Jakobus (Herrenbruder)

Jakobus (Herrenbruder)

Jakobus der Gerechte (auch Jakobus, Bruder des Herrn, genannt) ist im Neuen Testament der Bibel der älteste der dort namentlich erwähnten vier Brüder von Jesus von Nazaret (Mk 6,3 EU; Mt 13,55 EU) und einer der Leiter in der Jerusalemer Urgemeinde (Apg 15,13 EU; Gal 1,19 EU).

Nach katholischer und orthodoxer Auffassung wird Jakobus der Gerechte mit Jakobus, Sohn des Alphäus, und Jakobus dem Kleinen gleichgesetzt. Mit Bruder des Herrn sei ein naher Verwandter gemeint, vermutlich ein Cousin, denn Maria blieb nach katholischer Auffassung auch nach der Geburt Jesu Jungfrau (siehe Josefsehe). Eine andere Möglichkeit ist, dass Jakobus ein Sohn von Josef aus einer früheren Ehe sei, also ein Stiefbruder Jesu. Während die Reformatoren noch weitgehend der katholischen Position folgten, sehen heute viele evangelische Theologen die Geschwister Jesu als Kinder von Josef und Maria an.

Inhaltsverzeichnis

Historischer Hintergrund

Als eine der wenigen Personen des Neuen Testaments wird Jakobus von einem zeitgenössischen nichtchristlichen Schriftsteller erwähnt: Flavius Josephus beschreibt, dass er ca. 62 n. Chr. vom Hohepriester Anan ben Anan verurteilt und gesteinigt wurde.[1][2] Es ist in der Forschung umstritten, ob der Sanhedrin zur damaligen Zeit die Kompetenz hatte, Todesurteile zu vollstrecken (siehe etwa Strobel für eine ausführliche Diskussion). Die Tatsache, dass das Amt des römischen Statthalters von Jerusalem vakant war und dass der richtende Priester kurze Zeit später entlassen wurde, weist darauf hin, dass diese Kompetenz nicht bestanden hat. Als Nachfolger von Jakobus ernannte die Jerusalemergemeinde Simeon, den Sohn Clopas' (Cleophas), einen nahen Verwandten (Vetter?) Jesu.[3]

Religiöse Bedeutung

Ikonendarstellung des Jakobus.

Zunächst hatten Jakobus und seine Brüder nicht an Jesu Sendung geglaubt ((Joh 7,5 EU)). Es wird angenommen (Exegese), dass sie erst zum Glauben kamen, nachdem der Auferstandene dem Jakobus erschienen war ((1 Kor 15,7 EU)). In der Jerusalemer Urgemeinde[4] war dann die Autorität von Jakobus unumstritten. Im Jahre 49 auf dem Apostelkonzil in Jerusalem spielte Jakobus eine ausschlaggebende Rolle (Siehe Jakobusklauseln). Paulus suchte Jakobus in Jerusalem auf ((Gal 1,19 EU)) und bezeichnet ihn als Apostel.

Jakobus wird als der Verfasser des Jakobusbriefs im Neuen Testament angesehen. Auch die Jakobus-Liturgie, die älteste überlieferte christliche Liturgie und Grundlage vieler späterer Liturgien, wird auf ihn zurückgeführt. Diese Liturgie wird im orthodoxen Patriarchat von Jerusalem bis heute an seinem Namenstag gefeiert. Sowohl bei dem Brief als auch bei der Liturgie ist in der Forschung umstritten, ob die Zuschreibung der historischen Realität entspricht.

Das sogenannte Jakobus-Ossuar

2001 wurde in der Tel Aviver Antiquitäten-Sammlung von Oded Golan auf einem Ossuar (Knochenkasten) aus Kalkstein eine aramäische Inschrift entdeckt, die nach einer ersten paläografischen Analyse aus dem 1. Jh. n. Chr. zu stammen schien: יעקוב בר יוסף אחוי דישוע - Ya’aqôv bar Yôsef achûy (= achû[h]î) daYeschûa’ , übersetzt: „Jakob, Sohn des Josef, (sein) Bruder des Jesus“. Ossuare wurden für die Sekundärbestattung von Knochen verwendet.

Der Mini-Sarkophag soll von Grabräubern im Süden Jerusalems gefunden und Ende der 70er Jahre in den Antiquitätenhandel gelangt sein. Der Fund wurde im Oktober 2002 in Washington vom Fernsehsender Discovery Channel und der Zeitschrift Biblical Archaeology Review medienwirksam vorgestellt. 2002/2003 wurde das Ossuar im Royal Ontario Museum von Toronto ausgestellt und am 21. Juli 2003 von der Polizei in Golans Haus beschlagnahmt.

Während Forscher wie André Lemaire (renommierter Epigraphiker an der École Pratique des Hautes Études in Paris) die Echtheit für möglich gehalten hatten, waren andere wie Pater Joseph A. Fitzmyer von der Catholic University of America in Washington (D. C.) oder Jeffrey R. Chadwick von der Brigham Young University sogleich skeptisch. Die letzten 9 Buchstaben („Bruder des Jesus“) schienen sich im Schreibstil von den ersten 11 zu unterscheiden.

Die israelische Antikenverwaltung (Israel Antiquities Authority) gab eine epigrafische, mikroskopische und geochemische Untersuchung in Auftrag. 2003 kam die Untersuchungskommission zu dem Ergebnis, die Inschrift des Zusatzes auf dem Ossuar sei eine Fälschung, die nachträglich in eine Verwitterungsschicht auf der Rückseite eines alten Ossuars eingeritzt und künstlich mit einer Patina versehen wurde.

2007 geriet das Ossuar wieder in die Medien, als der Filmproduzent und Regisseur James Cameron in seinem sehr umstrittenen Film „Das Jesus-Grab“ behauptete, das Ossuar stamme aus dem im Jahr 1980 gefundenen Grab im südlichen Jerusalemer Vorort Talpiot, welches er als das Grab Jesu identifiziert haben will. Der amerikanische Journalist Ted Koppel hat in seiner Sendung „The Lost Tomb of Jesus - A Critical Look“ behauptet, der Leiter des Suffolk Crime Lab habe nie bestätigt, dass die Patina des Jakobus-Ossuars mit der Patina des in dem Grab gefundenen Yeshua-Ossuars übereinstimme. Des Weiteren soll Professor Amos Kloner, der leitende Archäologe der Ausgrabung des Grabes von 1980, gegenüber Koppel mündlich bestätigt haben, dass das später vermisste Ossuar nicht mit dem Jakobus-Ossuar übereinstimmen kann, da dieses weder über eine Inschrift noch über eine Rosette verfügte.

Gedenktag

Seine Kopfreliquie wird in Ancona verehrt. Er wird mit einer Walkerkeule abgebildet.

Fußnoten

  1. Flavius Josephus, Jüd. Altertümer XX,9.1.
  2. Eusebius von Caesarea, Ecclesiastical History II, 23.
  3. Eusebius von Caesarea, Ecclesiastical History III, 11.
  4. Siehe auch unter Nazoräer.

Literatur

  • August Strobel: Die Stunde der Wahrheit: Untersuchungen zum Strafverfahren gegen Jesus. J.C.B. Mohr Tübingen 1980, ISBN 3-16-143041-7
  • Jakob Lorber: Jugend Jesu
  • Nikolaus Glattauer: Jakobus, Stiefsohn Gottes, Roman, Jung und Jung Salzburg und Wien 2002, ISBN 3-902144-45-9
  • André Lemaire: Burial Box of James the Brother of Jesus, in: Biblical Archaeology Review 28/6 (Nov./Dez. 2002), S. 24-33
  • Neil Asher Silberman und Yuval Goren, Faking Biblical History, in: Archeology 56/5 (Sept./Okt. 2003), S. 20-29, ISSN 0003-8113

Weblinks


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