802 zunächst mit dem Herzogtum Salzburg, das die Nachfolge des säkularisierten Fürsterzbistum Salzburg antrat, 1805 in neuerlichem Ländertausch mit dem neugeschaffenen Großherzogtum Würzburg (ebenfalls einem früheren Fürstbistum) innerhalb Deutschlands entschädigt und wurde auf diese Weise doch noch ein Vasall Napoleons, mit dem er fortan bis 1814 verlässlich zusammenarbeitete.
Die Toskana hingegen wurde von Napoleon 1801 dem Herrschaftsgebiet der damals mit ihm verbündeten spanischen Bourbonen zugeteilt, indem der Erbprinz des von den Franzosen beanspruchten bourbonischen Herzogtums Parma als Ludwig I. zum „König von Etrurien“ erhoben wurde. Der neue König, faktisch ebenfalls ein machtloser französischer Vasall, starb bereits 1803. Sein minderjähriger Sohn Karl Ludwig – der spätere Herzog von Lucca bzw. Parma – wurde als Ludwig II. zum König proklamiert, für den seine Mutter Maria Louisa von Spanien (Etrurien) die Regentschaft führte.
Bereits im Dezember 1807 endete diese Bourbonen-Episode in der Toskana: Die Königin-Regentin musste auf französischen Druck hin abdanken und ging mit ihrem Sohn nach Spanien, die Toskana wurde Teil des französischen Kaiserreiches und erhielt 1809 Napoleons Schwester Elisa Baciocchi zur Generalgouverneurin, die ehrenhalber den Titel einer „Großherzogin von Toskana“ führen durfte. Anders als in anderen italienischen Staaten stellte sich in der Toskana heraus, dass diese aufgrund der aufgeklärten Reformen Peter Leopolds der europaweiten napoleonischen Reformarbeit kaum bedurfte. Der Belastung durch Steuern und Wehrpflicht, die im desaströsen Russland-Feldzug von 1812/13 kulminierte, standen daher kaum Vorteile gegenüber. Daher fiel es dem Lande im Unterschied zu anderen leicht, dass Napoleon 1814 stürzte und der frühere Habsburger-Herrscher zurückkehrte.
Restauration
Der im April 1814 wiedereingesetzte habsburgische Großherzog Ferdinand III. rächte sich an den zahlreichen Kollaborateuren in Adel und Bürgertum nicht, sondern betrieb erneut eine gemäßigte liberalkonservative Politik, die sich vorteilhaft von der Reaktion in zahlreichen Nachbarstaaten Italiens abhob. Dieser Linie blieb auch sein Sohn und Nachfolger Leopold II. (1824–1859) treu. In den 1820er Jahren war Toskana ein wichtiges intellektuelles Zentrum Italiens und damit auch ein gemäßigt-oppositionelles Sammelbecken. Auch an der liberalen Reformpolitik der Jahre 1847/48 beteiligte sich der Großherzog – sehr zum Unwillen der Wiener Regierung. Die radikale Revolution von 1849, die die Monarchie zeitweilig abschaffte und den Herrscher in die österreichischen Arme trieb, änderte dies grundlegend. In den letzten zehn Jahren seiner Regierung war Leopold allein schon durch eine starke österreichische Militärbesatzung strikt der Politik seines kaiserlichen Verwandten Franz Joseph I. unterworfen.
Anschluss an Italien
Als die österreichischen Armeen 1859 den verbündeten Truppen des Frankreichs Napoleons III. und des die Einheit Italiens propagierenden Königreichs Sardinien-Piemont unterlag (vgl. auch Risorgimento), brach auch die Herrschaft der einstmals so beliebten toskanischen Habsburger wie ein Kartenhaus zusammen. Die Abdankung des Großherzogs zugunsten seines Sohnes Ferdinand IV. (1859) vermochte daran nichts mehr zu ändern. Dieser wurde im Sommer 1859 von der provisorischen Regierung abgesetzt, und seine Versuche, dies durch Kontakte zu Napoleon III. möglicherweise doch noch zu ändern, verhinderten den formellen Anschluss der Toskana an Sardinien im Jahre 1860 nicht. Seit 1861 gehörte sie zum vereinigten Königreich Italien, als dessen provisorische Hauptstadt Florenz für einige Jahre – bis zur Einnahme Roms 1870 – fungieren durfte.
Im selben Jahre verstarb der gestürzte Großherzog Leopold II. im österreichischen Exil. Sein Sohn, der formell letzte Großherzog Ferdinand IV., der faktisch nie regiert hatte, lebte bis zu seinem Tode 1908 hauptsächlich im österreichischen Salzburg, das bereits seinem Großvater einmal als Exil hatte dienen müssen.
Herzöge und Großherzöge der Toskana
Herzöge von Florenz (Medici)
- 1531–1537: Alessandro de Medici
- 1537–1569: Cosimo I. de’ Medici
Großherzöge der Toskana (Medici)
- 1569–1574: Cosimo I. de’ Medici
- 1574–1587: Franz I.
- 1587–1609: Ferdinand I.
- 1609–1621: Cosimo II. de Medici
- 1621–1670: Ferdinand II.
- 1670–1723: Cosimo III. de Medici
- 1723–1737: Gian Gastone de' Medici
Großherzöge der Toskana (Habsburg-Lothringen)
- 1737–1765: Franz (II.) Stephan (Francesco Stefano di Lorena)
- 1765–1790: Leopold I. (Pietro Leopoldo d’Asburgo-Lorena)
- 1790–1801: Ferdinand III. (Ferdinando III. d’Asburgo-Lorena)
Könige von Etrurien (Bourbon–Parma)
- 1801–1803: Ludwig I. (Lodovico oder Luigi di Borbone)
- 1803–1807: Karl Ludwig (Carlo Lodovico oder Luigi di Borbone)
Großherzöge der Toskana (Bonaparte)
- 1808–1814: Elisa (Titular)
Großherzöge der Toskana (Habsburg-Lothringen)
- 1814–1824: Ferdinand III. (Ferdinando III. d’Asburgo-Lorena) (erneut)
- 1824–1849: Leopold II. (Leopoldo II. d’Asburgo-Lorena)
- 1849: Republik
- 1849–1859: Leopold II. (erneut)
- 1859–1860: Ferdinand IV. (Ferdinando IV. d’Asburgo-Lorena)
Annexion durch das Königreich Piemont-Sardinien
Wikimedia Foundation.