Hiep Thi Le

Hiep Thi Le

Hiep Thi Le (vietnamesisch Lê Thị Hiệp; * 1970 in Đà Nẵng) ist eine vietnamesisch-amerikanische Schauspielerin. Einem breiten Publikum wurde die damalige Laiendarstellerin 1993 durch die weibliche Hauptrolle in Oliver Stones Spielfilm Zwischen Himmel und Hölle bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Emigration in die Vereinigten Staaten und Kinodebüt

Hiep Thi Le wurde 1970 inmitten des Krieges in Zentralvietnam geboren. Dort wuchs sie als Tochter eines südvietnamesischen Beamten[1] unter ärmlichen Verhältnissen[2] in einem kleinen, heute nicht mehr existierenden Fischerdorf auf.[3] Aus Angst vor Repressalien flüchtete Les Vater nach dem Sieg des kommunistischen Nordens aus Vietnam[4] und versuchte seine Familie ins US-amerikanische San Francisco nachkommen zu lassen.[5] Da zu dieser Zeit die sechsköpfige Familie nicht gemeinsam aus dem Heimatland flüchten konnte, wurden Le und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Hoa vorausgeschickt und 1979 mit Hilfe eines Fischerboots aus dem Land geschmuggelt.[2] Ohne ihren Familiennamen zu kennen, erreichten beide nach vier Wochen Hongkong, wo sie in einem Flüchtlingslager unterkamen.[1] Erst 1981 fand Les gesamte Familie wieder zusammen, die später nach Kalifornien umsiedelte.[6] Dort lebte sie gemeinsam mit ihren Eltern und sechs Geschwistern (laut anderen Quellen fünf)[2] in San Pablo.[7] Die Eltern verdienten sich als Köche ihren Lebensunterhalt und erhielten auch finanzielle Unterstützung vom Staat.[2] Le, die kein Englisch sprach, brachte sich selbst das Lesen und Schreiben in der fremden Sprache bei.[8]

Le besuchte die Oakland High School, wo sie ihren Abschluss mit Auszeichnung machte. Daraufhin wechselte sie zum College der University of California in Davis, wo sie das Fach Physiologie belegte, um später Medizin studieren zu können.[2] Obwohl sie nach eigenem Bekunden nie daran gedacht hatte ins Schauspielfach zu wechseln, besuchte sie 1991 aus Spaß[6] gemeinsam mit ihrer Schwester Lien und Kommilitonen vom College ein offenes Casting zu Oliver Stones geplanten Spielfilm Zwischen Himmel und Hölle in San José. Tatsächlich gelangte Le in die engere Auswahl und erhielt fünf Monate später, nach regelmäßigen Probeaufnahmen, die weibliche Hauptrolle in Stones Film, der auf zwei autobiografischen Romanen der Autorin Le Ly Hayslip basiert. An der Seite von Haing S. Ngor und Joan Chen schlüpfte Hiep Thi Le in die Rolle der jüngsten Tochter einer Bauernfamilie aus Ky La, die während des Vietnamkriegs zwischen die Fronten gerät. Gefoltert von den Südvietnamesen und von den Vietcong vergewaltigt, lernt das Mädchen als Prostituierte in Saigon einen viel älteren amerikanischen Soldaten (gespielt von Tommy Lee Jones) kennen. Sie emigriert mit ihm in die USA, wo sie nach weiteren Schicksalsschlägen eine Karriere als erfolgreiche Geschäftsfrau einschlägt.

Le, die nach einem aufwendigen Casting-Prozess in mehreren amerikanischen Städten, Hongkong und Bangkok unter 16.000 Kandidatinnen ausgewählt worden war,[7] verfügte über keinerlei Schauspielerfahrung. Sie hatte in der Vergangenheit nur einmal an einer Schulaufführung in der High School mitgewirkt.[2] Trotzdem entschied sich Stone dagegen, seiner 1,52 m großen Hauptdarstellerin professionellen Unterricht zukommen zu lassen. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass es nötig war; sie war natürlich“, so Stone 1993 in einem Interview mit der Chicago Sun-Times.[7] Während der Dreharbeiten in Thailand, die aufgrund der negativen Wahrnehmung von Hayslips Büchern in Vietnam nicht an Originalschauplätze verlegt werden konnten, wurde die Laiendarstellerin von Le Ly Hayslip unterstützt. Beide stammten aus der gleichen Region in Vietnam.[9]

Zwischen Himmel und Hölle feierte seinen Kinostart im Dezember 1993 in den USA. Le erhielt für ihr Kinodebüt größtenteils Lob seitens der Kritiker. Janet Maslin von der New York Times schrieb vom „beeindruckend zuversichtlich(en)“ Spiel der 23-jährigen Hauptdarstellerin,[10] die Le Ly vom 13 bis 38 Lebensjahr verkörpert. Die amerikanische Tageszeitung hatte Le bereits einen Monat zuvor neben Angela Bassett (Tina – What’s Love Got to Do with It?) und Debra Winger (Shadowlands) als mögliche Oscar-Kandidatin gehandelt.[11] Stones Abschlussfilm seiner Vietnam-Trilogie konnte aber nicht an den wirtschaftlichen Erfolg der Vorgängerfilme Platoon (1986) und Geboren am 4. Juli (1989) anknüpfen und wurde weitestgehend von den traditionsreichen amerikanischen Filmkritikervereinigungen und der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die alljährlich die Oscar-Statuetten vergibt, ignoriert. Die deutsche Fachpresse verriss fast einstimmig Zwischen Himmel und Hölle. Der film-dienst lobte zwar den harten und eindrucksvollen Beginn des Filmes, beklagte aber, dass sich Stone in hemmungsloser Rührseligkeit und Karikaturen verlieren würde, [12] während die Süddeutsche Zeitung von einem „Film aus lauter Sprüngen und Rissen“ zwischen „Buddhas Gelassenheit versus amerikanische Depression“ sprach.[13]

Nachwirken

Von der Gage ihres Kinodebüts schenkte Le ihren Eltern zwei Autos, bezahlte die laufenden Kredite ihrer Familie ab und finanzierte Verwandten Reisen nach Vietnam. Dennoch war sie aufgrund ihrer fehlenden Ausbildung über ihren weiteren Werdegang als Schauspielerin verunsichert. Sie trat zwar mit einem Agenten in Kontakt, verfolgte aber weiterhin das Ziel, Medizin zu studieren und bestand ihr Physiologie-Diplom.[3] „Die medizinische Hochschule ist etwas, mit dem ich mich identifizieren kann, etwas wofür ich sehr hart gearbeitet habe und etwas, bei dem ich fühle, dass jeder gemachte Schritt aus meiner eigenen Konsequenz entsprang, wohingegen ich in Filmen nicht merke, dass ich diese Art von Autorität besitze“, so Le 1993 in einem Interview mit dem San Francisco Chronicle.[2] Aufgrund der Ergebnisse der schulischen Abschlussprüfungen blieb ihr das weiterführende Studium jedoch verwehrt, was sie auf ungenügende Sprachkenntnisse zurückführte.[8] Daraufhin begann Le ab Mitte der 1990er Jahre wieder in Spielfilmen in Erscheinung zu treten, um die Gagen für ein zukünftiges Medizinstudium zurück zu legen.[2]

Ihr nächster Auftritt in einer Kinoproduktion folgte 1995 in dem Singapurer Film Yao jie huang hou, in dem sie die Hauptrolle eines 16-jährigen Mädchens vom Land übernahm, dass Arbeit als Putzfrau in einem mehrheitlich von Transsexuellen und Transvestiten bewohnten Stundenhotel erhält und in die Prostitution abdriftet. Weder mit diesem Drama noch den folgenden amerikanischen Spielfilmproduktionen konnte Le an ihre Erfolgsrolle in Zwischen Himmel und Hölle anknüpfen. Neben der Titelrolle in Elizabeth Sungs preisgekröntem Kurzfilm The Water Ghost (1998) war sie in der Regel auf unbedeutende Nebenrollen abonniert, so etwa als psychopathische Mörderin in dem Actionfilm Dead Men Can't Dance (1997) neben Michael Biehn und Adrian Paul oder als asiatische Hausangestellte in Roger Kumbles Eiskalte Engel (1999) mit Sarah Michelle Gellar, Ryan Phillippe und Reese Witherspoon in den Hauptrollen. Auch eine erhoffte Karriere als Fernsehkomödiantin erfüllte sich für Le nicht,[8] und sie kam über einmalige Gastauftritte in Fernsehserien wie Tracey Takes On... (1998) oder Für alle Fälle Amy (2001) nicht hinaus.

Anfang 2004 arbeitete sie an dem autobiografisch geprägten Drehbuchprojekt 1979 – Children of the Sea, das die Erfahrungen von Le und ihrer Schwester als „Boatpeople“ aufgreifen sollte.[14] 2007 wirkte sie als Erzählerin an Bill Wisneskis Dokumentar-Kurzfilm From War to Peace and Beyond mit, der die Lebensgeschichte Le Ly Hayslips zum Thema hatte.

Hiep Thi Le lebt in Los Angeles und führte dort mit ihrem Ehemann Ong Lay Jinn, besser bekannt als Djinn, ein vietnamesisches Restaurant.[15] Aus der Verbindung mit dem zwei Jahre älteren Singapurer Filmregisseur, in dessen Horrorfilm Return to Pontianak (2001) sie die Hauptrolle übernahm, gingen eine Tochter (* 2002) und ein Sohn (* 2005) hervor. Les Ehemann erkrankte im November 2005 am Guillain-Barré-Syndrom.[16]

Filmografie

  • 1993: Zwischen Himmel und Hölle (Heaven & Earth)
  • 1995: Yao jie huang hou
  • 1997: Dead Men Can't Dance
  • 1998: Shark in a Bottle
  • 1998: The Water Ghost (Kurzfilm)
  • 1999: Eiskalte Engel (Cruel Intentions)
  • 1999: Bastards
  • 2001: Green Dragon
  • 2001: Return to Pontianak
  • 2003: National Security
  • 2008: Lakeview Terrace

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b vgl. Arnold, Gary: Stone completes trilogy, mends fences in 'Heaven' . In: The Washington Times, 2. Januar 1994, Part D, Arts, S. D1
  2. a b c d e f g h vgl. Stein, Ruthe: ''On Cloud Nine in 'Heaven and Earth' . In: San Francisco Chronicle, 19. Dezember 1993, Sunday Datebook, S. 20
  3. a b vgl. Ee, Tan Shzr: Watch it, this waif is a Pontianak. In: The Straits Times (Singapore), 23. Dezember 2000
  4. vgl. Janusonis, Michael: Heaven-sent role for a real-life refugee. In: Providence Journal-Bulletin (Rhode Island), 7. Januar 1994, Lifebeat/Weekend, S. 5D
  5. vgl. Arnold, Gary: Stone completes trilogy, mends fences in 'Heaven' . In: The Washington Times, 2. Januar 1994, Part D, Arts, S. D1
  6. a b Tournquist, Cynthia: Vietnamese-American Hiep Thi Li Finds Stardom. CNN-News, 6. Januar 1994, 4:26 pm ET
  7. a b c vgl. Ebert, Roger: Oliver Stone Concludes His Vietnam Trilogy. In: Chicago Sun-Times, 26. Dezember 1993, Show, S. 1
  8. a b c vgl. Stack, Peter: Looking for a Laugh. In: The San Francisco Chronicle, 25. Oktober 1997, Daily Datebook, S. E1
  9. vgl. Hulbert, Dan: Vietnam A Woman's Odyssey. In: The Atlanta Journal and Constitution, 19. Dezember 1993, Arts, Section N, S. 1
  10. vgl. Maslin, Janet: A Woman's View Of Vietnam Horrors. In: The New York Times, 24. Dezember 1993, Section C, Page 1, Column 5, Weekend Desk
  11. vgl. James, Caryn: Tout Sheet. In: The New York Times, 28. November 1993, Section 2, S. 13, Arts & Leisure Desk
  12. vgl. Zwischen Himmel und Hölle. In: Lexikon des internationalen Films 2000/2001 (CD-ROM)
  13. vgl. Göttler, Fritz: Visionen aus dem Flammenwerfer. In: Süddeutsche Zeitung, 29. Januar 1994, Nr. 23, S. 17
  14. vgl. Profil bei greendragonmovie.com, 22. Februar 2004 (englisch; aufgerufen via web.archive.org)
  15. vgl. Miller, Jasmine: Back on his feet. In: The Straits Times, 16. April 2006 (aufgerufen via LexisNexis Wirtschaft)
  16. vgl. Hui, Ng Hui: S'pore film-maker struck by rare nerve disorder. In: The Straits Times, 8. Dezember 2005

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