Hyperleukozytose

Hyperleukozytose
Klassifikation nach ICD-10
D72.8 Hyperleukozytose
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Unter einer Hyperleukozytose (von altgriechisch ὐπέρ hyper „über“, „oberhalb“, λευκός leukós „weiß“, κύτος cýtos „Höhlung“, „Gefäß“, „Hülle“ und der Endung -ose, gebildet aus -σις -sis, um einen Vorgang zubeschreiben) versteht man eine Vermehrung weißer Blutzellen (Leukozyten) im peripheren Blut (Leukozytose) auf mehr als 100.000 Zellen je Mikroliter, die ursächlich meist auf eine Leukämie oder eine myeloproliferative Erkrankung zurückgeht[1]. Seltener wird die Symptomatik auch im Zusammenhang mit therapeutischen Maßnahmen wie einer Gabe von Pegfilgrastim, Arsentrioxid oder Tretinoin beobachtet.[2][3]

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie

Die Häufigkeit einer Hyperleukozytose bei Erwachsenen mit akuter myeloischer Leukämie wird mit 5 bis 13 %, bei der akuten lymphatischen Leukämie mit 10 bis 30 % angegeben. Besonders häufig sind Kinder betroffen.[4]

Pathophysiologie

Eine Hyperleukozytose wird insbesondere im Rahmen akuter Leukämien, seltener bei chronischen Leukämien beobachtet. Wenngleich die akute lymphatische Leukämie häufiger von einer Hyperleukozytose und zudem eher höheren Zellzahlen begleitet ist, wird eine klinisch manifeste Sympatomatik vor allem bei der akuten myeloischen Leukämie apparent. Das klinische Bild ist geprägt von den Auswirkungen der Leukostase, das heißt der Anhaftung (Adhäsion) weißer Blutzellen an den Blutgefäßwänden sowie einer Viskositätserhöhung des Blutes, die Mikrozirkulationsstörungen nach sich ziehen, welche insbesondere die Lungen- und zerebrale Strombahn betreffen. In der Folge können Luftnot, neurologische Symptome wie Verwirrung, Bewusstseinseintrübung, fokale neurologische Defizite oder Blutungskomplikationen und Durchblutungsstörungen (intrakranielle Blutungen, Netzhaut-Blutungen, Netzhautvenenthrombose, Nierenvenenthrombose, Herzinfarkt, Durchblutungsstörungen der Extremitäten) auftreten. Eine Leukostase-Symptomatik wurde dabei teilweise bereits bei Zellzahlen unter 50.000 je Mikroliter beobachtet.[4]

Therapie

Die symptomatische Therapie umfasst Maßnahmen wie eine aggressive Volumengabe sowie die Korrektur von Abnormalitäten von Stoffwechsel und Gerinnung. Eine Verminderung der Zellzahl im Blut (zytoreduktive Therapie) kann durch die Verabreichung von Chemotherapeutika oder durch Leukapherese erreicht werden.[4][5]

Prognose

Von einer Hyperleukozytose begleitete akute Leukämien zeigen aufgrund einer erhöhten Sterblichkeit in der Frühphase der Erkrankung insgesamt eine ungünstigere Prognose. Nach erfolgreicher zytoreduktiver Therapie ist die Langzeitprognose hingegen offenbar nicht beeinflusst.[6]

Einzelnachweise

  1. Inoue S: Leukocytosis (24. April 2008); http://emedicine.medscape.com/article/956278-overview
  2. Snyder RL, Stringham DJ. Pegfilgrastim-induced hyperleukocytosis. Ann Pharmacother. 2007 Sep;41(9):1524-30. PMID 17666580
  3. Bi KH, Jiang GS. Relationship between cytokines and leukocytosis in patients with APL induced by all-trans retinoic acid or arsenic trioxide. Cell Mol Immunol. 2006 Dec;3(6):421-7. PMID 17257495
  4. a b c Majhail NS, Lichtin AE. Acute leukemia with a very high leukocyte count: confronting a medical emergency. Cleve Clin J Med. 2004 Aug;71(8):633-7. PMID 15449758
  5. Blum W, Porcu P. Therapeutic apheresis in hyperleukocytosis and hyperviscosity syndrome. Semin Thromb Hemost. 2007 Jun;33(4):350-4. PMID 17525892
  6. Marbello L, Ricci F, Nosari AM, Turrini M, Nador G, Nichelatti M, Tedeschi A, Vismara E, Morra E. Outcome of hyperleukocytic adult acute myeloid leukaemia: a single-center retrospective study and review of literature. Leuk Res. 2008 Aug;32(8):1221-7. PMID 18313749
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