Jakob Vetsch (Schriftsteller)

Jakob Vetsch (Schriftsteller)
Jakob Vetsch, genannt Mundus

Jakob Vetsch (Pseud.: Mundus; * 28. Oktober 1879 in Nesslau SG; † 22. November 1942 in Zürich) war ein Schweizer Mundartforscher und Schriftsteller. Er wurde vor allem durch seine Utopie Die Sonnenstadt bekannt, deren Ideologie er Mundismus nannte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jakob Vetsch verbrachte seine Kindheit in Wald AR und besuchte das Gymnasium in Trogen AR und in St. Gallen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris begab er sich im Jahre 1900 nach Zürich und studierte an der Universität Zürich zuerst Germanistik und Philosophie (Dr. phil.I, 1907), nachher Jurisprudenz und Nationalökonomie (Dr. iur., 1914). Im ersten Teil seines Studiums hielt sich Vetsch vom Juli 1902 bis Oktober 1903 als Deutschlehrer in London auf, wo ihn die Beobachtung der sozialen Gegensätze noch stärker berührten als dies schon in Paris der Fall gewesen war. Während des Studiums arbeitete er von 1903 bis 1914 nebenamtlich in der Redaktion des Schweizerischen Idiotikons mit, dem Wörterbuch der schweizerdeutschen Sprache. Ab 1916 engagierte sich Vetsch als Sekretär des Unternehmerverbandes schweizerischer Bierbrauer. 1918 heiratete er die Millionärstochter Marguerite Hübscher.

1922 trat Vetsch von seinem Amt zurück und begann als freier Schriftsteller zu leben. 1923 erschien sein utopisches Werk Die Sonnenstadt, in welcher er die Ideologie des Mundismus (von lat. Mundus, die Welt) literarisch gestaltete. In der Zürich nachempfundenen Sonnenstadt war zum Beispiel die Frau gleichberechtigt, behielt ihren Namen nach der Heirat und konnte ihn auch an Kinder weitergeben, das Geld war abgeschafft, die Arbeitszeit war auf 25 Wochenstunden beschränkt. Beeinflusst wurde Vetsch unter anderem von der Freigeldtheorie Silvio Gesells. Vetschs Utopie stiess weitgehend auf Ablehnung und wurde als Plagiat von Tommaso Campanellas La città del Sole bezeichnet.

Vetsch verlegte sein in mehreren Auflagen und auch in Deutschland erschienenes Werk auf eigene Kosten und musste in der Folge im April 1923 Konkurs anmelden. Ab 1927 wohnte der Schriftsteller zuerst für einige Monate im Hauptort Vaduz, dann im Weiler Rotenboden - im Dialekt „Rotaboda“ - oberhalb Triesenberg im Fürstentum Liechtenstein. Dort hat er sich an der Hilfsaktion zugunsten der vom Dammbruch des Rheins am 25. September 1927 betroffenen Bevölkerung beteiligt.

1934 liess sich Jakob Vetsch in der Zentralschweiz im Dorf Oberägeri – im „Seehöfli“ – im Kanton Zug nieder, wo er von März 1942 bis zu seinem Tod im November als Gemeindepräsident amtete.

Werke

Roman und Lehre des Mundismus

  • Die Sonnenstadt. Ein Roman aus der Zukunft für die Gegenwart. Mit einem Nachwort von Charles Linsmayer, Reihe Frühling der Gegenwart, Der Schweizer Roman 1890-1950, Zürich 1982.
  • Die Sonnenstadt. Ein Roman aus der Zukunft, von Mundus (Jakob Vetsch), Zürich 1922.
  • Die Sonnenstadt. Ein Bekenntnis und ein Weg. Ein Roman aus der Zukunft für die Gegenwart, von Mundus (Jakob Vetsch), Zürich 1923 (Sechs Auflagen).
  • Ein Kulturbild. Die Schweizer Pressestimmen von Januar bis Oktober 1923 über das bereits in 6. Auflage (31.-40. Tausend) vorliegende Werk Die Sonnenstadt, Zürich 1923.
  • Mundistische Schriftenfolge: Der Weltstaat des Mundismus! Zürich 1923, Was will der Mundismus und wie will er es? Zürich 1923, Ihr Frauen und der Mundismus. Zürich 1923, Der Mundismus als Erbe und Sieger in der Arbeiterbefreiung. Zürich 1923, Der Mundismus der Jugend! Zürich 1924, Kapitalist und Mundist. Zürich 1924.

Sprachwissenschaft und Mundartforschung

  • Wald AR (Ton), Wenker-Sätze, gesprochen und Originaltranskription von Jakob Vetsch, aufgenommen im Oktober 1909, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 2002.
  • Wald AR (Ton), Volkssage, gesprochen und Originaltranskription von Jakob Vetsch, aufgenommen im Oktober 1909, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 2002.
  • Herkunft und ursprüngliche Bedeutung des Wortes „Rood“, Appenzellische Jahrbücher 1906, S. 226–246.
  • Üseri Puuresprooch. Zum hundertsten Geburtstage des appenzellischen Dialektforschers Dr. Titus Tobler, Appenzeller Kalender, Trogen 1907.
  • Die Vokale der Stammsilben in den Appenzeller Mundarten, Dissertation an der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich. Frauenfeld 1907.
  • Die Laute der Appenzeller Mundarten, Reihe Beiträge zur Schweizerdeutschen Grammatik, Frauenfeld 1910.
  • Leiden und Freuden eines wandernden Mundartforschers, Monatsblatt des Appenzellervereins Zürich, Nr. 5, 1917.

Rechtswissenschaft

  • Die Umgehung des Gesetzes (in faudem legis agere): Theorie, Rechtsprechung und Gesetzgebung. Ein Beitrag zur allgemeinen Rechtslehre, Dissertation an der Juristischen Fakultät der Universität Zürich, Zürich 1917.
  • Zum Zollvertrag mit Liechtenstein: Der Standpunkt der Anschluss-Gegner, Werdenberger Initiativkomitee: G. Schwendener, J. Vetsch. Buchs SG 1923.

Autobiographie

  • Ein Ostersang. Zürich 1924, Privatdruck, unveröffentlicht.

Literatur

  • Fritz Schoellhorn, Utopische Schriftstellerei gegen Eigentum und Geld. Eine Gegenschrift zu dem Buche „Die Sonnenstadt“ von Dr. jur. und phil. J. Vetsch. Winterthur, 1923

Weblinks


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