- Ignaz Denner
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Ignaz Denner ist eine Erzählung von E. T. A. Hoffmann, die erstmals 1817 in den Nachtstücken veröffentlicht wurde.
Personen
- Andres: Protagonist der Erzählung, erst Leib-, dann Revierjäger des Grafen Aloys von Vach, lebt mit seiner Frau, seinen Kindern und einem Knecht sowie zwei Doggen in einem einsamen, wilden und durch Räuber unsicher gemachten Forst in der Nähe von Fulda. Er ist frommer Christ.
- Giorgina: Sie wurde als Waise von einem Wirt in Neapel aufgenommen und schlecht behandelt und wurde Andres' Gattin.
- Ignaz Denner: Anführer einer Räuberbande, der sich bei Andres und seiner Familie als reisender Kaufmann ausgibt und sie durch einen hinterlistigen Trick in Lebensgefahr bringt. Er hat mit dem Teufel einen Pakt geschlossen.
Inhalt
Andres, Leibjäger des Grafen Aloys von Vach, ging mit diesem auf eine Reise nach Neapel. Dadurch, dass Andres sich und den Grafen vor einem Raubüberfall rettete, wurde er zum Revierjäger befördert. Auf dieser Reise lernte er auch seine zukünftige Gattin, Giorgina, kennen, die als Waise von einem Wirt aufgenommen wurde.
Trotz der hohen Stellung, die Andres innehat, leben Andres, seine Frau und sein Knecht in Not und Elend.
Durch die Geburt des ersten Kindes verschlechtert sich Giorginas Gesundheitszustand, sodass sie sogar im Sterben liegt. Da bekommen sie Besuch von einem Fremden, der sich als reisender Kaufmann ausgibt und sich verlaufen habe. Zeuge des Elends und der Not, in die Andres geraten ist, heilt er Giorgina vom einen Tag auf den anderen, indem er ihr eine geheimnisvolle, dunkelrote Flüssigkeit, dazu einen Schluck Wein, gibt.
Als der Fremde am nächsten Tag wieder aufbrechen will, bietet er Andres als Belohnung Dukaten an, die dieser jedoch ablehnt; eine innere Stimme verbietet ihm die Annahme der Dukaten. So wendet sich der Fremde an Giorgina, die die Dukaten keinesfalls ablehnt.
Der Fremde bittet Andres noch um drei Gefälligkeiten. Er bittet Andres, ihn für ein paar Tage aufzunehmen, weil er auf seinen Reisen zweimal im Jahr in der Nähe ist. Die Kiste des Fremden, deren Inhalt kostbare Juwelen sind, soll Andres bis zum nächsten Wiedersehen aufbewahren. Als letztes wird Andres gebeten, den Fremden aus dem Wald zu begleiten.
Unterwegs offenbart sich der Fremde als Ignaz Denner.
Durch die Großzügigkeit Denners wird Andres wieder wohlhabender; die Zahl der Raubüberfalle in der Gegend nimmt ab.
An Giorginas Geburtstag, als ihr Sohn neun Monate alt ist, erscheint Denner wieder. Diesmal macht er eine unvorstellbare Bitte: Da er selbst weder Frau noch Kinder hat, bittet er Andres und Giorgina, ihm ihren Sohn zu geben. Dieser Umstand verstärkt Andres' Zweifel an der Person des Ignaz Denner. Sonst ändert sich allerdings nichts an der Beziehung zwischen den beiden. Die Kiste allerdings bleibt nach wie vor bei Andres.
Als Denner Andres das nächste Mal besucht, ist es bereits Nacht, und Andres wird gebeten, Denner in den Wald zu begleiten. Dort lüftet Denner sein Geheimnis, dass er Anführer einer Räuberbande ist. Andres wird gezwungen, bei einem Raubüberfall teilzunehmen. In einem Kampf zwischen Räubern und aufgebrachten Bürgern wird Denner verletzt und von Andres in Sicherheit gebracht. Dafür wird er in die Freiheit entlassen. Die Räuber beschließen, sich nicht mehr in diesem Wald aufzuhalten. Denners Kiste ist immer noch im Besitz von Andres.
Bald gerät Andres wieder in Armut, und Giorgina bringt einen weiteren Jungen zur Welt. Eines Nachts schleicht Denner schon wieder um Andres' Haus herum und verlangt Schutz. Diesmal bleibt Andres hart und weist ihn davon.
Bald erfärhrt Andres von seinem Grafen, dass der Hauswirt von Neapel, Stiefvater von Giorgina, verstorben ist und in seinem Testament Giorgina 2.000 Dukaten vererbt hat. Bei einem Kaufmann in Frankfurt kann Andres das Geld abholen. Er macht sich also, um Giorgina zu überraschen, unter einem Vorwand auf die Reise nach Frankfurt.
Als er zurückkehrt, findet er sein Haus verwüstet vor. Giorgina, in großer Angst, erzählt ihm alles. Ignaz Denner überfiel mit seiner Räuberbande das Haus, nur um zu speisen. Als alle Räuber, außer Denner, das Haus wieder verließen, nahm dieser den jüngsten Sohn und schloss sich mit ihm in ein Zimmer ein, schlitzte ihm die Brust auf und fing das Blut mit einer Schüssel auf; das ist die geheimnisvolle Flüssigkeit, die Denner Giorgina zur Heilung verabreichte. Der Knecht wurde bei dem Versuch, Denner aufzuhalten, von diesem ermordet.
Als Andres und Giorgina von diesem Ort verschwinden wollen, wird Andres verhaftet. Während Andres in Frankfurt war, wurde sein Graf von Denners Bande ermordet. Alle Räuber, die gefangen wurden, einschließlich Denner, sagten aus, dass Andres selbst Mitglied ihrer Bande gewesen sei und er den Grafen ermordet habe.
Erst nach Jahren ist der Prozess abgeschlossen; Andres wurde durch Folter zu einem Geständnis gezwungen. Kurz vor der Vollstreckung wird er jedoch in letzter Minute durch das Eintreffen des Frankfurter Bankiers gerettet. Denners Hinrichtung wird ausgesetzt; Untersuchungen werden angestellt, die nach Neapel verweisen, der Geburtsstadt Denners. Dort war einst ein gewisser Doktor Trabacchio als Giftmischer und Hexenmeister überführt worden. Der Prozess gegen ihn hatte ergeben, dass er seine eigenen Kinder getötet hatte, um deren Blut zur Herstellung seiner Arzneien zu verwenden. Da niemand etwas von der Existenz seiner Kinder wusste, und er auch deren Mütter getötet hatte, blieben seine Taten lange Zeit unentdeckt; nur seinen letzten Sohn hatte er der Öffentlichkeit vorgestellt.
Im Verlauf des Prozesses hatte man versucht, Beweise für Trabacchios Taten in dessen Haus zu sammeln, und war auf ein geheimnisvolles Labor gestoßen, dass man aber nicht hatte öffnen können. Die Bemühungen eines herbeigerufenen Dominikaners aus Palermo führten letztlich dazu, dass das ganze Haus in Flammen aufging und einzustürzen drohte. Die herbeigelaufene Menge beobachtete erstaunt, dass Trabacchios Sohn kurzzeitig mit einem Kistchen unter dem Arm auf den brennenden Trümmern erschien und sogleich wieder verschwand.
Als man dies Trabacchio kurz vor seiner Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen mitteilte, zeigte dieser hämische Freude. Sein Tod blieb allerdings aus: Kurz bevor ihn die Flammen erreichten, verschwand er vor den Augen der versammelten Menge, zeigte sich auf einem entfernten Hügel, höhnisch lachend, in seiner gewohnten Kleidung und mit einem Kistchen unter dem Arm. Er blieb seitdem verschwunden.
Der Prozess gegen Denner brachte nun hervor, dass er eben jener Sohn des Doktor Trabacchio ist. Andres erfährt all dies vom Neffen des Grafen Vach, bei dem er nach seinem Freispruch zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn lebt und sich als Jäger verdingt. Giorgina stirbt bald an der Folge der erlittenen Strapazen.
Nach zwei Jahren Prozessdauer soll Denner hingerichtet werden. Doch gelingt ihm die Flucht: Andres findet ihn eines Abends völlig entkräftet im Wald. Als Denner ihm offenbart, dass er Giorginas Vater sei, erbarmt sich Andres und pflegt ihn im Schloss des Grafen gesund. Hier erzählt ihm Denner, dass er, in die Fußstapfen seines Vaters tretend, sich einst eine Frau genommen habe, die ihm eine Tochter schenkte. Auch er habe beabsichtigt, aus dem Blut dieses Kindes Arznei herzustellen, doch habe die Mutter, aufgrund einer Ahnung, ihm das Kind entziehen können.
Denner gibt sich in der folgenden Zeit als geläuterter Christ. Zwar bleibt Andres misstrauisch, doch lässt er den Großvater unbedacht mit seinem Enkel spielen. So wird er eines Nachts im Wald entsetzt Zeuge, wie Denner und der alte Doktor Trabacchio seinen Sohn Georg über einen Rost gespannt haben und Denner gerade im Begriff ist, dem Kind den Todesstoß zu versetzen. Andres schießt Denner nieder. Der alte Trabacchio verschwindet.
Andres bringt seinen Sohn unbeschadet zurück ins Schloß, kehrt aber mit einem Jäger in den Wald zurück, um Denners Leiche zu begraben. Denner lebt noch und gibt erst unter Flüchen seinen Geist auf. Sie verscharren seine Leiche, und Andres beschließt, am nächsten Tag zurückzukehren, um dem Verworfenen ein Kreuz auf das Grab zu stellen. Doch findet er die Erde aufgewühlt, die Leiche verschwunden.
Andres findet erst endgültige Ruhe, nachdem er Denners Kistchen, das sich wieder in seinem Besitz befindet, in eine tiefe Bergschlucht wirft.
Weblinks
Wikisource: Ignaz Denner – Quellen und Volltexte- [1] kurze Plotangabe (engl.)
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