Idris (Libyen)

Idris (Libyen)
Idris I., König von Libyen (1965)

Idris I. (arabisch ‏إدريس السنوسي‎, DMG Idrīs as-Sanūsī; * 12. März 1890 in Al-Baida[1]; † 25. Mai 1983 in Kairo) ist der Amtsname des von 1951 bis 1969 regierenden Königs von Libyen.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Familie

Sidi Muhammad Idris al-Mahdi al-Senussi wurde als Sohn von Sayyid Muhammad al-Mahdi bin Sayyid Muhammad al-Senussi und seiner fünften Frau Aisha bint Ahmad al-Syrte geboren. Er war der Enkel von Sayyid Muhammad bin 'Ali as-Senussi, dem Begründer des Senussi-Ordens. 1931 heiratete er Fatima el-Sharif, mit der er einen Sohn hatte, der aber bereits am Tag nach seiner Geburt verstarb.

Die Sanussiya

Idris I. wurde 1916 als Nachfolger seines Cousins Ahmad asch-Scharif Oberhaupt des Sanussiya-Ordens, einer sufistischen, islamischen Bruderschaft (Tariqa), die im Ostteil Libyens eine große Anhängerschaft hatte. Die Senussi erstrebten durch Meditation und Ekstase-Techniken die "unio mystica" nicht mit Gott, sondern mit dem Geist des Propheten Mohammed. Ihnen wurde deshalb nachgesagt, in Kommunikation mit dem Propheten treten zu können und die heiligen Texte besonders authentisch zu verstehen.

Politisch verfolgte Idris mit den Senussi in den ersten Jahren seiner Herrschaft die Zurückdrängung der Kolonialmächte aus Nordafrika. Das Bündnis der Senussi mit den Mittelmächten im ersten Weltkrieg war jedoch nicht von Erfolg gekrönt und mündete in der militärischen Niederlage. Idris wechselte die Seiten und verbündete sich mit den Briten gegen seinen Cousin und wurde dafür von den Briten als Emir anerkannt, von den Briten jedoch nach Kriegsende nicht gegen die Italiener unterstützt.

Bis zum Zweiten Weltkrieg

Idris schloss mit Italienern und Briten Frieden und wurde dafür 1921 als weltlicher Herrscher (Emir) über die nicht von Italien okkupierten Teile der Cyrenaika anerkannt.

Wegen der italienischen Kolonialpolitik unter Mussolini emigrierte er nach Ägypten. Der antikolonialistische Widerstand der Senussi-Bruderschaft wurde nun vor allem von Umar Mukhtar organisiert. Der zähe Widerstandskampf der Bruderschaft konnte erst 1932 von den italienischen Kolonialtruppen gebrochen werden. Weniger als ein Jahrzehnt später, im Zweiten Weltkrieg, nahm Idris mit seiner Bruderschaft den Kampf gegen die Achsenmächte in Nordafrika wieder auf, er selbst kehrte aber erst nach der italienischen Niederlage nach Libyen zurück.

Unabhängigkeit und Königreich Libyen

Die Standarte des Königs
König Idris 1967 mit Ägyptens Präsidenten Nasser

Nach dem Krieg verlor Italien seine Kolonien und Idris gewann als wichtigster lokaler Verbündeter der siegreichen Alliierten deutlich an Einfluss. Nachdem die Bewohner des bevölkerungsreichen Tripolitanien ebenso wie die UNO den britisch-italienischen Bevin-Sforza-Teilungsplan abgelehnt hatten, dem Idris als Emir der Kyrenaika hingegen zugestimmt hatte, wurde er 1951 König des unabhängigen Königreichs Libyen. Ein zentrales Problem der Anfangsjahre war die Zusammenführung der historisch autonomen Landesteile Tripolitanien, Kyrenaika und Fessan. Die föderale Verfassung, nach der alle drei Regionen gleichviele Abgeordnete ins Bundesparlament entsandten, benachteiligte Tripolitanien, wo 80% der Bevölkerung lebten, gegenüber Idris' Heimatregion Kyrenaika und dem Fessan, wo jeweils nur 10% lebten, die aber zusammen mehr Sitze im Bundesparlament hatten. Schon 1952, nur ein Jahr nach der Staatsgründung, ließ Idris I. alle Parteien und Gewerkschaften verbieten[2]. Die Misswirtschaft in der öffentlichen Verwaltung und ein gescheitertes Attentat veranlassten ihn, persönlich die Regierung zu übernehmen. Ihm gelang in den folgenden Jahren die Stärkung der Zentralregierung durch die Auflösung der historischen Großprovinzen Tripolitanien, Kyrenaika und Fessan sowie eine administrative Vereinheitlichung der Landesteile. Durch die Verfassungsänderung von 1963 wurde der Wechsel von einem föderalen zu einem Zentralstaat abgeschlossen. Formal wurde damit zwar durch eine proportionale Regelung Tripolitanien stärker berücksichtigt, doch bereits ein Jahr zuvor hatte Idris 1962 mit einem Schauprozess gegen die im Untergrund für nationale Einheit, den Abzug ausländischer Truppen und soziale Reformen agierende Arabische Sozialistische Baʿth-Partei faktisch sämtliche Parteienarbeit endgültig zerschlagen. [3]

Die nach den Erdölfunden seit 1962 fließenden Einnahmen wurden in den Ausbau der Infrastruktur und des Bildungswesens investiert. Da viele Studenten ins Ausland geschickt wurden und wegen des Lehrermangels zahlreiche ägyptische Lehrer ins Land geholt wurden, kamen zunehmend neue Ideen wie der Panarabismus bzw. Nasserismus in das Land. So brachen nach dem Sechstagekrieg 1967, in welchem der König Ägypten nicht beistand, heftige panarabische Proteste aus, die auch zu Pogromen gegen die jüdische Minderheit führten. Diese verließ darauf das Land.

Staatsstreich 1969

Idris wurde am 1. September 1969 während eines Kuraufenthaltes im türkischen Bursa von Muammar al-Gaddafi gestürzt. Zunächst wollte er Großbritannien zu einer Intervention in Libyen bewegen, verzichtete jedoch darauf, als Kronprinz al-Hasan Rida al-Mahdi den Putschisten seine Loyalität versicherte. Idris lebte zunächst in Rom und von 1974 bis zu seinem Tod im Exil in Kairo. Gegen Gaddafis Protest hatte er die ägyptische Staatsbürgerschaft erhalten.

Idris I. wurde auf dem Al-Baqi'-Friedhof in Medina, Saudi-Arabien, begraben.

Weblinks

 Commons: Idris (Libyen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

  1. Martin Gehlen: Die junge Macht in Libyen. In: Frankfurter Rundschau. 25. Februar 2011, abgerufen am 28. Februar 2011 (deutsch).
  2. Bundeszentrale für Politische Bildung: Politische Entwicklung nach der Unabhängigkeit
  3. Lothar Rathmann: Geschichte der Araber, Band 6, Seite 174-180. Berlin 1983

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