Jens Sörensen Wand

Jens Sörensen Wand

Jens Sörensen Wand (nach einigen Quellen auch Wandt; * 1875 in Dänemark; † 26. Mai 1950 bei Norderoog) war Vogelschützer und Vogelwart auf der Hallig Norderoog.

Inhaltsverzeichnis

Sein Wirken als Vogelwart

Wand versah jahrzehntelang bis zu seinem Tode für den Vogelschutzverein Jordsand den Dienst als Vogelwart auf der sonst unbewohnten und unbefestigten Hallig Norderoog im Nordfriesischen Wattenmeer. Zum ersten Mal kam er im Mai 1909 auf die damals 18 ha große Vogelschutzhallig, wo er seitdem, mit einigen längeren Unterbrechungen, von 1932–1950 aber durchgängig, lebte.[1] Zunächst zusammen mit seiner Frau (sie ertrank 1916 im Wattenmeer) bewohnte er auf Norderoog eine durch den Vogelschutzverein errichtete Holzhütte, einen Pfahlbau mit nur einem bewohnbaren Raum.[2] Nur die Zeit von November bis März verbrachte er in Husum.

Zu seinen Aufgaben als Vogelwart zählten: das Führen der Vogelstatistik, das Zählen der verschiedenen Bestände, die Auflistung der Populationen mit Zu- und Abgängen. Ferner die Befestigung der Halligkante unter Anleitung des Maschinenbauamts Husum, das auch die Materialien dafür zur Verfügung stellte.[3] Krönung seines außergewöhnlichen Lebens war die Erhaltung der Brandseeschwalbenkolonie auf Norderoog.

Seine eigentümliche Persönlichkeit

Um das Leben und Wirken von Jens Wand, den man als „Vogelkönig von Norderoog“ oder auch als „Hallig-Robinson“ bezeichnete, rankte sich manche Legende. Es hieß zum Beispiel, er hätte kaum die Schule besucht. Er behauptete von sich, als junger Mann schon, ehe er auf die Hallig kam, alle Meere der Welt befahren zu haben.

Wer Jens Wandt noch persönlich erlebt hat, schildert ihn als eigensinnigen Charakter mit eher derben Umgangsformen. („...unter dessen rauher Schale ein so väterliches Herz für Gottes Vogelwelt schlug“.[4]) Er war ein Eigenbrötler, der sich - nach zahlreichen persönlichen Enttäuschungen - von seinen Mitmenschen abwandte und die Einsamkeit suchte. An die Wand seiner Hütte auf Norderoog hatte er mit weißer Kreide den Vers geschrieben: „Von meinen letzten falschen Freunden geschieden, leb’ ich hier in stillem Frieden. Jens Wand.“[5]

Auf sein Äußeres legte er so gar keinen Wert. Dennoch war dieser schrullige Vogelwart selbst in seiner abgetragenen Kleidung eine würdevolle Persönlichkeit! Kein Wunder, dass man ihn wohl zu den meistgemalten und am häufigsten photographierten Halligbewohnern der damaligen Zeit zählte. Ein typisches Bild zeigt ihn mit abgewetzter, zerlumpter Kleidung, in der Hand einen dicken Eichenknüppel. Sein eigenes Ende vorausahnend, soll er im Frühjahr des Jahres 1950 gesagt haben: „Eenmal halt de Woogen mi doch“.[6]

Sein Tod im Wattenmeer

Kurze Zeit später, in der Nacht zum 26. Mai 1950, starb der greise, aber noch immer rüstige „Vogelkönig“ tatsächlich den Wattentod, als er eine Filmgesellschaft sicher über die Watten zur benachbarten Hallig Hooge zurückgeleitet hatte und anschließend, begleitet von einem Wandergenossen, auf dem Rückweg seine geliebte Vogelhallig verfehlte. Als Nebel aufzog, kam es zwischen ihnen zu einem Streit darüber, welchen Weg sie für den Rückmarsch wählen sollten. Sie konnten sich nicht einigen: Jens Wand bestand auf seiner Kenntnis des Wattenmeers, der andere vertraute der Unbestechlichkeit seines Kompasses - und so ging man getrennte Wege. Der Wandergenosse kam auf Norderoog an. Jens Wand wurde angeblich am nächsten Tag noch auf dem Japsand gesehen, wurde jedoch am folgenden Tag tot auf Norderoog angespült. Er konnte der aufkommenden Flut nicht mehr entfliehen, erlitt einen Gehirnschlag und ertrank. Ausgerechnet er, der im Wattenmeer wie kaum ein anderer zu Hause war, fand hier sein Ende.

Davon berichten die Husumer Nachrichten am 30. Mai 1950 wie folgt: (Auszug):

Wie wir bereits berichteten, ertrank der seit über 40 Jahren als Vogelwärter des Vereins ‚Jordsand‘ auf der Hallig Norderoog tätige 76jährige Jens Wandt (sic!) in einem Priel zwischen Hooge und Norderoog. In Begleitung des zur Zeit mit Filmaufnahmen beschäftigten Herrn Venzl ging der alte Jens Wandt morgens um zwei in völliger Dunkelheit von seiner Vogelhallig, um einen Besucher aus Rendsburg nach Hooge zu bringen. Letzterer beabsichtigte, gegen vier Uhr mit einem Halligboot zum Festland zu fahren. Auf dem Rückweg kamen bei bereits aufkommenden Wasser, der alte Jens Wandt und Herr Venzl vom Kurs ab. Trotz mehrfachen Abratens durchwatete Wandt einen Priel in der Annahme, dass es eine Rinne sei, die zwischen Norderoog und Hooge verläuft. Herr Venzl ließ sich auf das Unternehmen nicht ein und ging etwa in gleicher Richtung zurück. Nach kurzer Zeit erblickte er verschwommen bei allmählich aufkommender Helligkeit im Süden die Hallig Norderoog. Im Glauben, dass auch Jens Wandt bald ankommen würde, steuerte er auf die Hütte zu. Jens Wandt kam aber nicht mehr auf seine Vogelhallig zurück. Er wurde von Herrn Venzl dann noch einmal auf der gegenüberliegenden Sandbank gesichtet. Bei einem Gang auf Umwegen nach Norderoog ist Wandt bei einem erneuten Versuch, durch den Priel zu kommen, einem Gehirnschlag erlegen. Am folgenden Tag trieb seine Leiche - wie die seiner Frau vor 34 Jahren - vor der Abbruchkante seiner geliebten Hallig an.[7]

Seine Beerdigung

Auf dem Friedhof der Hallig Hooge liegt Jens Wand begraben. Während seiner Beerdigung soll eine Schwalbe zwitschernd in der Halligkirche hin und her geflogen sein, als wollte sie dem "König von Norderoog" letzte Grüße seiner Schützlinge bringen. Hermann Neuton Paulsen beschreibt diese Szene in seiner ihm eigenen Sprache wie folgt:

„Kurz bevor die Kirchentür geschlossen wurde, kam ein flinkes Schwälbchen herbeigesegelt, kreiste zwitschernd über der großen Trauergemeinde, flog hin und her, über den Sarg und begleitete Totenpredigt und Grabgesang mit seinen fröhlichen Melodien, jeden wissen lassend, dass über der irdischen Vergänglichkeit doch das Leben steht. Und dann senkten sie ihn ins Grab. Die Rückfahrt nach Süderoog war unbeschreiblich schön. Es wurde viel von Jens Wand gesprochen, als unser Boot noch einmal an seiner Wirkungsstätte Norderoog vorbeiglitt.“[8]

Einzelnachweise

  1. Claudia Banck: Mehr wissen über die Halligen, Wachholtz Taschenführer, Band 3, o. J. ISBN 3-529-05004-0, S. 131.
  2. Brar Volkert Riewerts: Mit Herz und frischer Brise. Hermann Neuton Paulson und die Hallig Süderoog, Verlag Nordfriisk Instituut, Bredstedt, 1996
  3. Riewerts. S. 102
  4. Hermann Neuton Paulsen in einem Rundbrief, In: Riewerts, 1996
  5. Erich Wohlenberg: Die Halligen Nordfrieslands. Heide/Holstein, 5. erw. Auflage, 1985
  6. Banck, S. 131
  7. http://www.hooge-aktuell.de/Unternehmungen/Norderoog/Jens_Wandt/body_jens_wandt.html
  8. Riewerts, S. 103

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