- Jean Giono
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Jean Giono (* 30. März 1895 in Manosque im Département Alpes-de-Haute-Provence; † 9. Oktober 1970 ebenda) war ein französischer Schriftsteller, der vor allem in seinen frühen Prosawerken naturreligiöse Vorstellungen vertrat. Unter „zivilisationsmüden“ Menschen übten und üben sie beträchtlichen Einfluss aus.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Der Sohn eines Schusters und einer Büglerin wuchs in Armut auf. Während seiner Schulzeit erkrankte sein Vater schwer, so dass er die Schule verlassen und Geld verdienen musste. Aus dem Ersten Weltkrieg kehrte er unter dem Eindruck des Soldatentodes seines Freundes Louis David als Pazifist zurück. Neben seiner Erwerbsarbeit in einer Bank versuchte er sich als Romancier. Um 1930 debütierte er mit den Romanen Colline und Naissance de l’Odyssée (Die Geburt der Odyssee), die auf Anhieb einschlugen. Dadurch war er in der Lage, in seinem Heimatort Manosque ein Haus zu erwerben, Lou Paraïs genannt, und sich ganz der Schriftstellerei zu widmen.
1935 bildete sich bei einem Landaufenthalt um Giono und seinen Freund Lucien Jacques ein Gesprächskreis naturverbundener und pazifistisch gesinnter Menschen, die gemeinsam die Cahiers du Contadour veröffentlichten. Ironischerweise platzte die Kriegserklärung vom 1. September 1939 in das Jahrestreffen der Contadoureans – es war das letzte. Schon vor dem Krieg als angeblicher Sympathisant der Nazis für kurze Zeit ins Gefängnis gesteckt, kam Giono nach der Befreiung (1944) wegen des Verdachts auf Kollaboration mit den deutschen Besatzern erneut für fünf Monate in Haft. Anklage wurde nie erhoben, gleichwohl wanderte Gionos Name auf die „Schwarze Liste“, so dass er für mehrere Jahre (bis 1947) der Möglichkeit zu publizieren beraubt war. 1954 wurde er allerdings in die renommierte Académie Goncourt aufgenommen.
An die Freude
Neben Jaques war Giono mit dem Essayisten Jean Guéhenno, dem Maler Georges Gimel und mit André Gide befreundet, der ihn einmal den Vérgil der Provence nannte.[1] Von den Kriegsjahren 1914-18 abgesehen, lebte Giono stets in seiner provenzialischen Heimat. Ein Parisaufenthalt 1929 konnte ihn darin nur bestärken.[2] Er liebte die Natur. Entsprechend pries er in seinen Werken, die häufig in der Haute Provence spielen, neben der antiken Mythologie das schlichte Leben der erdverbundenen Bauern und Hirten. Mit seiner poetisch-pantheistischen Botschaft gewann er in den 1930er Jahren besonders unter der Jugend zahlreiche Anhänger.[3] Gionos Roman Que ma joie demeure (Bleibe, meine Freude), 1935 erschienen, sei damals „eher als philosophisches Handbuch für eine neue Lebenskunst denn als literarisches Werk aufgenommen“ worden, heißt es in Kindlers Neuem Literaturlexikon. „Aus diesem Grund kam es zu manchen Konflikten zwischen Giono und seinem begeisterten Publikum, denn der Autor mußte viele Leser enttäuschen, die sich ratsuchend an ihn wandten.“[1] Im Tonfall nüchterner, dafür von komplizierterer Bauart waren Gionos Nachkriegswerke, in denen nun, statt der Natur, der Mensch im Vordergrund stand. Die Kritik spricht von seiner Stendhal-Periode. Das stärkste Echo erzielte er mit dem Roman Le Hussard sur le toit (Der Husar auf dem Dach) von 1951, der auch verfilmt wurde.
Werke
Ein ausführliches Verzeichnis findet sich unter anderem in der französischsprachigen Wikipedia.[4]
- Auf Deutsch erschienen
- Der Berg der Stummen. 1929
- Die Ernte. 1930
- Die große Herde, 1932 (siehe auch Le Grand Troupeau. 1931)
- Der Hügel. 1932
- Der Träumer. 1934
- Das Lied der Welt. 1934
- Lebendige Wasser. 1935
- Einsamkeit des Mitleids. 1935
- Die Geburt der Odyssee. 1936
- Sternenschlange. 1937
- Vom wahren Reichtum – mit 112 Photos von Gerull-Kardas, Zürich 1937
- Melville zum Gruß. 1944[5]
- Die starken Seelen, Noah 1947
- Triumph des Lebens. 1949
- Bleibe, meine Freude,1949
- Die große Meeresstille. 1949
- Die Nonna. 1950
- Ein Mann allein. 1951
- Der Husar auf dem Dach. 1955
- In Italien, um glücklich zu sein. 1955
- Die polnische Mühle. 1957
- Die Affäre Dominici
- Das unbändige Glück. 1959
- Ennemonde. 1968
- Die Terrassen der Insel Elba
- Bergschlacht
- Der Schotte
- Der Mann, der Bäume pflanzte
- Angelo Pardi
- Die Leidenschaft des Herzens. 1982
- Jean der Träumer. Neuausgabe 1991
- Der Deserteur. 1992
Verfilmungen
- Literarische Vorlage
- 1934: Angèle (nach Un de baumugnes)
- 1937: Das Mädchen und der Scherenschleifer (nach Regain)
- 1938: Des anderen Weib (nach La femme du boulanger)
- 1958: Wenn die Flut kommt (nach L’eau vive) – Regie: François Villiers
- 1962: Grausame Hände / auch: F.L.A.S.H. (nach Les grands chemins)
- 1965: Und die Wälder werden schweigen (nach Le chant du monde)
- 1990: Der Mann der Bäume pflanzte (nach L’homme qui plantait des arbres) youtube.com
- 1995: Der Husar auf dem Dach (nach Le hussard sur le toit)
- 2001: Die starken Seelen (nach Les âmes fortes)
- Drehbuch
- 1963: Ein König allein (nach Un roi sans divertissement)
- 1968: Stern des Südens / The Southern Star
Briefwechsel
- mit André Gide, Lyon 1983
- mit Lucien Jacques, Paris 1981 und 1983
- mit Pierre Citron und Jean Guéhenno, Paris 1991
- mit Jean Paulhan, Paris 2000
Literatur
- P. R. Robert: Jean Giono et les techniques du roman, Berkeley 1961
- F. Antonietto: Le mythe de la Provence dans les peremiers romans de Jean Geiono, Aix-en-Provence 1961
- P. de Boisdeffre: Giono, Paris 1965
- M. A. Smith: Jean Giono, New York 1966
- W. D. Redfern: The Private World of Jean Giono, Oxford 1967
- Nouvelle Revue Française Nr. 218, 1971, Sondernummer Giono
- Claudine Chonez: Giono, Paris 1973
- N. L. Goodrich: Giono, Master of Fictional Modes, Princeton 1973
- M. M. Girard: Jean Giono, méditerranéen, Paris 1974
- R. Bourneuf (Hrsg.): Les critiques de notre temps et Geiono, Paris 1977
- Y. A. Favre: Giono et l’art du récit, Paris 1978
- J. Mény: Jean Giono et le cinéma, Paris 1978
- A. J. Clayton: Pour une poétique de la parole chez Giono, Paris 1978
- J. Chabot: La Provence de Giono, Aix-en-Provence 1980
- Alfred Campozet: Le Pain d’étoiles: Giono au Contadour, Périgueux 1980
- H. Godard (Hrsg.): Album Giono, Paris 1980
- Cahiers Giono (Tagebücher) ab 1981
- Giono aujourd’hui, Aix-en-Provence 1982
- Jean Carière: Jean Giono, qui suis-je?, Lyon 1985
- J. Ferdinand: La re-création dans l’homme par Giono, Sherbrooke 1987
- Julie Sabiani: Giono et la terre, Édition Sang de la Terre, 1988
- Pierre Citron: Giono, Paris 1990
- Pierre Magnan: Pour saluer Giono, Paris 1990
- Marceline Jacob-Champeau: „Le Hussard sur le toît“. Jean Giono, Paris 1992
- Maurice Chevaly: Giono vivant, Marseille 1995
- Jean-François Durand: Jean Giono – le Sud imaginaire, Edisud, 2003
- Aline Giono: Mon père, contes des jours ordinaires (Mein Vater, Geschichten von gewöhnlichen Tagen), Paris 2003
- Henri Godard: Giono: Le roman, un divertissement de roi, Paris 2004
- Ralf Nestmeyer: Französische Dichter und ihre Häuser, Frankfurt 2005
- Annick Stevenson: Blanche Meyer et Jean Giono, Actes Sud, 2007
- Pierre-Emile Blairon: Giono: la nostalgie de l’ange, Prolégomènes, 2009
Features
- Jacques Mény: Le Mystère Giono, ein Film, 1995
- Sabine Korsukéwitz: Das wilde Herz der Provence. Die Haute Provence bei Jean Giono und Pierre Magnan, Deutschlandradio Kultur, 14. Juni 2005
Einzelnachweise
- ↑ a b Kindlers Neues Literaturlexikon, Ausgabe München 1988
- ↑ Winfried Engler: Lexikon der französischen Literatur. 2. verbesserte Auflage, Stuttgart 1984
- ↑ Deutsche Literaturliebhaber könnten sich an Ernst Wiechert und Ernst Kreuder erinnert fühlen.
- ↑ Bibliographie de Jean Giono
- ↑ Gemeinsam mit Lucien Jaques und Joan Smith übersetzte Giono 1939 für die Cahiers du Contadour Melvilles Moby Dick
Weblinks
Commons: Jean Giono – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Jean Giono – Quellen und Volltexte (Französisch)- Literatur von und über Jean Giono im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biblioweb: Biografie, Bibliografie, Analyse (auf französisch)
- Jean Giono. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Université McGill: le roman selon les romanciers (auf französisch) Bestandsaufnahme und Analyse der non-fiction Schriften von Jean Giono
- Centre Jean Giono in Manosque
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