Innovativ

Innovativ

Innovation heißt wörtlich „Neuerung“ oder „Erneuerung“. Das Wort ist von den lateinischen Begriffen novus „neu“ und innovatio „etwas neu Geschaffenes“ abgeleitet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff unspezifisch im Sinne von neuen Ideen und Erfindungen und für deren wirtschaftliche Umsetzung verwendet.

In die Wirtschaftswissenschaft wurde der Begriff durch Schumpeter mit seiner Theorie der Innovationen[1] eingeführt; hier ist er als Aufstellung einer neuen Produktionsfunktion definiert. Wirtschaft und Gesellschaft wandeln sich, wenn Produktionsfaktoren auf eine neuartige Art und Weise kombiniert werden.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Historisch betrachtet gibt es Zeiten, zu denen Neuerungen schubartig in Erscheinung treten. Daraus ist zu schließen, dass Innovationen bestimmte gesellschaftliche Bedingungen voraussetzen, welche ihr Auftreten begünstigen.

Eine Invention ist noch keine Innovation. Inventionen umfassen neue Ideen bis einschließlich Prototypenbau beziehungsweise konkreter Konzeptentwicklung in der vormarktlichen Phase. Von "Innovation" im ökonomischen Sinne kann erst gesprochen werden, wenn innerhalb einer Volkswirtschaft der Produktionsprozess verändert wird.

Neu kann in diesem Sinne eine echte Weltneuheit oder aus Sicht eines einzelnen Unternehmens, Mitarbeiters etc. eine subjektive Neuheit bedeuten. Man unterscheidet unter anderem technische, organisatorische, institutionelle und soziale Innovationen.

Zudem können Innovationen nach der Art ihrer Entstehung unterschieden werden. Geschlossene Innovation ("Closed Innovation") grenzt sich dabei zu offener Innovation ("Open Innovation") insofern ab, als sich die Innovatoren ausschließlich innerhalb einer Organisation befinden. Die zentrale Idee von Open Innovation ist hingegen, dass sich Organisationen in einer zunehmend diversifizierten Welt weit verteilten Wissens nicht nur auf ihre eigene Innovationskraft verlassen können, sondern verstärkt auf die Integration und Nutzung externer Informationen und Kompetenzen angewiesen sind.

Unterschieden werden Innovationen nach ihrem Grad an "Neuheit". Dabei betrachtet man die Kombination aus Zweck des Gegenstandes oder Produktes und die Mittel, womit dieser Zweck erreicht wird. Erreicht eine Innovation in beiden Dimensionen hohe Werte, so spricht man auch von einer radikalen Innovation.

Der Begriff Innovation im Sinne von „neu“ ist aktuell fast ausschließlich positiv besetzt. Deshalb wird er gern als nebulöses Schlagwort missbraucht, um sich oder sein Produkt in ein gutes Licht zu rücken, auch wenn es an konkreten positiven Fakten mangelt.

Wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Verwendung

Nach Joseph Schumpeter (Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, 1911) ist Innovation die Durchsetzung einer technischen oder organisatorischen Neuerung im Produktionsprozess, nicht schon die entsprechende Erfindung.

Innovator ist für Schumpeter der schöpferische Unternehmer (im Gegensatz zum Arbitrageunternehmer, der lediglich vorhandene Preisunterschiede zur Gewinnerzielung ausnutzt), der auf der Suche nach neuen Aktionsfeldern den Prozess der schöpferischen Zerstörung antreibt. Seine Triebfeder sind auf der Innovation basierende kurzfristige Monopolstellungen, die dem innovativen Unternehmer Pionierrenten verschaffen. Das sind geldwerte Vorteile (auch Innovationspreise), die durch die innovativen Verbesserungen entstehen, zum Beispiel durch die höhere Produktivität einer Prozessinnovation oder durch höhere Monopolpreise einer Produktinnovation.

Laut Jürgen Hauschildt geht es bei einer Innovation grundsätzlich um etwas "Neues": Neue Produkte, neue Märkte, neue Verfahren, neue Vorgehensweisen, neue Prozesse, neue Vertriebswege, neue Werbeaussagen und vieles mehr. Innovationen sind in Ihrem Ergebnis etwas "neuartiges", die sich gegenüber dem vorangegangenen Zustand merklich unterscheiden. Diese Neuartigkeit muss wahrgenommen, muss bewusst werden. Die Neuartigkeit besteht darin, dass Zwecke und Mittel in einer bisher nicht bekannten Form miteinander verknüpft werden. Diese Verknüpfung muss sich auf dem Markt oder innerbetrieblich (wirtschaftlich) bewähren. So kann ein gegebener Zweck (zum Beispiel Antrieb eines PKW) mit neuen Mitteln (Wasserstoff, Autogas, Erdgas etc.) erreicht werden oder mit gegebenen Mitteln (beispielsweise bestehender Telefonleitung) ein neuer Zweck geschaffen werden (Nutzung auch zur Datenübertragung für das Internet). Die reine Hervorbringung einer Idee genügt allerdings nicht – erst Verkauf oder Nutzung unterscheidet eine Innovation von der Invention.

Innovationsmanagement

Typischerweise gliedert sich das Innovationsmanagement in drei Phasen:

  1. Impulsphase: Beobachtung von Trends, Identifikation zukunftsweisender Technologien
  2. Bewertungsphase: Tauglichkeit für die jeweilige Branche
  3. Technologietransfer: Projekt geht in Serie

Innovationsforschung

Die Innovationsforschung beschäftigt sich zum einen mit der Frage, unter welchen Bedingungen und in welchen sozio-ökonomischen Prozessen Innovationen zustande kommen, das heißt der Genese neuer Problemlösungs-Anwendungsfeld-Kombinationen und der Herausbildung und Entwicklung eines regionalen und/oder Nationalen Innovationssystems.

Das kann eine Produktinnovation betreffen, aber auch eine neue Organisationsform, Technologie, ein Verfahren oder ein neues Anwendungsfeld. Zum anderen interessiert die Innovationsforschung, wie diese Ziele realisiert werden können; sie beschäftigt sich also mit Innovationsprozessen und damit mit der Frage des Übergangs des betreffenden Subjekts/Objekts vom Zustand t0 in den Zustand t1. Im Mittelpunkt der Prozessbetrachtung stehen Prozessformen, beispielsweise bewusst gesteuerte, sich selbst organisierende oder informell beziehungsweise en passant ablaufende Prozesse, sowie die Möglichkeiten und Grenzen einer gezielten Gestaltung oder Beeinflussung. Folgende Faktoren spielen bei der Diffusion (Durchsetzung) von Innovationen (nach Everett M. Rogers) eine Rolle:

  1. Der subjektive Vorteil einer Innovation (beispielsweise Prestigegewinn etc.)
  2. Die Kompatibilität mit einem vorhandenen Wertesystem
  3. Die Komplexität bzw. die beim Erstkontakt gefühlte Einfachheit
  4. Die Probierbarkeit (Möglichkeit des Experimentierens mit der Innovation)
  5. Die Sichtbarkeit der Innovation

Im Rahmen der Zielgruppen werden nach der Innovationsfreude beziehungsweise nach dem Prozess der Annahme der Innovation folgende Personengruppen unterschieden:

  • Innovatoren - die ersten 5 bis 10 %, die ein Produkt annehmen
  • Early Adopters - die nächsten 10 bis 15 %
  • Frühe Mehrheit - weitere 30 %
  • Späte Mehrheit - weitere 30 %
  • Laggards (Nachzügler) - verbleibende 20 %

Neuerdings gilt das Forschungsinteresse zunehmend der Pfadabhängigkeit (englisch: "path dependence") von Innovationsprozessen und deren Ergebnissen. Im Mittelpunkt steht die Annahme, dass die Entwicklungsvergangenheit einer Organisation, eines Produktes, einer Technologie etc. künftige Entwicklungsmöglichkeiten und -vorgehensweisen beeinflusst und begrenzt ("history matters"). Unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Historie wäre damit nicht jedes beliebig gewünschte Innovationsziel erreichbar.

Erhärten sich die bisherigen Erkenntnisse, hat das Konsequenzen für die Innovationspraxis in Unternehmen: Diese müssen nicht mehr wie Lemminge modischen Schlagworten und kurzlebigen Trendkonzepten hinterherlaufen, wenn sie innovieren wollen. Vielmehr richten sie den Blick stärker auf die eigenen Potenziale und deren historische Formierung, um letztlich Wettbewerbsvorteile auf der Basis echter Alleinstellungsmerkmale zu erarbeiten. So unterscheidet man auch Produkt-, Verfahrens- und Managementinnovation. Wobei letztere die erfolgversprechendste zu sein scheint, da Manager als Letztentscheider über die Verteilung der Ressourcen bestimmen. Produkt- und Verfahrensinnovationen sind in diesem Sinne Ergebnisse von Managementinnovationen.

Laut IW-Trends des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (2005), basierend auf Daten aus 2004 im Vergleich von 15 Industriestaaten, erreicht Deutschland Platz 11 mit einem Innovationswert von 41,7 (bei einem Wertebereich von Null bis 100). Weitere Plätze: 1. USA (Wert 77,9), 2. Großbritannien (Wert 64,0) und 3. Schweden (Wert 63,9).

Der Innovationsindikator Deutschland ist mit 150 untersuchten Einzelindikatoren der wohl am breitesten aufgestellte Indikator zur Messung der Innovationskraft in Deutschland. Er wird im Auftrag des Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Telekom Stiftung vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erstellt. Im Innovationsindikator Deutschland 2007 erreicht Deutschland Rang 8 im Wettbewerb der 17 führenden Industrienationen. Im Vergleich zum Vorjahr hat Deutschland damit zwar einen Platz eingebüßt, konnte seine Innovationsfähigkeit aber dennoch steigern und den relativen Abstand zu den innovationsfähigsten Nationen verringern.

Einzelnachweise

  1. Joseph A. Schumpeter: Konjunkturzyklen. Eine theoretische, historische und statistische Analyse des kapitalistischen Prozesses. Bd. I, Göttingen 1961 (engl. Business Cycles. A Theoretical, Historical, and Statistical Analysis of the Capitalist Process. New York 1939)

Siehe auch

Literatur

  • Braun-Thürmann: Innovation - Eine Einführung. Transcript-TB, Bielefeld 2005, ISBN 978-3-89942-291-7.
  • Wolfgang Burr: Innovationen in Organisationen. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-17-018003-7.
  • Alexander Brem: The Boundaries of Innovation and Entrepreneurship – Conceptual Background and Essays on Selected Theoretical and Empirical Aspects. Gabler, Wiesbaden 2008, ISBN 3-8349-0833-9.
  • Georg Erdmann: Elemente einer evolutorischen Innovationstheorie. Mohr, Tübingen 1993, ISBN 3-16-146049-9.
  • Jürgen Hauschildt, Sören Salomo: Innovationsmanagement. 4. Auflage. Vahlen, München 2007, ISBN 978-3-8006-3413-2.
  • von der Oelsnitz, Dietrich: Die innovative Organisation. 2., überarb. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer 2009.
  • J. Gausemeier: Produktinnovation – Strategische Planung und Entwicklung der Produkte von morgen. Carl Hanser Verlag, München 2001.
  • H. Grupp: Messung und Erklärung des Technischen Wandels. Springer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-540-63155-0.
  • Tom Kelley, Jonathan Littman: Das IDEO Innovationsbuch. Wie Unternehmen auf neue Ideen kommen.. Econ, ISBN 3-430-15317-4

Weblinks


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