Hohlraumstrahler

Hohlraumstrahler

Unter Hohlraumstrahlung versteht man die elektromagnetische Strahlung innerhalb eines abgeschlossenen Hohlraums im thermischen Gleichgewicht.

Sowohl die Energiedichte als auch die Verteilung der Strahlungsintensität auf die einzelnen Wellenlängen sind bei einer gegebenen Temperatur unabhängig von den Wandmaterialien und sonstigen Eigenschaften des Hohlraums. Aufgrund dieser Universalität hat die Hohlraumstrahlung fundamentale Bedeutung für theoretische Untersuchungen zur Wärmestrahlung und als Referenzquelle für Wärmestrahlungsmessungen.

Inhaltsverzeichnis

Universelle Eigenschaften

Man betrachte einen evakuierten Hohlraum mit Wänden aus beliebigem nichttransparentem Material, die auf einer konstanten Temperatur T gehalten werden. Die Wände geben Wärmestrahlung ab und es wird sich nach hinreichender Zeit ein thermischer Gleichgewichtszustand einstellen. Die elektromagnetische Strahlung, die im Gleichgewichtszustand den Hohlraum erfüllt, nennt man Hohlraumstrahlung.

Die Energiedichte im Hohlraum hängt nicht von der Beschaffenheit der Wände ab. Zum Beweis verbinde man zwei Hohlräume, deren Wände unterschiedliche Strahlungseigenschaften aber gleiche Temperaturen haben, durch eine Öffnung miteinander. Ein Farbfilter in der Öffnung lasse nur Strahlung der Frequenz ν passieren. Durch die Öffnung wird Strahlung zwischen den Hohlräumen ausgetauscht. Wäre die spektrale Energiedichte bei der Frequenz ν im einen Hohlraum höher, so würde mehr Strahlung in den energieärmeren Hohlraum fließen als umgekehrt und die Energiedichte und damit die Temperatur würde im zweiten Hohlraum zunehmen. Diese spontane Entstehung einer Temperaturdifferenz widerspräche aber dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Daher müssen die spektralen Energiedichten bei allen Frequenzen und somit auch die Gesamtenergiedichte in beiden Hohlräumen identisch sein.

Auf ähnliche Weise lässt sich zeigen, dass die Strahlung im Hohlraum homogen, isotrop, unpolarisiert und vom Volumen des Hohlraums unabhängig sein muss.

Die spektrale Energiedichte Uν im Hohlraum stellt also eine nur von der Frequenz und Temperatur abhängige universelle Funktion dar:

U_{\nu} = U_{\nu}^o(\nu, T).

Ebenso universell muss wegen des konstanten Umrechnungsfaktors c / 4π auch die spektrale Strahldichte der Hohlraumstrahlung sein:

L_{\Omega \nu} = \frac{c}{4 \pi} U_{\nu}^o(\nu, T) = L_{\Omega \nu}^o(\nu, T).

Hohlraumstrahlung und Schwarzer Körper

Ein in den Hohlraum eingebrachter nichttransparenter Körper ändert nichts an den Eigenschaften der Hohlraumstrahlung, da diese von den Strahlungseigenschaften der neu hinzugekommenen Oberfläche und vom verringerten Hohlraumvolumen unabhängig ist. Die spektrale Bestrahlungsdichte, der der Körper ausgesetzt ist, ist gleich der spektralen Strahldichte des Strahlungsfeldes, in dem er sich befindet. Der Körper absorbiere die auf ihn treffende Strahlung vollständig; ein solcher idealisierter Absorber heißt Schwarzer Körper. Damit im thermischen Gleichgewicht Energiedichte, Homogenität und Isotropie der Hohlraumstrahlung erhalten bleiben, muss der Körper bei jeder Frequenz und in jedem Raumwinkel ebenso viel Energie abstrahlen wie er aus der Hohlraumstrahlung absorbiert. Die spektrale Strahldichte des Schwarzen Körpers muss daher von der Richtung unabhängig und mit der spektralen Strahldichte der Hohlraumstrahlung identisch sein.

Dieser Zusammenhang erlaubte es Max Planck, aus den Eigenschaften der Hohlraumstrahlung die spektrale Strahldichte des Schwarzen Körpers abzuleiten. Sowohl die Hohlraumstrahlung als auch die Strahlung des Schwarzen Körpers unterliegen dem planckschen Strahlungsgesetz.

Kirchhoffsches Strahlungsgesetz

Hauptartikel: Kirchhoffsches Strahlungsgesetz

Falls der in den Hohlraum gebrachte Körper (z. B. ein absorbierendes Gas) nicht die gesamte auftreffende Strahlung absorbiert, muss er auch weniger Strahlung emittieren, um die absorbierte Strahlung zu ersetzen. Er besitze den gerichteten spektralen Absorptionsgrad a_{\nu}^\prime(\nu, \beta, \varphi, T), das heißt er absorbiere bei der Temperatur T und der Frequenz ν von der Strahlung, welche aus der durch den Polarwinkel β und den Azimutwinkel \varphi beschriebenen Richtung stammt, den Bruchteil a_{\nu}^\prime. Der Körper muss wiederum zur Erhaltung des thermischen Gleichgewichts bei jeder Frequenz und in jedem Raumwinkel ebenso viel Energie abstrahlen wie er aus der Hohlraumstrahlung absorbiert. Seine spektrale Strahldichte ist also

L_{\Omega \nu}^K(\nu, T) = a_{\nu}^\prime \, L_{\Omega \nu}^o(\nu, T).

Dies ist das kirchhoffsche Strahlungsgesetz: ein beliebiger Körper der Temperatur T strahlt bei jeder Frequenz und in jedes Raumwinkelelement ebenso viel Strahlungsleistung, wie er dort von der Strahlung eines Schwarzen Körpers absorbiert. Die Strahlungsleistung bei der Frequenz ν ist also um so größer, je größer der Absorptionsgrad bei dieser Frequenz ist. Den größtmöglichen Absorptionsgrad a_{\nu}^\prime = 1 hat ein Schwarzer Körper, der daher auch die größtmögliche thermische Strahlungsleistung aussendet: kein Körper der Temperatur T kann mehr thermische Strahlung aussenden als ein Schwarzer Körper. Der Schwarze Körper hat deshalb große Bedeutung als universelle Referenz für strahlungstechnische Untersuchungen.

Da die Emission eines beliebigen Körpers nie größer als die eines Schwarzen Körpers sein kann, gilt:

L_{\Omega \nu}^K(\nu, T) = \epsilon_{\nu}^\prime \, L_{\Omega \nu}^o(\nu, T),

wobei \epsilon_{\nu}^\prime der gerichtete spektrale Emissionsgrad des Körpers ist (0 \le \epsilon_{\nu}^\prime \le 1). Vergleich mit der vorhergehenden Gleichung zeigt:

\epsilon_{\nu}^\prime = a_{\nu}^\prime.

Ein guter Absorber ist auch ein guter Emitter.

Zu beachten ist, dass sich im Hohlraum Strahlung mit dem Spektrum eines Schwarzen Strahlers einstellt, obwohl die Wandmaterialien beliebige Strahlungseigenschaften haben können. Hat die Wand z. B. nur einen Emissionsgrad von 0.7, so absorbiert sie im thermischen Gleichgewicht ständig nur 70 % der auftreffenden Hohlraumstrahlung und reflektiert den Rest. Wäre, beispielsweise nach einer Störung, die spektrale Strahldichte im Hohlraum geringer als es der Hohlraumstrahlung im Gleichgewicht entspricht, so wäre der davon absorbierte Anteil von 70 % geringer als 70 % bei idealer Hohlraumstrahlung. Die Wand emittiert aber nach wie vor aufgrund ihrer Temperatur 70 % der Strahlungsleistung, die ein Schwarzer Körper emittieren würde. Da die Wand mehr Strahlung emittiert als absorbiert, steigt die Energiedichte im Hohlraum an, bis sie den durch das plancksche Strahlungsgesetz geforderten Wert erreicht hat. Somit enthält der Hohlraum aufgrund des kirchhoffschen Gesetzes auch bei beliebigen Wänden im Gleichgewicht gerade so viel Strahlung, wie er bei Schwarzen Körpern als Wänden enthalten würde.

Im thermischen Gleichgewicht hat die von den Wänden thermisch emittierte Strahlung nach wie vor die spektralen Eigenschaften des Wandmaterials (z. B. besonders starke Emission bei bestimmten charakteristischen Wellenlängen, geringe Emission bei anderen). Die von der Wand insgesamt ausgehende Strahlung ist aber die Summe der thermischen Emission und des reflektierten Teils der aus dem Hohlraum auf die Wand treffenden Strahlung. Bei den Wellenlängen, bei denen die Wand selbst gut emittiert, absorbiert sie einen großen Anteil der auftreffenden Strahlung und reflektiert wenig; bei den Wellenlängen, bei denen die Wand selbst wenig emittiert, reflektiert sie zum Ausgleich einen großen Anteil der auftreffenden Strahlung. Die spektralen Charakteristika des Wandmaterials werden auf diese Weise ausgeglichen und die insgesamt durch Emission und Reflexion ausgesandte Strahlung hat wegen des kirchhoffschen Strahlungsgesetzes unabhängig vom Wandmaterial ein plancksches Spektrum.

Messtechnische Bedeutung und Realisierung

Aus einer in einen Hohlraum gebohrten Öffnung tritt Hohlraumstrahlung, die dieselbe Intensität und dasselbe Spektrum hat wie die thermische Strahlung eines Schwarzen Körpers gleicher Temperatur. Da die Herstellung eines Schwarzen Körpers wegen des geforderten über alle Frequenzen hinweg möglichst idealen Absorptionsgrades schwierig ist, die Hohlraumstrahlung aber von den Strahlungseigenschaften der Wandmaterialien nicht abhängt, benutzt man in der Regel Hohlräume als Quellen für Schwarzkörperstrahlung.

Reale Hohlräume sind nie ganz perfekt (z. B. können die Wände für bestimmte Frequenzen teilweise transparent sein), aber bei sorgfältiger Konstruktion kann eine gute Annäherung an einen idealen Hohlraum erreicht werden. Insbesondere muss die Öffnung möglichst klein gehalten werden, um das thermische Gleichgewicht im Hohlraum nicht durch zu starken Strahlungsverlust zu stören.

Die Öffnung muss auch klein sein, um möglichst wenig Fremdstrahlung von außen in den Hohlraum gelangen zu lassen, und um dennoch eingedrungene Strahlung möglichst lange am Verlassen des Hohlraums zu hindern. Je länger die Fremdstrahlung im Hohlraum verweilt, desto öfter wird sie an den Hohlraumwänden reflektiert und desto stärker wird sie absorbiert. Als anschauliches Beispiel hierfür erscheinen Fensteröffnungen in einer Hauswand dunkel, auch wenn die Raumwände hell gestrichen sind: das eingedrungene Licht wird im Raum unter jedesmaligem Intensitätsverlust mehrmals hin und her reflektiert und kann nur noch teilweise wieder aus dem Fenster entweichen. In der Praxis unterstützt man die Absorption durch Schwarzfärbung der Hohlraumwände. Würde ein merklicher Anteil der eingedrungenen Strahlung den Hohlraum wieder verlassen, würde er das zu messende plancksche Spektrum verfälschen. Kontamination durch kurzwellige Strahlung (Licht) ließe sich zwar durch Verdunkeln des Labors vermeiden, die im Labor allgegenwärtige Wärmestrahlung lässt sich jedoch nicht abschalten.

Gebräuchliche Materialien sind je nach Temperaturanforderungen Kupfer, Aluminium, Edelstahl oder auch ein ständig gerührtes Wasserbad.

Abweichungen eines realen Hohlraumstrahlers vom idealen Verhalten lassen sich unter Umständen auch durch Kalibrationsmessungen oder durch Berechnung erfassen (z. B. der Einfluss des Öffnungsdurchmessers auf den effektiven Emissionsgrad), so dass entsprechende rechnerische Korrekturen an den Messergebnissen angebracht werden können.

Siehe auch


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