- Indian Summer
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Als Indian Summer bezeichnet man eine ungewöhnlich trockene und warme Wetterperiode im späten Herbst auf dem nordamerikanischen Kontinent.[1] Das Phänomen wird begleitet von einem strahlend blauen Himmel, warmer Witterung und einer besonders intensiven Blattverfärbung in den Laub- und Mischwäldern. Es beschränkt sich auf ein Gebiet, das von den Mittelatlantikstaaten nördlich nach Neuengland reicht, sodann westlich über das Ohio-Tal und die Region der großen Seen, den mittleren Westen der USA, den nördlichen Teil der Great Plains und Kanada, also Gegenden, in denen es eine ausgeprägte Kälteperiode im Winter gibt. In der öffentlichen Wahrnehmung, in der Werbung und im Tourismus wird der Indian Summer jedoch überwiegend mit den Neuenglandstaaten und Kanada assoziiert.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
„Indian summer“ bezeichnet im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch die Wetterperiode bzw. den Zeitabschnitt im Herbst. Das Phänomen der Blattverfärbung nennt man „fall foliage“ oder kurz „foliage“, nach dem mittelenglischen „foliage“ (im Sinne von Blatt), das wiederum aus dem lateinischen „folium“ abgeleitet ist.[2] Ein weiterer umgangssprachlicher Begriff, der damit in Zusammenhang steht, ist „leaf peeping“, das Verfolgen, Beobachten und Fotografieren der Blattverfärbung.
Die Wortherkunft von Indian Summer ist ungeklärt, obwohl verschiedene spekulative Ansichten in der Literatur - und mehr noch im Internet - verbreitet werden. Die Wortschöpfung könnte zum Beispiel von der Haupt-Jagdsaison der nordamerikanischen Indianer im Herbst abgeleitet sein, aber auch von der günstigen Witterung, die Überfälle der Indianer auf Siedler noch vor dem Einsetzen des Winters begünstigte.[3]
Die Irokesen erzählen sich die Legende von der Jagd auf den großen Bären. Jeden Herbst verfolgen zwei Jäger den großen Bären, dessen magische Kraft ihn hoch in den Himmel trägt. Doch die unermüdlichen Jäger und ihr Hund folgen ihm auch dorthin und erlegen ihn nach langer Hatz. Das Blut des Bären tropft auf die Erde und färbt die Blätter des Ahornbaumes rot. Wenn man zum Himmel sieht, kann man den Großen Bären (das aus vier Sternen gebildete Trapez im Sternbild des großen Wagens) und dicht dahinter die beiden Jäger und ihren Hund (die drei Deichselsterne) erkennen.[4]
In der in den Vereinigten Staaten augenblicklich sehr aktuellen - und insbesondere im Internet forcierten - Debatte um „political correctness“ wird das Wort „indian summer“ als vorwiegend negativ besetzt angesehen und steht in der Diskussion.[5]
Indian Summer hat mittlerweile auch in andere Sprachen, z.B. ins Deutsche, unmittelbar Eingang gefunden.[6]
Wetter- und Naturphänomen
Die typische Herbstwetterlage, die einen schönen Indian Summer auslöst, ist ein ausgedehntes Hochdruckgebiet entlang der amerikanischen Ostküste nach vorangegangenen ersten Nachtfrösten. Warmluft aus dem Süden und Südwesten der Vereinigten Staaten strömt nach Norden und sorgt für ansteigende Temperaturen. In den meisten Jahren bleibt eine solche Wetterlage für Tage oder gar Wochen stabil, bis ein atlantisches Tiefdruckgebiet mit einer begleitenden Kaltfront für einen Wetterumschwung sorgt.[7]
In der Regel verfärben sich nach den ersten kalten Tagen die Blätter in nördlichen Höhenlagen zuerst. An den Berghängen Kanadas beginnt die Blattverfärbung bereits Ende August. Sie schreitet dann kontinuierlich, je nach Wetterlage aber auch sprunghaft, nach Süden voran. Die typische Fall Foliage beginnt in Kanada und verbreitet sich danach über die gesamten Vereinigten Staaten nach Süden, mit dem Schwerpunkt in den Neuenglandstaaten Maine, New Hampshire, Vermont, Massachusetts, Rhode Island und Connecticut. Den Höhepunkt erreicht die Foliage zwischen Anfang Oktober im Norden und dem späten Oktober im Süden Neuenglands.
Je nach Witterung können sich die Zeiträume aber verschieben. Starke Kälte und ein früh einsetzender Nachtfrost beschleunigen die Laubfärbung, ein warmer und sonniger Spätsommer mit Tagestemperaturen über 20 °C verlangsamt den Prozess.
Jeder Staat Neuenglands zeigt während des Indian Summers sein eigenes Farbspektrum, abhängig von der Zusammensetzung der Vegetation in den Laubwäldern. Allerdings wird behauptet, die intensivste Färbung fände man in Vermont. Der Zucker-Ahorn, dessen Blätter sich von grün nach gelb, orange, rot und braun verfärben, ist einer der häufigsten Bäume Neuenglands. Dessen Verbreitung sorgt für das einzigartige, leuchtende Scharlachrot in den Wäldern, ein Farbspektrum, das in dieser Vielfalt und Leuchtkraft in Europa nicht zu finden ist.
Tourismus
Nicht nur einheimische Touristen, sondern auch viele Besucher aus Übersee nutzen diese Zeit für Trekking-, Kanu- und Wandertouren. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das sich jährliche wiederholende Ereignis von der Tourismusbranche werbewirksam genutzt wird. Pensionen und Hotels sind an den Wochenenden der Foliage ausgebucht und Tagestouristen sorgen auf den Panoramastraßen für Verkehrsstauungen. Im Herbst haben die Neuenglandstaaten besondere Foliage-Info-Telefone geschaltet, bei denen man sich über den aktuellen Stand und das Fortschreiten der Blattverfärbung informieren kann. Zudem veröffentlichen staatliche Behörden und private Anbieter mehrfach pro Woche aktualisierte Foliage Reports im Internet.
Nachfolgend eine Auswahl der Orte, an denen der Indian Summer besonders gut zu beobachten ist (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- Camden Hills State Park in Maine
- Baxter State Park in Maine
- White Mountain National Forest in New Hampshire
- Green Mountain National Forest in Vermont
- Umgebung von Kingston, Rhode Island
- Litchfield Mountains State Park in Connecticut
Empfehlenswerte Ausflüge sind die dreistündige Fahrt von Essex mit der Dampfeisenbahn „Valley Railroad“ nach Chester und zurück mit einem Dampfschiff über den Connecticut River sowie eine Flusskreuzfahrt auf dem Hudson River. Wer die Foliage besonders intensiv erleben möchte, dem sei eine mehrtägige Wanderung auf dem Appalachian Trail von Nord nach Süd durch die Neuenglandstaaten empfohlen.
Indian Summer als Marketingprodukt
Auch die Werbeindustrie hat sich das Ereignis zunutze gemacht. Es existieren zahlreiche Produkte mit dem Namen Indian Summer: Parfüms, Kosmetikserien, sogar komplette Modekollektionen. Es gibt auch einen Comicstrip gleichen Namens, der zur Zeit der Pilgerväter spielt, sowie einen Film von 1997 mit Bill Nighy mit dem Originaltitel Indian Summer (deutscher Titel: Alive & Kicking – Jetzt erst recht).
Siehe auch → Indian Summer (Begriffsklärung)
Vergleichbare Phänomene
Vergleichbare, jedoch lokal unterschiedliche Naturphänomene sind:
Literatur
- Elmar Engel, Roland Kiemle: Indian Summer. Ontarios Wald- und Wasserwildnis einst, jetzt und zum Nacherleben. Busse Seewald, Herford 1989, ISBN 3-512-00893-3 (Abenteuer und Legenden 5).
- Christian Heeb, Klaus Viedebantt: Maine. Wilde Küste und Indian Summer. Bucher, München 1995, ISBN 3-7658-1024-X (Edition USA. Traumziel Amerika).
- Artur Lehmann: Altweibersommer. Die Wärmerückfälle des Herbstes in Mitteleuropa. Parey, Berlin 1911 (Zugleich: Berlin, Univ., Diss., 1911), (Auch in: Landwirtschaftliche Jahrbücher. 41, 1911, ISSN 0368-8194, S. 57–129).
Einzelnachweise
- ↑ New Oxford American Dictionary, 3. Edition, Oxford University Press New York, 2010: „Indian summer: a period of unusually dry, warm wheather occurring in late autumn.“
- ↑ New Oxford American Dictionary, a.a.O.
- ↑ William R. Deedler: Just what is Indian summer and did Indians really have anything to do with it?, auf der Internetseite des Nationalen Wetterdienstes [1]
- ↑ [2]
- ↑ William Safire: Take the DARE, The New York Times vom 10. November 1996 [3]
- ↑ Duden - Deutsches Universalwörterbuch, Bibliographisches Institut Dresden 2009
- ↑ William R. Deedler a.a.O.
Weblinks
Commons: Autumn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Artikel des staatlichen Wettervorhersagedienstes von Minnesota zum Ursprung des Begriffs (englisch)
- Gedanken zum Indian Summer
- Hintergrundinformationen und aktuelle Foliage Reports (englisch)
- Aktuelle Berichte und Bilder vom U.S. Forest Service (englisch)
- „"Indian Summer" in Deutschland. Wandern im Farbenrausch“. In: www.spiegel-online.de. 7. September 2011.
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