- In-House-Vergabe
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Der Begriff In-House-Vergabe bzw. Inhouse-Vergabe (auch In-House-Geschäft, Inhouse-Geschäft oder Inhousegeschäft genannt) bezeichnet im Vergaberecht die Vergabe eines öffentlichen Auftrages, einer Baukonzession oder einer Dienstleistungskonzession durch einen öffentlichen Auftrag- oder Konzessionsgeber an einen zwar rechtlich selbständigen Dritten, der aber von dem öffentlichen Auftraggeber selbst kontrolliert wird.
Hierunter fallen z. B. die Vergabe von Aufträgen oder Konzessionen von einer kommunalen Gebietskörperschaft an eine rein kommunal beherrschte, organisationsprivatisierte Gesellschaft, ein Kommunalunternehmen oder einen rein kommunalen Zweckverband.
Die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe im Wege einer In-House-Vergabe fällt nicht unter die vergaberechtlichen Regelungen des GWB und der Vergabeverordnung und kann daher freihändig ohne Ausschreibung erfolgen. Die freihändige Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, die im Normalfall ohnehin schon nicht unter das Vergaberecht des GWB fällt, stellt als In-House-Vergabe auch keinen Verstoß gegen die allgemeinen Diskriminierungsverbote und Transparenzanforderungen des europäischen Primärrechts dar.[1]
Inhaltsverzeichnis
Voraussetzungen einer In-House-Vergabe
An eine In-House-Vergabe sind folgende Voraussetzungen geknüpft:
- Die auftragübernehmende Gesellschaft muss wie eine eigene Dienststelle beherrscht werden (können).
- An dieser Gesellschaft darf kein privatwirtschaftlicher Anteilseigner beteiligt sein, aber jedoch z. B. mehrere Kommunen. Damit ist auch eine vergaberechtsfreie interkommunale Zusammenarbeit möglich. Auch hier werden in der Rechtsprechung vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) enge Grenzen gesetzt.
- Nach dem Urteil des BGH vom 3. Juli 2008 (Az.: I ZR 145/05) erfüllt eine Aktiengesellschaft diese Voraussetzung auch dann nicht, wenn die Anteile zu 100 % der öffentlichen Hand gehören, weil die Mitgliederversammlung dem Vorstand „weder übergeordnet noch weisungsberechtigt“ ist. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, NVwZ 2009, 1421 - Ponte Nossa) kann nunmehr auch eine Aktiengesellschaft Partei einer In-House-Vergabe sein. Entscheidend ist, dass der öffentliche Auftraggeber auf die strategischen Ziele und wichtigen Entscheidungen der Gesellschaft ausschlaggebenden Einfluss hat.
- Die Tätigkeit des Auftragnehmers erfolgt im Wesentlichen für den öffentlichen bzw. die öffentlichen Auftraggeber. Andere Tätigkeiten dürfen nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Als nicht untergeordnet befand das OLG Celle mit dem Urteil vom 14. September 2006 (Az.: 13 Verg 2/06), dass der Gesellschaftervertrag eines kommunalen Unternehmens explizit die Möglichkeit vorsah, Verträge mit Nicht-Gesellschaftern abzuschließen und dass der Umsatz durch Geschäfte mit Dritten in drei Jahren etwa 7,5 % ausmachte. Der EuGH hat am 19. April 2007 im Urteil in der Rechtssache Asemfo (C-295/05) die Schwelle auf 10 % erhöht.
- Es gelten einige allgemeine Vergabe-Regeln der EU. Hierzu gehören das Diskriminierungsverbot, der Gleichbehandlungsgrundsatz und weitere Grundzüge des Vergabeverfahrens.
- Unerheblich ist jedoch:
- Wer das Entgelt erbringt (der öffentliche Auftraggeber oder Dritte als Nutzer von Dienstleistungen).
- In welchem Gebiet die Tätigkeit ausgeübt wird.
Anwendungsbereiche
Besonders oft kommen In-House-Vergaben im ÖPNV vor, da vielfach die Betreibergesellschaften Nachfolger der ehemaligen Stadtwerke sind, die heute in Form einer GmbH geführt werden, deren Gesellschafteranteile aber meist noch im alleinigen kommunalen Besitz sind.
Literatur
- Dr. Andreas van den Eikel, Christoph Riese, Neues zum In-House-Geschäft - Das Ende für gemischtwirtschaftliche Unternehmen?, VergabeR 2005 (Heft 5), Seite 590 ff.
- Markus Pöcker, Jens Michel, Vergaberecht und Organisation der öffentlichen Verwaltung: Vom Formalismus der juristischen Person zur Anpassung an sich verändernde Handlungs- und Organisationsrationalitäten, DÖV 2006, 445-453.
- Dr. Markus Böckel, Die Auftragsvergabe im Rahmen eines Inhouse-Geschäfts, Der Landkreis 2003, S. 518 ff.
- Dr. Markus Böckel, Vergaberechtliche Behandlung von Dienstleistungskonzessionen, LKV 2003, S. 393 ff.
Weblinks
Der Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat sich bereits mehrfach im Vergaberecht zu In-House-Vergaben geäußert, beispielsweise in den EuGH-Urteilen
- vom 18. November 1999 C 107/98 (Teckal);
- vom 13. Oktober 2005 - C 458/03 (Parking-Brixen);
- vom 10. November 2005- C 29/04 (Stadt Mödling);
- vom 11. Mai 2006 - C 340/04 (Carbotermo)
Einzelnachweise
- ↑ EuGH, Urteil vom 6. April 2006, Rs. C-410/04 (Associazione Nazionale Autotrasporto Viaggiatori (ANAV)) [1]
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- Die auftragübernehmende Gesellschaft muss wie eine eigene Dienststelle beherrscht werden (können).
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