- Bankier
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Bankier (aus dem französischen Banquier) oder Privatbankier, veraltet auch Geldhändler,[1] ist ein Unternehmer des privaten Bankgewerbes, der mit eigenem Kapital, unbeschränkter persönlicher Haftung und alleiniger Entscheidungsbefugnis Bankgeschäfte betreibt. Das Bankunternehmen eines oder mehrerer als Partner zusammengeschlossenen Bankiers ist in Form eines Einzelunternehmens oder einer Einzelfirma bzw. einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft organisiert.
Inhaltsverzeichnis
Rechtsgrundlagen
In Deutschland unterstehen Bankiers dem Kreditwesengesetz und benötigen eine schriftliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Im Bankengesetz der Schweiz nimmt der Privatbankier noch eine eigene rechtliche Stellung ein. Sie unterstehen dem Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen und benötigen eine Bewilligung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA). Zudem ist der Begriff Privatbankier durch eine Kollektivmarke geschützt, die im Namen der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum hinterlegt ist. Die meisten Privatbankiers sind in dieser Vereinigung zusammengefasst. Der Gebrauch dieser Marke ist den Mitgliedern sowie anderen Banken vorbehalten, die als Einzelfirma bzw. Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft organisiert sind und die einen oder mehrere persönlich und unbeschränkt haftenden Bankiers haben.
Geschichtliche Entwicklung
Die Privatbankiers stellen die älteste Unternehmensform im Bankwesen dar. Ihre Ursprünge reichen bis ins 13. Jahrhundert, als Florenz zu einer Handelsmacht aufstieg und das dortige Bankgeschäft ganz besonders zu florieren begann. Als ursprüngliche Warengroßhändler, Kommissionäre oder Spediteure wandten sie sich, über das mit dem Warengeschäft zusammenhängende Kredit- und Wechselgeschäft, immer mehr dem Bankgeschäft zu.
Zu den ersten und damals bedeutendsten Bankiersfamilien zählten die Bardi, die Peruzzi und die Acciaiuoli aus Florenz. Diese unterhielten zu Beginn des 14. Jahrhunderts Filialen in praktisch den sämtlichen wichtigsten Städten Europas und hielten de facto das Monopol der päpstlichen Finanzen. Als der Englische König Eduard III. sich 1345 weigerte, seine durch den Hundertjährigen Krieg angehäuften Schulden zurückzuzahlen, gerieten diese in enorme Schwierigkeiten und verloren schließlich ihren Einfluss.
Als eigentlicher Vorläufer der heutigen Privatbankiers gilt allerdings Vieri di Cambio de' Medici. Dieser baute zwischen 1348 und 1392 ein weit verzweigtes Bankhaus mit mehreren Filialen in den wichtigsten europäischen Städten auf. Unter seinen Zöglingen und späteren Partnern befand sich auch sein Neffe, Giovanni di Bicci de' Medici, der zuerst die Filiale in Rom führte und diese 1393 übernahm. Während das einst sehr erfolgreiche Bankhaus von Vieri di Cambio de' Medici, nach seinem altersbedingten Rückzug 1393, unter der Führung seiner beiden Söhne unterging, war das Bankhaus seines Neffen äußerst erfolgreich. Zwei Jahre nach dem Tod seines Onkels verlegte Giovanni di Bicci de' Medici 1397 seine Aktivitäten nach Florenz und gründete die Banco Medici. Diese bildete die Grundlage des späteren Aufstiegs der Medici zu einer der mächtigsten Familien der damaligen Zeit in Europa.[2]
In dieser Zeit gab es etliche Bankiers und Bankiersfamilien, deren Auf- bzw. Abstieg mit den wirtschaftlichen, politischen und militärischen aber auch religiösen Machtverschiebungen in Europa einhergingen.
Noch heute können zahlreiche Privatbankiers ihre Herkunft bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Zu jenen Zeiten handelten sie als Universalbankiers, die ihren Kunden die gewünschten Kredite vermittelten. Die Privatbankiers waren bis in die Zeit der Vor- und Frühindustrialisierung die wichtigsten und einflussreichsten Träger des gesamten Kreditwesens. Heute sind sie hauptsächlich im Bereich der Vermögensverwaltung und der Finanzmarktprodukte tätig.
Die meisten der historisch traditionellen Privatbankiers sind im Verlaufe der Zeit verschwunden. Die ersten Bankiersfamilien verschwanden hauptsächlich durch die verschiedenen politischen Machtverschiebungen in Europa. Später, besonders während der Industrialisierung, waren es die stark zunehmenden Kreditbedürfnisse, denen etliche Privatbankiers nicht mehr gerecht werden konnten. Auch die fehlende Nachfolge, die eine erfolgreiche Weiterführung des Bankhauses von Generation zu Generation erheblich erschwerte, war mit ein Grund. So wurden die meisten ehemals im Familienbesitz befindlichen Bankhäuser verkauft oder in Kapitalgesellschaften umgewandelt.
Liste der heute noch tätigen Privatbankiers
Deutschland
In Deutschland gibt es heute noch folgende Privatbankiers, etliche davon sind allerdings zumindest im teilweisen Besitz von Großbanken und Versicherungskonzernen und demnach keine wirklichen Privatbankiers mehr:[3]
- Bankhaus Anton Hafner KG, Augsburg, gegründet 1914
- B. Metzler seel. Sohn & Co. KGaA, Frankfurt am Main, gegründet 1674
- Bankhaus C. L. Seeliger, Wolfenbüttel, gegründet 1794
- Bankhaus Carl F. Plump & Co. GmbH & Co. KG, Bremen, gegründet 1817
- Bankhaus Ellwanger & Geiger KG, Stuttgart, gegründet 1912
- Bankhaus J. Faißt oHG, Wolfach, gegründet 1894
- Bankhaus Lampe KG, Bielefeld, gegründet 1852
- Bankhaus Ludwig Sperrer KG, Freising, gegründet 1913
- Bankhaus Max Flessa KG, Schweinfurt, gegründet 1924
- Bankhaus Oswald Kruber GmbH & Co. KG, Berlin, gegründet 1924
- Bankhaus von der Heydt, München
- Bankhaus Wölbern & Co., Hamburg, gegründet 1956
- Fürst Fugger Privatbank KG, Augsburg, gegründet 1508, heute Kommanditbeteiligung durch die Nürnberger Versicherungsgruppe
- Gabler-Saliter Bankgeschäft KG, Obergünzburg, gegründet 1828
- Goyer & Göppel, Hamburg, gegründet 1924
- Hauck & Aufhäuser Privatbankiers KGaA, Frankfurt am Main, gegründet 1796
- Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG, Hamburg, gegründet 1590
- M.M.Warburg & CO KGaA, Hamburg, gegründet 1798
- Max Heinr. Sutor oHG, Hamburg, gegründet 1921
- Münsterländische Bank Thie & Co., Münster, gegründet 1920
- North Channel Bank GmbH & Co. KG, vormals Bankhaus Oswald Kruber, Berlin, gegründet 1924
- Reuschel & Co., München, gegründet 1947, heute Kommanditbeteiligung durch die Donner & Reuschel und damit zum Konzern der Signal Iduna gehörig
- W. Fortmann & Söhne KG, Oldenburg, gegründet 1886, Kommanditbeteiligung durch die Oldenburgische Landesbank und damit zum Konzern der Allianz gehörig.
Schweiz
In der Schweiz gibt es heute noch folgende 13 echte Privatbankiers:[4]
- Baumann & Cie., Basel, gegründet 1920
- Bordier & Cie, Genf, gegründet 1844
- E. Gutzwiller & Cie. Banquiers, Basel, gegründet 1886
- Gonet & Cie, Genf, gegründet 1845
- Landolt & Cie, banquiers, Lausanne, gegründet 1780
- La Roche & Co., Basel, gegründet 1787
- Lombard Odier Darier Hentsch & Cie, Genf, gegründet 1798
- Mirabaud & Cie, Genf, gegründet 1819
- Mourgue d’Algue & Cie, Genf gegründet 1869
- Pictet & Cie, Carouge bei Genf, gegründet 1805
- Rahn & Bodmer, Zürich, gegründet 1750
- Reichmuth & Co, Luzern, gegründet 1998
- Wegelin & Co. Privatbankiers, St. Gallen, gegründet 1741
Liste ehemaliger Privatbankiers
- Ahlmannbank, Kiel (seit dem 1. Januar 1974: Deutsche Bank AG Filiale Kiel)
- Bankhaus Kaskel, 1872 in die Dresdner Bank umgewandelt
- Bankhaus Gebrüder Arnhold, "arisiert" 1935
- Bankhaus Gebr. Martin, Göppingen, gegründet 1912, 2001 umgewandelt in AG in Familienbesitz
- Bankhaus Bondi & Maron, "arisiert" 1937
- Bankhaus Hardy & Co., 1997 in die Dresdner Bank integriert
- Bankhaus Hocker & Co., später Herstatt-Bank, Insolvenz 1974
- Bankhaus Löbbecke, Braunschweig, gegründet 1761, Übernahme 1983 durch die Norddeutsche Landesbank, noch im gleichen Jahr Weitergabe an den Berliner Bankier Günter Follmer, zuletzt 2003 übernommen durch M.M.Warburg & CO
- Bankhaus Hallbaum, Hannover, gegründet 1879, Übernahme 1997 durch M.M.Warburg & CO
- Bankhaus Partin, Bad Mergentheim (vom BaKred (Vorläufer der BAFin) 2001 geschlossen)
- Bankhaus Heinrich Gontard & Co, später Gontard & Metallbank
- Bankhaus S. Bleichröder, ab 1937 teils als Arnhold and S. Bleichroeder, Inc. in New York fortgeführt, 1938 „arisiert“
- HSBC Trinkaus, vormals Trinkaus & Burkhardt, Beteiligung der HSBC plc seit 1992
- Privatbank Reithinger, Singen (von der BAFin am 3. August 2006 geschlossen)
- Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co., Hamburg/Frankfurt am Main
- Karl Schmidt Bankgeschäft, später SchmidtBank, Hof (von Commerzbank AG 2004 gekauft; dadurch vor BAFin-Schließung bewahrt)
- Conrad Hinrich Donner Bank AG, Hamburg, gegründet 1798, aufgegangen in der Donner & Reuschel
- Sal. Oppenheim jr. & Cie. AG & Co. KGaA, Köln, gegründet 1789, Übernahme durch die Deutsche Bank 2009
- Merck Finck & Co oHG Privatbankiers, München, gegründet 1870, Übernahme durch die der KBC Group 2010
Personen
Als bekannte Bankiers gelten die Rothschilds, die dadurch, dass sie im 19. Jahrhundert gleichzeitig in Frankfurt, London, Wien, Paris und Neapel aktiv waren, durch Rezessionen bedingte Verluste in einem Land durch Gewinne der anderen Bankhäuser leicht kompensieren konnten. Zudem besaßen sie oft einen Informationsvorsprung, der ihnen bei einigen Geschäften große Gewinne einbrachte.
Weitere Privatbankiers sind u. a.:
- Hans J. Bär (1927-2011)
- Hermann von Beckerath (1801-1870)
- Simon Moritz von Bethmann (1769-1826)
- Gerson von Bleichröder (1822-1893)
- August von Finck sen. (1898-1980)
- Wilhelm von Finck (1848-1924)
- Christian Adam Fries (1766-1847)
- Johann von Fries (1719-1785)
- Moritz Reichsgraf von Fries (1777-1826)
- Anton Fugger (1493-1560)
- Jakob Fugger (1459-1525)
- L. Albert Hahn (1889-1968)
- August Freiherr von der Heydt (1801-1874)
- Johann Friedrich Metzler (1749-1825)
- Friedrich von Metzler (*1943)
- John Pierpont Morgan (1837-1913)
- Jacques Necker (1732-1804)
- Abraham von Oppenheim (1804-1878)
- Joseph Süß Oppenheimer (1698-1738)
- Georg von Siemens (1839-1901)
- Georg Speyer (1835-1902)
- Johann Friedrich Städel (1728-1816)
- Fritz von Waldthausen (1887-1957)
- Max Warburg (1867-1946)
- Siegmund G. Warburg (1902-1982)
Literatur
- Susanne Schmidt: Markt ohne Moral. Das Versagen der internationalen Finanzelite, Droemer Knaur, München 2010, ISBN 978-3-426-27541-2
Quellenangaben
- ↑ Eintrag im Deutschen Wörterbuch
- ↑ Mediateca Palazzo Medici Riccardi, Firenze (ital.).
- ↑ Privatbankiers. bankenverband.de. Abgerufen am 16. Juni 2011.
- ↑ Schweizerische Nationalbank.
Weblinks
Wiktionary: Bankier – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenKategorien:- Beruf im Bankwesen
- Bankier
- Kreditinstitutstyp
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