Hochstädten (Bensheim)

Hochstädten (Bensheim)
Hochstädten
Stadt Bensheim
Wappen der früheren Gemeinde Hochstädten
Koordinaten: 49° 43′ N, 8° 39′ O49.7108333333338.6483333333333196Koordinaten: 49° 42′ 39″ N, 8° 38′ 54″ O
Höhe: 196 m ü. NN
Einwohner: 800 (2011)
Eingemeindung: 31. Dez. 1971
Postleitzahl: 64625
Vorwahl: 06251
Karte

Karte von Bensheim mit Stadtteil Hochstädten

Die Ortsmitte von Hochstädten
Das alte Schulhaus
Alter Brunnen in der Ortsmitte

Hochstädten ist ein rund 800 Einwohner[1] zählender Stadtteil von Bensheim an der Bergstraße. Es liegt nordöstlich von Bensheim, im Mühltal, einem Tal des vorderen Odenwaldes. Als einzige Verbindungsstraße geht die L 3103 durch Hochstädten und führt in nordöstlicher Richtung nach Balkhausen einem Ortsteil von Seeheim-Jugenheim und in südwestlicher Richtung nach Auerbach einem Stadtteil von Bensheim.

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Hochstädten liegt im Kreis Bergstraße in Südhessen in einem Tal des vorderen Odenwaldes, welches zur Oberrheinischen Tiefebene hinführt. Von der B3 in Auerbach kommend führt das Mühltal die L 3103, an der Auer auch Mühlbach genannt entlang, über Hochstädten und Balkhausen weiter auf die Kuralpe mit dem nahe gelegenen Felsenmeer und tiefer in den Odenwald.

Hochstädten liegt am südöstlichen Fuß des Melibokus. Das Auerbacher Schloss und das Fürstenlager sind gut zu Fuß zu erreichen.

Wappen

Das Siegel aus dem Jahre 1579 zeigt ein Wappen mit dem heiligen Sebastian in typischer Pose, an eine Säule gebunden und von Pfeilen durchbohrt. 2007 entstand das neue Wappen der Gemeinde nach einem Konzept des Heraldikers Frieder Boss (†), Mitarbeiter des Hessischen Staatsarchivs in Darmstadt.

Geschichte

Das 1312 erstmals in einer katzenelnbogenschen Urkunde erwähnte Dorf entstand vermutlich aus einem Hof des „Adelhelm von Hovesteten“, der in einer nicht datierten Urkunde des Lorscher Codex genannt wird.

Nach dem 30-jährigen Krieg war das Dorf nahezu ausgestorben und wurde erst durch Siedler aus deutschen Ländern, aber auch aus Frankreich, Schweiz und Österreich wiederbelebt. Aus dieser Zeit stammt auch die Gründung der ersten Glashütte im Odenwald am Nordabhang des Felsbergs in der Hochstädter Gemarkung.

Die giebelständigen Fachwerkhäuser aus dem 17. Jahrhundert reihen sich beiderseits entlang der Dorfstraße. Typisch für diese Zeit ist das Fachwerkhaus Mühltalstraße 269, geschmückt mit Mannfiguren und Andreaskreuz. An der Einmündung Mühltalstraße - Felsbergstraße steht das 1906/07 erbaute ehemalige Schulhaus, heute Kindergarten, dessen Obergeschoss als Lehrerwohnung diente und heute als Dorfgemeinschaftsraum genutzt wird.

1901 wurde der Hochstädter Sportverein, 1904 der momentan ruhende Gesangverein, 1908 die Freiwillige Feuerwehr, 1960 deren Spielmannszug und 1964 der Kerwe- und Heimatverein gegründet.

Nachdem Hochstädten jahrhundertelang ein landwirtschaftlich geprägter Ort war, gibt es heute nur noch einen Vollerwerbs- und einen Nebenerwerbsbetrieb. Eng verbunden mit dem Dorf ist die Geschichte des Abbaus des Auerbacher Marmors, seit 1865 in größerem Umfang durch die Firma Hoffmann, die aus dem Gestein hauptsächlich Kalk brannte. Im Jahre 1905 ging die Firma durch Kauf an Ludwig Linck über, dessen Sohn Karl Linck den gesetzlich geschützten „Marmorit“-Trockenmörtel entwickelt hatte.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges arbeiteten ca. 130 griechische Zwangsarbeiter in dem Hochstädter Marmorit-Werk. Nach Gerichtsakten arbeiteten sie unter „schrecklichen Bedingungen“ für den Darmstädter Fabrikanten Hans Heymann. Qualifizierte KZ-Häftlinge, wie Techniker, Zeichner, Konstrukteure und Chemiker ließ er ab 1944 für sich arbeiten. 1944 hatte er unter anderem ein KZ-Außenlager errichten lassen, um in einem unterirdischen Stollen des Marmoritwerkes – geschützt vor den Bomben der Alliierten – kriegswichtige Rüstungstechnik zu produzieren. Bei dem Aufbau der Fabrik kamen 13 Zwangsarbeiter ums Leben. Auch KZ-Häftlinge wurden hier eingesetzt. Auf einer Karte im KZ Buchenwald sind Bensheim und Heppenheim als Außenlager des KZs Natzweiler-Struthof im Elsass verzeichnet. Das Kommando des Außenlagers existierte von August 1944 bis März 1945. Die Gefangenen waren in Holzbaracken auf dem Gelände der Firma Friedrich Sanner in Bensheim-Auerbach untergebracht[2] und mußten täglich den kilometerlangen Fußmarsch auf sich nehmen.[3]

Der später der Firmengruppe Knauf angeschlossene Standort Bensheim-Hochstädten wurde nach 143 Jahren Werkgeschichte zum 31. März 2008 aufgegeben.

Im Frühjahr 2004 geriet Hochstädten in die Schlagzeilen, als Neonazis versuchten eine unbenutzte Halle in Hochstädten anzumieten und es in der Folge zu Auseinandersetzungen kam[4].

Seit 31. Dezember 1971 ist Hochstädten ein Stadtteil von Bensheim und zählt heute ca. 800 Einwohner. Für Hochstädten wurde wie für alle Stadtteile ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[5] 2007 entstand das neue Wappen der Gemeinde nach einem Konzept des Heraldikers Frieder Boss, Mitarbeiter des Hessischen Staatsarchivs in Darmstadt.

Ortsbeirat

Die Kommunalwahl am 27. März 2011 lieferte folgendes Ergebnis:

Parteien und Wählergemeinschaften %
2011
Sitze
2011
%
2006
Sitze
2006
DGH Dorfgemeinschaft Hochstädten 100 7 100 7
Wahlbeteiligung in % 55,7 54,2

Ortsvorsteher

  • Ortsvorsteher: Bernhard Rettig, DGH
  • Stellvertreter: Susanne Hummel, DGH

Wahlergebnis 2011:

1.   Hummel, Susanne        483 Stimmen  27,5%  gewählt
2.   Rettig, Bernhard       394 Stimmen  22,5%  gewählt
3.   Henkes, Michael        153 Stimmen   8,7%  gewählt
4.   van Kempen, Markus     140 Stimmen   8,0%  gewählt
5.   Kaltwasser, Johannes   137 Stimmen   7,8%  gewählt
6.   Kimmerle, Hans         118 Stimmen   6,7%  gewählt
7.   Zieringer, Thomas      116 Stimmen   6,6%  gewählt

Industrie

Das Gelände des ehemaligen Marmoritwerkes

In dem Hochstädter Werk der Knauf Marmorit GmbH arbeiteten ca. 80 Mitarbeiter. Hier wurden hochwertige Edelputze hergestellt und neue Produkte in diesem Bereich getestet. Das Marmorit-Werk nahm vor über 140 Jahren den Betrieb auf. Seither befasste man sich in erster Linie mit dem Abbau von Marmor in Stollen unter Tage. In den siebziger Jahren wurde das Familienunternehmen verkauft, seit den Achtzigern gehört es zur Unternehmensgruppe Knauf mit Hauptsitz in Bollschweil bei Freiburg im Breisgau[6]. Zum 31. März 2008 wurde der Standort Bensheim-Hochstädten nach 143 Jahren Werkgeschichte geschlossen und die Anlage nach Sibirien verkauft.

Die Abrissarbeiten auf dem ehemaligen Werksgelände wurden im August 2009 abgeschlossen.

Religionsgemeinschaften

  • Evangelische Kirchengemeinde Bensheim-Auerbach und Hochstädten, mit der Bergkirche in Auerbach
  • Katholische Kirchengemeinde "Heilig Kreuz" Bensheim-Auerbach und Hochstädten, mit der Heilig-Kreuz-Kirche in Auerbach

Vereine

  • KHV Hochstädten - Kerwe- & Heimatverein Hochstädten [7]
  • HSV Hochstädter Sportverein [8]
  • Freiwillige Feuerwehr Hochstädten [9]

Einzelnachweise

  1. Hochstädten bei Bensheim.de
  2. Der Bergsträßer vom 18. Januar 2007
  3. Gräber griechischer Zwangsarbeiter am Auerbacher Friedhof
  4. Bergsträßer Anzeiger vom 4. Mai 2004
  5. Die Gremien der Stadt Bensheim
  6. Bergsträßer Anzeiger vom 12. Juni 2006 über das Marmorit-Werk in Hochstädten
  7. Kerwe- & Heimatverein im Internet
  8. Hochstädter Sportverein im Internet
  9. Freiwillige Feuerwehr im Internet

Weblinks

 Commons: Bensheim-Hochstaedten – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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