- JVA Neustrelitz
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Die Jugendanstalt Neustrelitz ist eine Jugendanstalt (JA) in Mecklenburg-Vorpommern. Sie befindet sich in Neustrelitz, der Kreisstadt des Landkreises Mecklenburg-Strelitz in Mecklenburg-Vorpommern (Deutschland).
Die JA Neustrelitz ist eine Jugendhaftanstalt für Straf-und Untersuchungsgefangene im geschlossenen Vollzug. Es besteht zudem eine kleine Abteilung für offenen Vollzug.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
1712 Totalbrand des Residenzschlosses von Herzog Adolf Friedrich III. in Strelitz Es war umgeben von Wassergräben, Sumpf und Wald. Eine Feuersbrunst legte es in der Nacht vom 24. zum 25. Oktober in Schutt und Asche. Etwa bis 1716 wurden Anstrengungen für einen Wiederaufbau unternommen, der aus verschiedenen Gründen dann doch nicht zustande kam.
1798 Herzog Carl verfügt per "Landes-Verordnung" den Bau eines Landarbeitshauses in Strelitz; auf dem Zinow'schen Felde werden Feldsteine für den Gefängnisbau ausgegraben und gesprengt. Die furchtbaren Folgen des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) hatten ihn dazu gezwungen. Die Zahl der "Armen, Bettler, Spitzbuben und des unverbesserlichen arbeitsscheuen Gesindels" war im benachbarten Preußen derartig stark angestiegen, dass dort als Gegenmaßnahme Arbeits- und Zuchthäuser errichtet wurden. Die Bettler und Vagabunden fürchteten sie und wanderten aus. Sie zogen in andere Länder und erreichten vor allem Mecklenburg-Strelitz.
1805 war das neue Gefängnis endlich fertig und Herzog Carl widmete es durch eine "Landes-Constitution" unter dem Namen "Land-Arbeits- auch Zucht- und Irrenhaus" seinem öffentlichen gemeinnützigen Zweck. Damit war es nicht nur eine Strafanstalt für Männer und Frauen, sondern auch ein Verwahrort für psychisch Kranke. Schon bald galten die Zustände als katastrophal. Wegen der gemeinsamen Unterbringung von "Wahnsinnigen" und Verbrechern gab es zahlreiche Beschwerden.
1863 Großherzog Friedrich Wilhelm plant Trennung Irrenhaus vom Zuchthaus, das Vorhaben wird nicht verwirklicht.
1902 Räumliche Trennung von psychisch Kranken und Verbrechern. Die psychisch Kranken erhielten in Domjüch eine eigene Anstalt. Die Strafanstalt fungierte weiter als Landarbeits- und Landarmenhaus sowie Zuchthaus und Ge-fängnis-Station.
Am 31. Dezember 1902 betrug die Anzahl der Insassen laut "Großherzoglich Mecklenburg-Strelitzschem Staats-Kalender für 1903" insgesamt 36 Personen, 32 männliche und vier weibliche. Entsprechend der Zeitverhältnisse stieg oder sank ihre Zahl.
1926 geriet die Strafanstalt zum ersten Mal über die Landesgrenzen hinaus in die Schlagzeilen. Am 15. Februar 1926 wurde auf dem Gefängnishof der Landarbei-ter Josef Jakubowski aus Palingen bei Schönberg hingerichtet. Damit hatte Mecklenburg-Strelitz die erste Hinrichtung im eigenen Land. Das vollstreckte Todesurteil erwies sich bald als Justizirrtum.
1931 Eingemeindung der bis dahin selbstständigen Stadt Strelitz nach Neustrelitz als Stadtteil Strelitz-Alt
1934 erfolgte der Zusammenschluss von Mecklenburg-Strelitz mit Mecklenburg-Schwerin zum Gau Mecklenburg-Lübeck. Das hatte Auswirkungen auf die administrative Verwaltung der Strafanstalt. Sie erhielt den Namen "Landesanstalt Neustrelitz-Strelitz" und war fortan eine Zweiganstalt des Landesfürsorgehauses Güstrow.
1938 Am 2. September 1938 bekam sie den Straßennamen "Friedrich-Hildebrandt-Straße" und die Hausnummer ,,2a" beigelegt. Dadurch sollte bei der Beurkundung von Geburts- und Sterbefällen die Anstalt als solche nicht gleich erkennbar sein. Als im November 1938 in Strelitz-Alt die Synagoge brannte und die Verfolgung der jüdischen Einwohner ihren Lauf nahm, wurden die meisten von ihnen in sogenannte Schutzhaft genommen und in dieses Gefängnis gesteckt.
Vor dem Zweiten Weltkrieg beginnen Umbauarbeiten: I. Obergeschoss wird Station für "männliche asoziale Lungenkranke"; 2. Obergeschoss Unterbringung von "unzurechnungsfähigen bzw. beschränkt zurechnungsfähigen Rechtsbrechern"; das große Haus wird als Abt. III, Abt. Heil- und Pflegeanstalt, bezeichnet.
1944 der katholische Pfarrer Dr. Dr. Bernhard Schwentner aus Neustrelitz als Gefangener ein halbes Jahr in diesem Gefängnis zubringen, bevor er in Brandenburg-Görden an der Havel am 30. Oktober 1944 unschuldig hingerichtet worden ist.
September bis November Inhaftierung von Hans Fallada in der Abt. III; schreibt den Roman "Der Trinker".
Ein Teil der Gefangenen wurde zu seiner Zeit mit Bürstenherstellung und Mattenflechten beschäftigt. Andere wurden in die Lufthauptmunitionsfabrik (Muna) nach Fürstensee zur Arbeit geführt. Einige nutzten die Gelegenheit um zu fliehen.
1945 Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm der russische Geheimdienst NKWD die Haftanstalt in Beschlag und führte sie als Straflager "Gefängnis Nr. 5". Viele Frauen und Männer überlebten ihre Inhaftierung nicht.
1947 Die Deutschen übernahmen die Strafanstalt offiziell wieder am 7. August 1947. Die Gebäude waren in fast unbrauchbarem Zustand.
1948 Im Januar saßen 140 Strafgefangene ein. Eine Kommission besichtigte die gesamte Anstalt und stellte fest, dass alle Häuser dringend renovierungsbedürftig sind. Die Landesbauverwaltung erteilte der Strafanstalt die Erlaubnis, aus der Neustrelitzer Schlossruine Rundeisen und Radiatoren zu erwerben. Im Juni betrug die Zahl der Gefangenen bereits 400. Es folgten notwendige Dachinstandsetzungs- und Außenputzarbeiten an verschiedenen Gebäuden. Im Zuge der Enttrümmerung von Strelitz- Alt wurde der Schlossgraben zugeschüttet.
1959 Gedenkstein für Josef Jakubowski
1999 Grundsteinlegung für neue Justizvollzugsanstalt an Wesenberger Chaussee
2000 Gedenkstein für Insassen des NKWD-Lagers
2001 Leerzug des gesamten Komplexes, Suche nach einem Käufer
Der Neubau mit der Postanschrift Am Kaulksee 3, 17235 Neustrelitz wurde am 1. April 2001 bezogen.
Belegung
Die JA Neustrelitz hat eine Kapazität von 302 Haftplätzen. Besonderheiten sind:
- 40 Haftplätze im offenen Vollzug,
- 24 Haftplätze in der Sozialtherapie für Jugendliche,
- 15 Haftplätze in der geschützten Abteilung der Jugenduntersuchungshaft,
- 15 Haftplätze für weibliche Untersuchngs- und Strafgefangene,
- ein Mutter-Kind Bereich für 2 Mütter, denen mit ihrem Kind jeweils 2 Räume zur Verfügung stehen. (Nach § 27 Abs.1 Jugendstrafvollzugsgesetz Mecklenburg-Vorpommern kann ein noch nicht drei Jahre altes Kind einer Gefangenen mit Zustimmung des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts in der Justizvollzugsanstalt untergebracht werden, in der sich seine Mutter befindet, wenn dies seinem Wohle entspricht.)
Ansonsten sind bis zu 15 Jugendliche jeweils einer Wohngruppe zugeordnet. Die Unterbringung erfolgt grundsätzlich in Einzelhafträumen, nur in Ausnahmefällen in einem Gemeinschaftshaftraum (max. 2 Personen). Für alle Gefangenen stehen Arbeitsplätze zur Verfügung, vorwiegend für die schulische und berufliche Bildung der Inhaftierten.
Vollstreckungszuständigkeit
Nach dem allgemeinen Vollstreckungsplan des Landes Mecklenburg-Vorpommern ist die JA Neustrelitz als einzige Jugendanstalt des Landes zuständig für die Vollstreckung von allen Jugendstrafen und Untersuchungshaft an jugendlichen und heranwachsenden männlichen und weiblichen Gefangenen.
Weblinks
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