Oliver Stone

Oliver Stone
Oliver Stone bei den 66. Filmfestspielen von Venedig 2009

William Oliver Stone (* 15. September 1946 in New York) ist ein US-amerikanischer Regisseur, Drehbuchautor und Produzent, der vor allem für explizit politische Filme bekannt ist. Er ist dreimal mit dem Oscar ausgezeichnet worden.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Karriere

Oliver Stones Vater, Louis Stone, ist jüdischer Herkunft, seine Mutter eine in Frankreich geborene Katholikin. Die Eltern einigten sich auf den Kompromiss, Oliver episkopalisch zu erziehen. Stone ist später zum Buddhismus konvertiert. Die Familie war wohlhabend, der Sohn ging auf die Trinity-School[1] in Manhattan, bevor er auf „The Hill School“ in Pennsylvania seine College-Reife erlangte. Die Ferien verbrachte er regelmäßig bei seiner Großmutter in Frankreich. Er spricht fließend französisch.

Mit fünf schrieb Oliver bereits Marionettentheater-Stücke für seine Cousins. Mit sieben schrieb er erste Geschichten, für die ihm sein Vater einen Vierteldollar pro Stück bezahlte. Mit neun begann er ein 100 Seiten langes Buch über seine Familie und das Leben im Allgemeinen zu schreiben.

Mit 14 Jahren wurde Stone von seinen Eltern auf ein Internat geschickt. Seine Eltern ließen sich dann in Olivers Abwesenheit scheiden: Der Vater hatte Affären mit Ehefrauen aus befreundeten Familien. Er war ein Broker an der Wall Street, bis er durch schlechte Investments finanziell Schiffbruch erlitt. Stone verarbeitete diese Erlebnisse in dem börsenkritischen Spielfilm Wall Street. Der Bankrott seines Vaters ließ Stone zum ersten Mal begreifen, dass er bisher ein privilegiertes Leben geführt hatte.

Nach einem eher erfolglosen Jahr an der Yale University ging Stone nach Vietnam und arbeitete als Englischlehrer. Er kehrte noch einmal nach Yale zurück, verließ die Universität aber erneut nach kurzer Zeit, da er zu sehr damit beschäftigt war, den extrem langen Roman A Child's Night Dream zu schreiben, der von einer Reihe von Verlagen abgelehnt wurde (Stone warf das halbe Manuskript frustriert in den East River). Er ging zurück nach Vietnam, als Freiwilliger im Vietnamkrieg. Stone führt diese Entscheidung auf den Einfluss seines Vaters und der damaligen Filme zurück:

„Ich glaubte an das John-Wayne-Bild von Amerika. Mein Vater war Republikaner, und er brachte mir bei, dass das ein guter Krieg sei, weil die Kommunisten böse Kerle seien und wir gegen sie kämpfen müssten. Und dann war da noch der Romantizismus des Zweiten Weltkriegs, wie er in den Filmen auftauchte, die wir schauten. Die Realität unterschied sich davon aber offensichtlich sehr.“

Oliver Stone[2]

Stone diente von April 1967 bis November 1968. Er bestand auf Fronteinsatz und wurde zweimal verwundet. Er wurde mit dem Purple Heart und dem Bronze Star für „außerordentlich mutiges Verhalten in Kampfhandlungen“ geehrt. Eine seiner Verwundungen wurde nach eigenen Angaben durch Beschuss durch eigene Truppen verursacht. Seine Erfahrungen an der Front verarbeitete Stone später in den kriegskritischen Filmen Platoon, Geboren am 4. Juli (Born on the Fourth of July) und Zwischen Himmel und Hölle (Heaven & Earth), die er eine Trilogie nennt.

Nach der Rückkehr aus dem Krieg erlebte Stone in Berkeley die Studentenrevolte mit. Er verbrachte einige Zeit in Mexiko, bei seiner Rückkehr in die USA wurde er wegen des Besitzes von Marihuana festgenommen (sein Vater hinterlegte die Kaution für seinen Sohn). Stone begann nun ein Studium an der Filmhochschule der New York University, wo Martin Scorsese sein erster Lehrer war. Er schrieb nach Studienende zehn Drehbücher, die nicht realisiert wurden, und arbeitete als Taxifahrer und Kopierbote. 1972 konnte er sein erstes Drehbuch verkaufen und sogar selbst verfilmen, den B-Movie Die Herrscherin des Bösen (Seizure), ein Horrorfilm.

Nach diesem ersten Film kam eine erneute Durststrecke. Stone arbeitete für eine Firma, die Sportfilme produzierte, und schrieb nebenbei weiterhin Drehbücher, 14 insgesamt, darunter Platoon, in dem er seine alptraumhaften Erlebnisse im Krieg verarbeitete. Das Buch wurde gekauft, doch die Produktion zurückgestellt. Für Columbia Pictures schrieb Stone schließlich das Drehbuch zu 12 Uhr nachts – Midnight Express (Midnight Express), für das er 1978 seinen ersten Oscar erhielt. Damit hatte Stone in Hollywood den Durchbruch geschafft. Weitere Drehbücher schrieb er unter anderem für Conan der Barbar (Conan the Barbarian), Scarface und Im Jahr des Drachen (Year of the Dragon).

In der Zeit seiner Erfolge wurde Stone drogensüchtig, lebte ein wildes Partyleben und war am Ende nahezu bankrott. Was ihn rettete, war der überwältigende Erfolg seines Films Platoon, für den er den zweiten Oscar erhielt – seinen ersten als Regisseur. Es folgte ein weiterer Regie-Oscar für Geboren am 4. Juli (Born on the Fourth of July); in beiden Filmen thematisierte Stone den Vietnamkrieg und löste politische Debatten aus. Es folgten weitere zeit- und politikkritische Filme wie John F. Kennedy – Tatort Dallas (JFK), Natural Born Killers und Nixon – Der Untergang eines Präsidenten (Nixon).

Neben relativ konventionell gedrehten Filmen verwendet Stone in seinen bekanntesten Werken häufig verschiedenste Kameras und Filmformate (VHS, 8-mm-Film, 70-mm-Film, Originalausschnitte) in denselben Szenen. Besonders in den Filmen JFK, Natural Born Killers und The Doors ist diese Technik zu sehen: Durch den Schnitt werden die verschiedenen Filmformate zusammengefügt, die den Film so wie einen Dokumentarfilm wirken lassen, der verschiedene Blickwinkel anbietet.

Besonders Natural Born Killers ist in diesem hektisch und unruhig wirkenden Stil gedreht und geschnitten. Hier benutzt Stone in raschem Wechsel Animationen, körnigen Schwarzweißfilm und Farbfilm. Das Ganze wirkt wie eine psychedelische Montage von Bildern, die so nicht nur die Handlung, sondern auch die extreme Gefühlslage der Charaktere vermittelt.

Sein über 15 Jahre vorbereitetes, ambitioniertes Filmprojekt über Alexander den Großen, Alexander, wurde von den Kritikern zerrissen, was Stone sehr schmerzte. Der Film war wegen seiner hohen Produktionskosten finanziell ein Misserfolg, obwohl er einer der bestbesuchten Filme des Kinojahres 2004 war.[3] Inzwischen hat der Film über den DVD-Verkauf seine Kosten wieder eingespielt. Allein in den USA wurden 3,5 Millionen Kopien verkauft.

Stones nächster Film World Trade Center war eine der ersten filmischen Auseinandersetzungen mit den Anschlägen vom 11. September 2001. Der Film wurde von Stones rechten Kritikern überraschend gut angenommen, während ihm eher liberale und linke Beobachter vorwarfen, einen harmlosen und verklärenden Film gedreht zu haben.

Stone wurde insgesamt elfmal für den Oscar nominiert, die Filme, an denen er mitwirkte, kommen insgesamt auf 37 Nominierungen.

Oliver Stone ist bekennender Drogenkonsument, was ihn bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt brachte. Zur Zeit der Arbeit an Scarface erholte er sich gerade von Kokainsucht. Auf der DVD zu Natural Born Killers berichtet die Produzentin Jane Hamsher, Stone habe während des Drehs halluzinogene Pilze konsumiert. Auch während des Drehs zu Platoon soll der Regisseur mit seinen Darstellern Marihuana geraucht haben, um eine Szene, in der die Soldaten Marihuana rauchen, so realistisch wie möglich wirken zu lassen.

Oliver Stone wurde mit einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame geehrt. In einer Liste der größten Regisseure der Filmgeschichte in der Zeitschrift „Entertainment Weekly“ kam er auf Platz 43.

Stones neues Projekt trägt den Namen Pinkville. Es handelt sich dabei um die filmische Aufarbeitung des Massakers von My Lai vom 16. März 1968. Als Schauspieler sind bereits Sean Penn und Channing Tatum unter Vertrag.[4] Auch Bruce Willis soll laut Variety eine Hauptrolle in dem mit 40 Mio. US-Dollar zu realisierenden Film übernehmen.[5]

Kontroversen um Stones Filme

Oliver Stone im Februar 1987

Stones Filme greifen nicht nur häufig politisch kontroverse Themen auf, sie entfachen auch politischen Streit.

Die Verfilmung der Ermittlungen nach dem Attentat auf John F. Kennedy unter dem Titel JFK – Tatort Dallas (JFK) löste in den Vereinigten Staaten Diskussionen über den Umgang des Staates mit dem die Nation traumatisierenden Ereignis aus, aber auch über eine von Stone implizierte Beteiligung des Staates an Kennedys Ermordung. Die Kontroverse, die der Film ausgelöst hatte, führte schließlich so weit, dass der Kongress ein Gesetz verabschiedete, mit dem Millionen Seiten von Regierungsdokumenten über die Kennedy-Ermordung öffentlich gemacht wurden, die eigentlich noch einige Jahrzehnte unter Verschluss hätten bleiben sollen.

Kritiker warfen dem Regisseur vor, durch Vermengung von geschichtlichen Fakten und fiktionalen Ereignissen zu polemisieren und den Zuschauer zu manipulieren. Stone veröffentlichte daraufhin eine Version des Drehbuches mit Quellenverweisen, um der Kritik zu begegnen (ebenso verfuhr er bei seinem Film Nixon – Der Untergang eines Präsidenten (Nixon), der aus denselben Gründen kritisiert wurde).

Wie schon Scarface, zu dem Stone das Drehbuch schrieb, wurde auch Natural Born Killers die Glorifizierung von Gewalt vorgeworfen. Stone erwiderte, der Film glorifiziere Gewalt nicht, sondern zeige satirisch die Glorifizierung von Gewalt durch Amerikas Medien. Stone musste sich für Natural Born Killers sogar vor Gericht verantworten, weil ihm Krimi-Autor John Grisham vorwarf, er sei dafür verantwortlich, dass zwei Jugendliche nach Besuch des Films einen Bekannten von ihm getötet hatten. Stone wurde freigesprochen. Aus der Entstehungszeit des Films Natural Born Killers gibt es Berichte von der Produzentin Jane Hamsher, die sie in ihrem Buch Killer Instinct veröffentlichte. Darin wird die Hollywood-Szene und auch Oliver Stone als skrupelloser Filmemacher kritisiert.[6]

Stones Drehbüchern für 12 Uhr nachts – Midnight Express (Midnight Express) und Im Jahr des Drachen (Year of the Dragon) wurde Rassismus vorgeworfen. Der erste Film beschreibt unmenschliche Zustände in einem türkischen Gefängnis, der zweite handelt von einem Bandenkrieg innerhalb der chinesischen Mafia in New York. Er löste heftige Proteste chinesisch-stämmiger Amerikaner aus.

Seiner Musikerbiografie The Doors wurde vorgeworfen, tatsächliche Abläufe verfälscht wiederzugeben. So sei der Doors-Song Light My Fire niemals für Werbezwecke verkauft worden und Jim Morrison habe seine Frau nicht in einen Schrank eingesperrt und diesen dann angezündet. Ray Manzarek, der Keyboarder der Doors, warf Stone Verfälschungen im Drehbuch vor und erhielt während der Dreharbeiten Setverbot. Manzarek vertritt bis heute den Standpunkt, The Doors sei ein guter Film, der jedoch nicht faktengetreu sei. Stone wurde des Weiteren dafür kritisiert, Hauptdarsteller Val Kilmer aufgefordert zu haben, unter Aufsicht eines Arztes kleine Mengen Heroin zu konsumieren, um die Rauschzustände Morrisons besser verstehen und die Rolle realer spielen zu können. Kilmer lehnte dies ab, soll während der Dreharbeiten jedoch mit anderen Drogen experimentiert haben.

Dem explizit politischen Stone wurde auch schon vorgeworfen, nicht politisch genug zu sein, etwa in Wall Street, der sich zu sehr auf Lifestyle statt auf finanzielle Machtstrukturen konzentriere, und in World Trade Center, der sich auf persönliche Schicksale beschränke. Außerdem wird Stone vorgeworfen, unfreiwillig die angebliche Verbindung der Anschläge mit Saddam Hussein zu bekräftigen.[7] Das Fidel-Castro-Porträt Comandante wurde als zwar faszinierendes, zugleich aber auch unkritisches und sogar idealisierendes Bild des kubanischen Regierungschefs kritisiert.[8] Stone hat sich als Freund und Bewunderer Fidel Castros bezeichnet und sagte über ihn: „Er ist ein getriebener Mann, ein sehr moralischer Mann. Er macht sich viele Gedanken über sein Land. So gesehen ist er selbstlos.“[9]

Zitat

„Ich sehe meine Filme vor allem als Dramen über Individuen in persönlichen Kämpfen, und ich sehe mich selber zuerst als Dramatiker, dann erst als politischen Filmemacher. Mich interessieren verschiedene Blickpunkte. Im Endeffekt sind die Probleme des Planeten universell, und Nationalismus ist eine sehr destruktive Kraft. Und ich mag Anarchie in Filmen. Meine Helden waren Buñuel und Godard. Außer Atem war einer der ersten Filme, bei denen ich erinnere, dass sie mich wirklich prägten, wegen seines Tempos und seiner Energie. Man sagt, meine Mittel seien nicht subtil. Aber das ist zuallererst, was wir brauchen: ein Kino, das uns wachrüttelt, unsere Nerven und unser Herz.“[2]

Filmografie

Oliver Stone bei der Premiere von Alexander in Köln

Produzent

Filme unter eigener Regie

Filme anderer Regisseure

Regisseur

Kurzfilme

  • 1971: Last Year in Viet Nam
  • 1979: Mad Man of Martinique

Spielfilme

Dokumentationen

Drehbuchautor

Filme unter eigener Regie

Filme anderer Regisseure

Cutter

  • 1971: Last Year in Viet Nam
  • 1974: Die Herrscherin des Bösen (Seizure)

Kameramann

Komponist

Auszeichnungen

Für die Produktion

Für die Regie

Für das Drehbuch

Für die Filmmusik

Ehrenpreise

  • 1990: Goldener Bär der Internationalen Filmfestspiele Berlin für „seine enge Verbundenheit mit dem Festival“
  • 1992: Ehrenpreis der ShoWest Convention
  • 1998: Crystal Iris des Brussels International Film Festival
  • 2003: Ehrenpreis des Marrakech International Film Festival
  • 2004: Golden Kinnaree Award des Bangkok International Film Festival, Camerimage-Ehrenpreis für „Filmregie mit einzigartiger visueller Empfänglichkeit“, Preis für das Lebenswerk des Stockholm Film Festival
  • Stern auf dem Hollywood Walk of Fame

Einzelnachweise

  1. trinityschool
  2. a b Biographie von Oliver Stone auf IMDb. Abgerufen am 14. Oktober 2009 (Englisch)
  3. http://www.the-numbers.com/movies/2004/ALXND.php
  4. latinoreview.com: Stone, Penn, Carnahan, Bale!, 12. Juni 2007
  5. Variety: United Artists Near Deal for „Pinkville“, 27. August 2007
  6. Jane Hamsher, 1997: Killer Instinct
  7. http://www.tomdispatch.com/post/112546/ruth_rosen_on_oliver_stone_s_wtc_and_the_iraq_war
  8. http://www.jump-cut.de: Filmkritik
  9. http://dir.salon.com/story/ent/feature/2003/02/08/stone/index_np.html

Weblinks

 Commons: Oliver Stone – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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