Hungersnotstele

Hungersnotstele
Die Hungersnotstele auf der Insel Sehelnarti

Die Hungersnotstele ist eine Felsinschrift auf der Nilinsel Sehel im Gebiet des 1. Kataraktes an der Südgrenze des alten Ägypten.

Die Inschrift wurde 1889 von Charles Edwin Wilbour entdeckt. Eine Szene über der Inschrift zeigt König (Pharao) Djoser beim Opfer vor den Lokalgottheiten von Elephantine, Chnum, Satet und Anuket. Vokabular, Grammatik und Orthographie der hieroglyphischen Inschrift legen eine Datierung in die Ptolemäerzeit nahe.

Die fiktive Handlung der Inschrift datiert in das achtzehnte Regierungsjahr des Djoser (3. Dynastie). Der Text berichtet, wie Djoser das Gebiet der Dodekaschoinos in Unternubien dem Gott Chnum von Elephantine stiftete, um eine sieben Jahre anhaltende Hungersnot zu beenden, die durch das Ausbleiben der Nilflut verursacht wurde. Zuvor hatte sein Beamter Imhotep in den alten Schriften geforscht und herausgefunden, dass der Nil bei Elephantine entspringe und deshalb von Chnum beherrscht werde.

Eine Verbindung zwischen der auf dieser Stele erwähnten siebenjährigen Hungersnot und dem Beamten Imhotep ist ebenfalls durch eine lange Inschrift in Sakkara gegeben. Der Überlieferung nach ist Imhotep der Erbauer der Stufenpyramide und des Gebäudekomplexes von Sakkara. In einer dort gefunden Inschrift wird eine große Anzahl an hungernden Menschen gezeigt, was sich vermutlich auf die Hungersnot bezieht[1]

Die auf der Hungersnotstele angegebene Nilfluthöhe von „28 Ellen“, im Vergleich zu den Angaben der Nilfluthöhen in Elephantine im Bereich des Satis-Tempels, entspricht in der Region von Elephantine bis Sehel einer Höhe von etwa 92,9 Metern über NN und steht in keinem Zusammenhang der sonst festgestellten sowie überlieferten Werte. Daher muss diese Angabe aus Quellen stammen, die in keinem direkten Bezug hinsichtlich tatsächlich gemessener Pegelhöhen stehen.[2]

Die Inschrift wurde wohl in ptolemäischer Zeit geschaffen, um Ansprüche der Priesterschaft des Chnum-Tempels von Elephantine an den Erträgen aus der Dodekaschoinos zu untermauern. Hintergrund war vielleicht die wachsende Bedeutung des südlich von Elephantine gelegenen Tempels der Göttin Isis von Philae in ptolemäischer Zeit. Tatsächlich stifteten Ptolemaios II. und seine Nachfolger die Dodekachoinos dem Isis-Tempel von Philae.

Die Inschrift ist besonders wegen ihrer Bezüge zur Josephsgeschichte bekannt.

Literatur

  • Paul Barguet: La stèle de la famine, à Sehel (Bibliotheque d'Étude 34), Kairo 1953.
  • Francis Amadeus Karl Beyer: Ein arämisches Lehnwort für „Katarakt“ in der Beschreibung Elephantines auf der Hungersnotstele und Überlegungen zur Datierung derselben anhand der Nennung eines meroitischen Funktionärs. In: Gábor Takács: Egyptian and Semito-Hamitic (Afro-Asiatic) Studies: In memoriam Werner Vycichl. Brill, Leiden 2004, ISBN 90-04-13245-7, S. 13–32.
  • Gertrud Dietze: Philae und die Dodekachoinos in ptolemäischer Zeit, in: Ancient Society 25 (1994), 94-97.
  • Miriam Lichtheim: Ancient Egyptian Literature III, London 1980, 94-103.
  • William Kelly Simpson (Hg.): The Literature of Ancient Egypt, 3. Aufl., New Haven - London 2003, 386-391.
  • Karola Zibelius: Hungersnotstele, in: Lexikon der Ägyptologie III, Wiesbaden 1980, Sp. 84.
  • Carsten Peust: Hungersnotstele, in: Gernot Wilhelm, Bernd Jankowski (Hg.): Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Neue Folge, Band 1. Texte zum Rechts- und Wirtschaftsleben, Gütersloh 2004, ISBN 3-579-05289-6, S. 208-217 (Übersetzung des Textes).

Weblinks

 Commons: Hungersnot-Stele – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dr. Lennart Möller: Die Akte Exodus. Neue Entdeckungen über den Auszug aus Ägypten. inner cube, Düsseldorf 2010, ISBN 978-3-942540-00-1, S.93-95
  2. Stephan Seidlmayer: Historische und moderne Nilstände. Untersuchungen zu den Pegelablesungen des Nils von der Frühzeit bis zur Gegenwart. Achet, Berlin 2001, ISBN 3-9803-7308-8, S. 101.
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