- Mittlerer Westen
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Der Mittlere Westen (engl.: the Midwest) ist eine Region der USA. Der Name entstand im 19. Jahrhundert aus dem Bedürfnis, sich von der Ostküste abzugrenzen, daher „Westen“ – aber eben nicht so weit im Westen wie die damalige Frontier (Wilder Westen).
Inhaltsverzeichnis
Sozialer und politischer Charakter
Dem Mittleren Westen wird im Volksmund eine besondere Bodenständigkeit nachgesagt (beispielhaft hierfür die Frage „Will it play in Peoria?“). Es wäre jedoch verkehrt, sich hier einen einheitlichen Konservativismus vorzustellen. So gehören zum Mittleren Westen auch gewerkschaftliche Hochburgen wie Detroit und Cleveland, liberale Universitätsstädte wie Ann Arbor, Urbana und Madison, und weltoffene Großstädte wie Chicago. Neben der eifrigen Gegnerschaft zur Sklaverei, die das Gebiet im frühen 19. Jahrhundert prägte, kamen auch andere fortschrittliche soziale Bewegungen aus dieser Gegend. Michigan schaffte die Todesstrafe bereits im 19. Jahrhundert ab, William Jennings Bryan, Robert M. La Follette sr. und Eugene V. Debs prägten das politische Leben ihrer Zeit, Wisconsin war ein Hort der progressiven Reformbewegung des frühen 20. Jahrhunderts, Illinois schaffte als erster US-Bundesstaat die Sodomiegesetzgebung ab, und in jüngster Zeit kamen Politiker wie Richard Gephardt, John Conyers, Dennis Kucinich und Barack Obama aus dem Mittleren Westen. Insgesamt ist die politische Prägung also sehr bunt. Ohio war im Wahlkampf 2004 heiß umkämpft, Indiana war fest im Bush-Lager, und Illinois (in seiner Mehrheit) ebenso fest demokratisch.
Abgrenzung
Die Abgrenzung des Mittleren Westens ist nicht genau festgelegt. Gemäß der Einteilung des U. S. Census Bureau gehören in den USA folgende Bundesstaaten dazu.
- Illinois
- Indiana
- Iowa
- Kansas
- Michigan
- Minnesota
- Missouri
- Nebraska
- North Dakota
- Ohio
- South Dakota
- Wisconsin
North Dakota, South Dakota, Nebraska und Kansas werden dann zum Mittleren Westen gerechnet, wenn die angewandte Kategorisierung keine „Great Plains“ Region konstruiert. Meistens wird auch Missouri und gelegentlich werden auch Kentucky oder West Virginia als Staaten des Mittleren Westens betrachtet, aber manchmal werden sie zu den Südstaaten gezählt. (Sie gehörten den Konföderierten Staaten von Amerika nicht an, ließen aber bis zum Sezessionskrieg die Sklaverei zu.) Ganz selten wird auch von Pennsylvania als Staat des Mittleren Westens gesprochen, weil der Staat keine Küste zum Atlantischen Ozean aufweist, und ein Teil auch westlich der Appalachen liegt. Für das Gebiet um Pittsburgh und Erie ist diese Klassifizierung halbwegs nachvollziehbar, nicht aber für den Staat als ganzes, da die östliche Hälfte um Philadelphia geschichtlich und geografisch mit dem Mittleren Westen so gut wie nichts gemeinsames hat.
Geographie und Wirtschaft
Das Gebiet des Mittleren Westens ist größtenteils durch die Gletschervorstöße verschiedener Eiszeitalter geprägt (Laurentidischer Eisschild). In Michigan, Wisconsin und Minnesota entstanden dadurch viele Seen und das Terrain ist sowohl in Illinois und nördlichem Indiana, als auch in Ohio überwiegend eben. Zum Süden und Westen hin, wo die Gletscherzeiten länger zurückliegen, wird die Landschaft durch Erosion leicht hügeliger bis in die Täler der Ohio und Mississippi Rivers sowie die Shawnee Hills, die Ozark Mountains und die Badlands von South Dakota. Aufgrund der Gletscherperioden sind die Böden in dieser Region sehr fruchtbar, sofern das Klima ausreichende Wachstumszeit zulässt (der nördliche Bereich von Minnesota, Wisconsin und Michigan ist aufgrund der langen Winter eher von Waldwirtschaft geprägt), wird in dieser Region sehr intensiv Landwirtschaft (Getreide, Mais, Viehwirtschaft) betrieben. Der Mittlere Westen gilt daher als „Brotkorb der Nation“.
Die Städte der Region sind industriell geprägt: hier gilt es vor allem die noch zum Rust Belt gehörende Region um die „Autostadt“ Detroit, sowie Zulieferindustrie (Stahl, Reifen) rund um Cleveland zu nennen. Die Metropolregion Chicago verfügt über eine breitere wirtschaftliche Basis--neben der Stahlindustrie im südlichen Teil der Stadt (um Lake Calumet) und entlang des Calumet River (z. B. Gary), haben viele große Unternehmen dort ihren Sitz und mit dem Chicago Board of Trade ein wichtiger Umsatzplatz der Finanzwirtschaft, aber auch ein wichtiger Knotenpunkt für den Eisenbahn und Luftverkehr. Weitere wichtige Großstädte der Region sind Minneapolis, Indianapolis, St. Louis, Kansas City, Milwaukee, Columbus und Cincinnati. Auch kleinere Städte, wie z. B. Decatur oder Battle Creek, tragen zum industriellen Charakter der Region bei.
Bevölkerung
Im Jahr 2006 lebten rund 66.217.736 Menschen im Mittleren Westen.
Ethnien
Im 19. Jahrhundert wies der Mittlere Westen eine sehr hohe Dichte deutschsprachiger Einwohner auf; in vielen Regionen stellten sie die Mehrheit. Heute finden sich dort die meisten Deutschamerikaner, womit jedoch nicht die Sprache, sondern die Abstammung bezeichnet wird. Rund ¼ der Gesamtbevölkerung der Vereinigten Staaten gab bei der letzten Volkszählung im Jahre 2000 an Deutschamerikaner zu sein, die meisten davon im Mittleren Westen.
Zwischen 1910 und 1930 wanderten viele Afroamerikaner aus den Südstaaten in die industrielle Großstädte des Mittleren Westens ein; auf dem Land gibt es jedoch, anders als in den Südstaaten, kaum afroamerikanische Bewohner.
Chicago als Großstadt war und ist ein häufiges Ziel für Einwanderung aus dem Ausland in die USA. So wohnen auch heute mehr Polen in Chicago als in irgendeiner Stadt der Welt außer Warschau. Eingebürgerte Einwanderer aus Lateinamerika stellen die Mehrheit des 4. Kongressbezirks, und im Stadtteil Albany Park werden zwei koreanische Zeitungen herausgegeben und es gibt einen koreanischsprachigen Fernsehsender
Literatur
- Jürgen Scheunemann (2001): USA. Ostküste, Mittlerer Westen, Südstaaten. Ein aktuelles Reisehandbuch mit 146 Abb. und 24 Kartenausschnitten. München: Nelles, 255 S.
- Shortridge, J.R. (1985): The Vernacular Middle West. In: Annals of the Association of American Geographers, 75, S. 48–57.
- Ausführliche Darstellung der Shortridge-Studie zur Entwicklung räumlicher Imagestrukturen („Wo liegt eigentlich der Mittlere Westen?“) und Darstellung durch Mental Maps, in: Peter Weichhart (2008): Entwicklungslinien der Sozialgeographie. Von Hans Bobek bis Benno Werlen. Stuttgart: Franz Steiner Verlag, S. 198–202.
- Manfred Zirkel (1977): Mensch und Mythos. Der mittlere Westen im Romanwerk von Wright Morris. Bonn: Bouvier, 309 S.
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