Jakobusklauseln

Jakobusklauseln

Als Jakobusklauseln bzw. Aposteldekret werden in der neutestamentlichen Wissenschaft die an Heidenchristen gerichteten rituellen und ethischen Forderungen bezeichnet, die in der Apostelgeschichte des Lukas überliefert werden (Apg 15,22-29 EU). Durch diese Grundvorausetzungen sollte die Einheit der Kirche aus Juden- und Heidenchristen ermöglicht bzw. wiederhergestellt werden. Der Begriff „Jakobusklauseln“ geht auf Jakobus zurück, der möglicherweise einer der Initiatoren des Dekrets war.

Vorgeschichte

Notwendig wurde die Übereinkunft, da sich durch die Ausbreitung des Christentums auch Heiden - also Nichtjuden - zu Jesus bekannten und in die Gemeinden aufgenommen wurden. In den eschatologischen Erwartungen innerhalb des Judentums des 1. Jh. n. Chr. spielte die Erwartung der Bekehrung der Heiden zum Gott Israels eine große Rolle. Doch war man sich nicht einig darüber, wie sich das Zusammenleben von Juden und Heiden gestalten sollte. Sollten die Heiden sämtliche Gebote erfüllen, die auch für Juden galten, sich beschneiden lassen und damit sozusagen zum Judentum übertreten, oder würden ihnen die Verheißungen des Alten Testaments auch ohne diese Maßnahmen zuteil werden? Im Vorfeld des Apostelkonzils wurde ebendiese Frage heftig diskutiert. Durchgesetzt hat sich dort die zweitere Variante: die gesetzesfreie Heidenmission.

Für das Leben in den Gemeinden stellte dies eine große Herausforderung dar, da beispielsweise die Gemeinschaft mit Menschen, die sich nicht an Speisegebote hielten, für gesetzestreue Juden kultische Verunreinigung bedeutete. Die Gemeinschaft von Juden- und Heidenchristen und damit auch die Einheit der Kirche war gefährdet.

Inhalt

Um diese Gefahr zu bannen, sollten die Heidenchristen rituelle Minimalforderungen erfüllen. Diese wurden laut der Apostelgeschichte brieflich an die Gemeinde in Antiochia gesendet (Apg 15,22-29 EU), in der das Problem akut geworden war. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Forderungen:

  • 1. die Meidung des Verzehrs von Götzenopferfleisch,
  • 2. die Meidung von Unzucht,
  • 3. die Meidung des Verzehrs von Ersticktem (das heißt von nicht durch Ausbluten getöteten Tieren),
  • 4. die Meidung des Verzehrs von Blut.

Möglicherweise stellt diese Zusammenstellung eine Referenz auf bestimmte Gebote der Tora dar, das sog. „Fremdenrecht“. Diese im Buch Levitikus (Lev 18,6-18 EU) angeführten Grundregeln schreiben ein Minimum an ritueller Reinheit für Nichtjuden, die im Lande Israel leben, vor. Durch diesen Kompromiss sollte verhindert werden, dass Juden, die mit Fremden in Kontakt standen, sich rituell verunreinigen. Damit wiederum wäre die Möglichkeit gegeben, dass Juden- und Heidenchristen gemeinsam in einer Gemeinde leben können und so die Einheit der Kirche gewahrt bleibt.

Ein anderer Text, auf den sich das Aposteldekret beziehen könnte, ist der Noach-Bund (Gen 9,1-17 EU). Noach gilt als der, von dem (aus biblischer Perspektive) alle Menschen abstammen und der noch nicht der Verpflichtung der Beschneidung unterlag. Die Heidenchristen, die demnach mit Noach verglichen würden, sind aufgefordert sich wie Noach vor allem vom Blutverzehr zu enthalten.

Der historische Ort der Jakobusklauseln

Lukas überliefert die Jakobusklauseln im Rahmen seiner Darstellung vom Apostelkonzil. Da Paulus in seinem Brief an die Galater jedoch angibt, beim Apostelkonzil keine Auflagen für seine Heidenmission erhalten zu haben (Gal 2,1-10 EU), ist diese Zuordnung umstritten.

Für die Erklärung der Unterschiede beider Schilderungen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum einen ist zu erwähnen, dass beide Texte in einer zeitlichen Distanz von über 40 Jahren entstanden sind. Paulus war Augenzeuge der Ereignisse auf dem Apostelkonzil (etwa 48 n. Chr.). Die Apostelgeschichte des Lukas wird dagegen auf etwa 90 n. Chr. datiert und beschreibt die Geschichte der ersten Christen aus dem Rückblick. Darüber hinaus verfolgen beide Autoren ihr eigenes theologisches Konzept. Daher wird man annehmen können, dass die Berichte durchaus subjektive Momente aufweisen. Besonders deutlich wird das daran, dass die Apostelgeschichte eher Petrus und Jakobus ins Zentrum des Geschehens rückt, während in der Darstellung des Paulus er selbst und seine Verkündigung im Mittelpunkt steht.

Dennoch ist es kaum vorstellbar, dass Paulus in seinem Brief schreibt, die Jerusalemer Apostel Petrus, Jakobus und Johannes hätten ihm nichts auferlegt, wenn es auf dem Konzil ein derartiges, möglicherweise sogar schriftlich verfasstes Dekret gegeben hätte; versichert er doch ausdrücklich, die Wahrheit zu sagen (Gal 1,20 EU). Ein so offensichtlicher Widerspruch zu den Beschlüssen des Konzils hätte seine Argumentation untergraben. Außerdem bereitet die Annahme Schwierigkeiten, Paulus hätte einen solchen Beschluss gebilligt.

Aus diesen Gründen wird in der gegenwärtigen Forschung erwogen, ob Lukas in seinem Bericht das Aposteldekret dem Apostelkonzil fälschlicherweise zuordnet. Dies wird zum einen mit der zeitlichen Distanz begründet, aus der heraus Lukas sein Geschichtsbild entwickelt, zum anderen mit seinem Interesse, die Konflikte dieser Zeit zu harmonisieren. Demzufolge wären die Jakobusklauseln das Ergebnis späterer Konflikte, die der konsequenten Anerkennung der gesetzesfreien Heidenmission, wie sie auf dem Konzil anerkannt worden ist, erst folgten. Ein solcher Konflikt spiegelt sich beispielsweise im sog. Antiochenischen Zwischenfall wider.

Als Träger der Entscheidung der Jakobusklauseln kommen Jakobus, Petrus, möglicherweise Judenchristen aus Antiochia und auch Barnabas in Frage, Paulus aber wohl eher nicht. Zudem gibt es außer der Apostelgeschichte keine Belege dafür, dass Paulus das Dekret überhaupt gekannt hat.


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