Mustafa Abd al-Dschalil

Mustafa Abd al-Dschalil

Mustafa Muhammad Abd al-Dschalil (arabisch ‏مصطفى محمد عبد الجليل‎, DMG Muṣṭafā Muḥammad ʿAbd al-Ǧalīl; * 1952 in Al-Baida[1]) ist ein libyscher Politiker. Er war Justizminister unter Muammar al-Gaddafi und ist Vorsitzender des Nationalen Übergangsrats (NTC).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ausbildung und frühe Karriere

Abd al-Dschalil stammt aus Al-Baida. Seine Ausbildung für islamisches Recht (Scharia) schloss er 1975 an der University of Libya ab. Im Anschluss war er als Assistent des Staatsanwalts am Volksgericht in Al-Baida und ab 1978 als Richter in verschiedenen Landesteilen tätig.[2][3] 1999, im berüchtigten HIV-Prozess, war er „maßgeblich bei der Inhaftierung“[4] bulgarischer Krankenschwestern und eines palästinensischen Arztes in Bengasi beteiligt.

Justizminister

Er war als Nachfolger von Ali Umar al-Husnawi vom 22. Januar 2007 bis zum 21. Februar 2011 Justizminister seines Landes und Mitglied des Allgemeinen Volkskomitees. In dieser Zeit setzte er sich Berichten zufolge für die Aufklärung des Massakers im Abu-Salim-Gefängnis ein, bei dem mehr als 1600 Menschen umkamen.[5] Er trat aus Protest gegen den Einsatz massiver Gewalt gegen Demonstranten im Zuge des Aufstands in Libyen zurück.[6]

Gemäß der Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte Abd al-Dschalil während seiner Amtszeit in der libyschen Regierung die Regierung Gaddafis wiederholt für Menschenrechtsverstöße. So habe der ehemalige Justizminister die Willkürpraxis des Innenministeriums und der Staatssicherheit öffentlich kritisiert und sich für Entschädigungszahlungen an zu Unrecht Inhaftierte eingesetzt.[7][8]

Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch berichtete, der ehemalige Justizminister habe deutlich und öffentlich gegen die willkürliche Verhaftungspraxis der Gaddafi-Regierung Position bezogen. Ein Analyst der Organisation erklärte in Bezug auf politische Gefangene:[9]

„The Minister of Justice has taken a very good stance on this group of prisoners. He’s publicly criticized the security agencies for continuing to detain prisoners, despite the fact that they have been acquitted by the courts. (Übersetzung: Der Justizminister hat eine sehr positive Haltung in Bezug auf die Gruppe der [politischen] Gefangenen eingenommen. Er hat die Sicherheitsdienste öffentlich dafür kritisiert, Häftlinge trotz eines Freispruchs weiter festzuhalten.)“

Äußerungen während des arabischen Frühlings

Hauptartikel: Bürgerkrieg in Libyen

Am 27. Februar übernahm er die Führung einer von Oppositionellen in Bengasi gegründeten Übergangsregierung.

Er behauptete am 24. Februar 2011, Beweise dafür zu haben, dass Muammar al-Gaddafi persönlich den Lockerbie-Anschlag angeordnet habe.[10] Er behauptete auch, dabei gewesen zu sein, als in Kabinettssitzungen die Anwerbung von Söldnern aus dem Tschad und Niger zum Bekämpfen der Aufständischen während der Unruhen 2011 beschlossen wurde. Den Söldnern sei die Staatsbürgerschaft versprochen worden.[11]

Am 13. März 2011 warnte er, dass Länder, die den Aufstand gegen Gaddafi nicht unterstützten, keinen Zugang zu Libyens riesigen Ölvorkommen bekommen würden, wenn das Regime gestürzt sei. Die Führung eines Libyens nach Gaddafi werde die Ölpolitik „entsprechend der Position ausrichten, die die Länder gegenüber Libyen in diesen schwierigen Zeiten einnehmen“.[12]

Als Vorsitzender des NTC räumte er im August 2011 ein, bewusst Desinformation betrieben und Falschmeldungen lanciert zu haben, um die Helfer der Gaddafi-Diktatur zu verunsichern – so seine Begründung.[3]

Auf der zentralen Siegesfeier in Bengasi deutete er an, dass es im Libyen nach Gaddafi keine Gesetze geben wird, die nicht im Einklang mit dem Koran stehen.[13]

Einzelnachweise

  1. Hans-Christian Rößler: Neue starke Männer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 25. August 2011, abgerufen am 25. August 2011 (deutsch).
  2. derStandard.at: Ex-Justizminister Mustafa Abdul Jalil vertritt Libyens Rebellen. 9. März 2011. Abruf am 9. März 2011.
  3. a b Nick Ravenscroft: Libya crisis: Profile of NTC Chair Mustafa Abdul Jalil. In: BBC News Africa vom 22. August 2011. Abgerufen am 27. Oktober 2011.
  4. Jacques Schuster: Der Angriff auf Libyen ist töricht und gefährlich. In: Die Welt vom 27. März 2011. Abgerufen am 27. Oktober 2011.
  5. Martin Gehlen: Gaddafis oberster Feind. In: Frankfurter Rundschau. 9. März 2011, abgerufen am 10. März 2011 (deutsch).
  6. Bürgerkriegsähnliche Zustände. In: ORF. 22. Februar 2011, abgerufen am 22. Februar 2011 (deutsch).
  7. Frankfurter Rundschau: Gaddafis oberster Feind, abgerufen am 4. April 2011.
  8. AI: Public Statement on Libyen Human Rights Record, November 2010, abgerufen am 4. April 2011.
  9. Human Rights Watch: Rights Researcher Calls for Expanded Libyan Prisoner Compensation, August 2010, abgerufen am 4. April 2011.
  10. ORF: Immer mehr „befreite“ Städte.
  11. Eine letzte Offensive von Gaddafis Truppen? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 24. Februar 2011, abgerufen am 24. Februar 2011 (deutsch).
  12. Libyan rebels’ chief in plea for support
  13. taz: Siegesfeier in Bengasi – „Ihr könnt wieder vier Frauen heiraten!“ 24. Oktober 2011, abgerufen am 25. Oktober 2011

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