Hoetger

Hoetger
Bernhard Hoetger um 1924 auf einer Fotografie von Nicola Perscheid.

Bernhard Hoetger (* 4. Mai 1874 in Hörde; † 18. Juli 1949 in Interlaken) war ein deutscher Bildhauer, Maler und Kunsthandwerker des Expressionismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines Schmieds in Hörde absolvierte 1888–1892 eine Bildhauerlehre in Detmold und wurde Leiter der Kunsttischlerei von Franz Goldkuhle in Wiedenbrück. Sein Aufenthalt dort währte nur bis etwa 1896. Er bezeichnete diese Zeit wegen des dort herrschenden rauen Handwerkertons als seine „Fron- und Sklavenjahre“. Auf ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf folgte ein Aufenthalt in Paris. Dort wurde er beeinflusst von den Werken Rodins, in dessen Werkstatt er die Bekanntschaft von Paula Modersohn-Becker machte. Später beschäftigte er sich auch mit den Werken Gaudís. 1911 wurde er in die Darmstädter Künstlerkolonie berufen.

Eingang zur Böttcherstraße. Lichtbringer, Fassadenrelief von Hoetger, April 1936, Bild des „Sieges unseres Führers über die Mächte der Finsternis“ [1]

In Fischerhude bei Bremen unterhielt er 1914 drei Ateliers[2]. Durch Paula Modersohn-Becker inspiriert, kam er nach Worpswede[3]. Dort fand Bernhard Hoetger in der Bekanntschaft und wachsenden Freundschaft mit dem Bremer Kaufmann Ludwig Roselius die Aufgabe seines Lebens: die Neugestaltung der Bremer Böttcherstraße. Dabei betätigte er sich auch als autodidaktischer Architekt und schuf aus der Ostseite der kleinen Verbindungsgasse zwischen Markt und Weser 1930/31 ein expressionistisches Meisterstück – das Haus Atlantis. Auch in Worpswede sind die Spuren seines Wirkens zu finden. 1915 schuf er die überdimensionale Steinplastik von Alfred Graf von Waldersee, die in Hannover am Rande der Eilenriede aufgestellt ist.

Hoetger sympathisierte wie sein Mäzen Ludwig Roselius mit dem Nationalsozialismus und wurde Parteimitglied. Er versuchte, die Partei für seine Kunst zu gewinnen, was aber nicht gelang, da diese die von ihm verfolgte völkisch-nordische Ideenwelt ablehnte. Daher galt sein Werk seit der entsprechenden Rede Hitlers auf dem Nürnberger Reichsparteitag 1936 als entartet. Hoetger wurde aus der Partei ausgeschlossen. Er war zunächst ab 1934 in Berlin tätig und wurde 1946 in der Schweiz ansässig, wo er 1949 starb.

Hoetger-Garten am Diedrichshof in Worpswede

Um 1912 arbeitete Hoetger an der Errichtung des Darmstädter Platanenhains anlässlich der Dritten Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie Mathildenhöhe im Jahr 1914. Die Vorarbeiten fanden in Florenz statt und wurden zum größten Teil vernichtet. Erhalten ist ein Zyklus von Plastiken, die „Licht- und Schattenseiten“ darstellt. Es handelt sich um die Verkörperungen der guten und schlechten Eigenschaften des Menschen, die Hoetger jeweils zu beiden Seiten einer zentralen Buddhafigur, der lachende und der schlafende, gruppierte.

Bernhard Hoetger. Bonze des Humors (1914), Worpswede.

Hoetger kaufte 1915 ein Haus mit Grundstück, den Brunnenhof, in Worpswede. Das Gebäude baute er zum geräumigen und repräsentativen Wohn- und Atelierhaus aus und um. Den weitläufigen Park gestaltete er unter anderem mit von ihm geschaffenen Plastiken des Platanenhains aus dem Zyklus „Licht und Schatten“. In paarweiser Aufstellung schmückten Abgüsse von die „Wut“, die „Rache“, der „Panther“ und der „Silberlöwe“ den Garten. Diese unterlagen im „Brunnenhof“ ebenso einem Programm, das auf die Sonne ausgerichtet ist. Saal meint in der Gestaltung des „Brunnenhofes“ 1915 eine „… Konkretion von Hoetgers Sonnensehnsucht …“ zu erkennen, die sich auch in Architekturentwürfen fortsetzte. Auch die Skulptur „Der Schreitende Jüngling“ ist ein Symbol dafür: „… Ferne schreitet im Sonnengarten erhobenen Armes der Jüngling einer kommenden Zeit …“ stützt die These der Sonnenausrichtung Hoetgers beim Umbau des Wohnhauses und Gestaltung des Gartens. Schon im Programm des Platanenhains 1911–1914 kündigt sich diese „Sonnensehnsucht“ – wichtiger Bestandteil der unterschiedlichsten Weltreligionen – an. Man kann davon ausgehen, dass Hoetger versucht hat, eine aus den Elementen verschiedener Religionen und Kulturen zusammengesetzte „eigene“ Weltanschauung zu dokumentieren. So wie Hoetger die Bildhauerei sämtlicher Epochen und Stilrichtungen künstlerisch verarbeitete, so filterte er aus den Religionen und Philosophien der Welt das, was er für richtig hielt, heraus und verarbeitete es plastisch und verbal erstmals im Platanenhain und kurz darauf im Park seines „Brunnenhofes“.

Heute stehen im restaurierten Hoetger-Garten des Diedrichshofes, ein ehemaliges Altersheim der Bremer Heimstiftung, der Löwen-Brunnen, der „lachende Bonze“, die „Wut“, der „Panther“, „Silberlöwe“ und ein „Schreitender Jüngling – Der Tag“.

Anmerkungen

  1. Elisabeth Schmidle: Schandmal oder Mahnmal
  2. Biografische Angaben in Sigrid Russ: Die Venus und die Lotteriegesellschaft
  3. Kurzbiografie Bernhard Hoetger

Literatur

  • Dieter Tino Wehner: Bernhard Hoetger. Alfter: VDG 1994. ISBN 3-929742-25-X
  • Wolfgang Saal: Bernhard Hoetger. Ein Architekt des norddeutschen Expressionismus. Doktorarbeit. Bonn: Philosophische Fakultät der rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität 1989.
  • Ingo Kerls: Bernhard Hoetger - Kunsthandwerk 1906 bis 1935. Dissertation Universität Bremen, 2007.
  • Kunstsammlungen Böttcherstraße (u.a., Ausstellungskatalog): Bernhard Hoetger. Skulptur, Malerei, Design, Architektur. Hg. v. M. Anczykowski, Bremen, 1998.
  • Arn Strohmeyer, Kai Artinger, Ferdinand Krogmann: Landschaft, Licht und niederdeutscher Mythos. Die Worpsweder Kunst und der Nationalsozialismus. Weimar: VDG 2000. ISBN 3-89739-126-0
  • Albert Theile: Bernhard Hoetger, Aurel Bongers, Recklinghausen 1960.
  • Suse Dost: Bernhard Hoetger. Bremen: Hauschild 1974.

Weblinks


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