Johannes Tzetzes

Johannes Tzetzes

Johannes Tzetzes (* um 1110 in Konstantinopel; † um 1180 ebenda) war ein byzantinischer Gelehrter, durch dessen umfangreiches Kommentarwerk zu klassischen Autoren viele Informationen über die griechische Literatur der Klassik und des Hellenismus erhalten wurden.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach einer guten Ausbildung war Tzetzes in jungen Jahren Sekretär des Eparchen von Beroia, der ihn Hals über Kopf hinauswarf, als er erfuhr, dass Tzetzes seiner Frau nachstellte. Tzetzes verbrachte darauf einige Zeit in Armut und musste fast alle seine Bücher verkaufen. Neben seiner Tätigkeit als Schreiber (grammateus) ernährte ihn bald auch die eines Lehrers (grammatikos), in der er, sicher auch aufgrund familiärer Beziehungen, die bis ins Kaiserhaus reichten, bald sehr erfolgreich wurde. So wurde er beauftragt, Bertha von Sulzbach, die spätere Frau des Kaisers Manuel I., nach ihrer Ankunft in Byzanz in der Literatur ihrer neuen Heimat zu unterrichten. Er lebte offenbar lange Zeit in einem Kloster und wurde von den Mönchen als Gegenleistung für seinen Unterricht versorgt.

Tzetzes war außerordentlich von sich eingenommen, attackierte vermeintliche Konkurrenten heftig und klagte zugleich regelmäßig über seine materielle Lage, die es ihm nicht erlaube, die für ihn wichtigen Bücher zu kaufen.

Sein Bruder dürfte Isaak Tzetzes (gr.: Ἰσυάκιος Τζέτζης) gewesen sein.

Werke

Aus der Zeit von 1135 bis 1170 sind 107 Briefe von ihm an hochgestellte Persönlichkeiten, aber auch an fiktive Charaktere überliefert, die einerseits wertvolle zeitgeschichtliche und biographische Auskünfte enthalten, andererseits breitet der Autor bereits hier ein umfangreiches mythologisches, literarisches und historisches Wissen aus. Als Kommentar zu diesen Briefen (!) verfasste Tzetzes sein Hauptwerk, den Biblos historion ("Buch der Geschichten"), eine Sammlung von 660 Anmerkungen und Exkursen in 12674 Fünfzehnsilbern, sogenannten "politischen Versen". Weil das Werk bei seinem ersten Druck 1546 in Basel vom Herausgeber willkürlich in Abschnitte von je tausend Versen geteilt wurde, trägt es seither auch den Namen Chiliades, "Tausender".

Ebenfalls in "politischen Versen" schrieb er Homerische Allegorien, Auslegungen der Ilias und der Odyssee nach allen in der Antike gebräuchlichen Verfahren. Er widmete das Werk der neuen Kaiserin, die inzwischen den Namen Irene trug. Daneben schrieb er einen Kommentar zur Ilias, in dem er andere Auslegungen angriff, und die später so genannten Carmina Iliaca, "Gedichte zur Ilias" in drei Teilen: Der erste enthält Geschichten aus dem trojanischen Sagenkreis, die vor der Handlung der Ilias spielen, der zweite den Stoff der Ilias, der dritte spätere Ereignisse, die nicht mehr von Homer berichtet werden. Tzetzes kommentierte auch seine Carmina.

Bereits in jungen Jahren verfasste er Scholien zu Hesiod, zu mehreren Komödien des Aristophanes (Der Reichtum, Die Wolken, Die Frösche, Die Ritter, Die Vögel) und zur Alexandra Lykophrons. Als Autor des letzteren Werks wird in den Handschriften sein 1038 gestorbener Bruder Isaak genannt, da aber alles auf Johannes weist, wird angenommen, dass die Nennung Isaaks eine Art Widmung darstellt.

Dazu kommen Schriften zur Dichtkunst, teilweise selbst wieder in Gedichtform, zur Logik (ein Kommentar zu Porphyrios' Einleitung zur Kategorienschrift des Aristoteles), zur allegorischen Mythenauslegung, eine Schrift Über die Entstehung der Götter, Anmerkungen zu Klaudios Ptolemaios, Pindar, Aischylos, Euripides, Thukydides usw.

Dass Tzetzes viele theoretische Werke und Kommentare in Gedichtform schrieb, hängt mit ihrer Verwendung im Unterricht zusammen: Sie waren so leichter einprägbar.

Bedeutung

Von zahlreichen Autoren lagen Tzetzes wesentlich umfangreichere Ausgaben vor als uns heute. Andererseits zitiert er oft nicht korrekt, offenbar aus dem Gedächtnis. Dennoch stellen seine Schriften wichtige Quellen zur antiken Literatur und Kulturgeschichte dar.

Literatur

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Johannes Tzetzes — Johannes Tzẹtzes,   byzantinischer Dichter, * Konstantinopel um 1110, ✝ um 1180; schrieb u. a. Gedichte sowie Scholien (»Allegorien«) in Versen zu altgriechischen Werken (»Ilias«, »Odyssee«, Hesiods »Werke und Tage«, Aristophanes u. a.) sowie… …   Universal-Lexikon

  • Tzetzes — Johannes Tzetzes (* um 1110 in Konstantinopel; † um 1180 ebenda) war ein byzantinischer Gelehrter, durch dessen umfangreiches Kommentarwerk zu klassischen Autoren viele Informationen über die griechische Literatur der Klassik und des Hellenismus… …   Deutsch Wikipedia

  • Tzetzes — Tzetzes, 1) Johannes, griechischer Dichter u. Grammatiker, lebte um die Mitte des 12. Jahrh. zu Constantinopel u. schr.: Ἰλιακά (welche in drei Abtheilungen, Antehomerica, Homerica u. Posthomerica zerfallen), herausgeg. von Schirach, Halle 1770;… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Tzetzes — Tzetzes, Johannes, griech. Grammatiker und Dichter, lebte um 1110–80 n. Chr. in Konstantinopel und war ein für seine Zeit sehr belesener, aber oberflächlicher und dünkelhafter Gelehrter. Der Wert seiner zahlreichen Schriften beruht auf dem aus… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Tzetzes — Tzetzes, Johannes, byzant. Grammatiker und Dichter des 12. Jahrh. n. Chr., lebte zu Konstantinopel …   Kleines Konversations-Lexikon

  • JOHANNES Abbas montis Cassini — Chronici auctor. Obiit A. C. 934. Leo Ostiens. Item Anachoteta, Propheta, sub Theodosio Imp. A. U. C. 1147 Sozom. l. 8. c. 1. Item, Italus, Monachus, auctor vitae Odilonis, Abbatis Cluniac. Item, auctor vitae Petri Damiani Card. Item, Italus,… …   Hofmann J. Lexicon universale

  • Tzetzes — Tzẹtzes,   Johannes, byzantinischer Dichter, Johannes, J. Tzetzes.   …   Universal-Lexikon

  • John Tzetzes — John (Johannes) Tzetzes (Ιωάννης Τζέτζης), (c. 1110 ndash; 1180) was a Byzantine poet and grammarian, known to have lived at Constantinople during the 12th century.Tzetzes was Georgian on his mother s side (and self consciously Georgian [Kazhdan …   Wikipedia

  • ИОАНН ЦЕЦ — [греч. ᾿Ιωάννης Τζέτζης] (ок. 1110 или 1112 после 1180 или 1185), визант. писатель. Источники Биография И. Ц. в основном реконструируется благодаря его эпистолярному наследию. Сохранилось и опубликовано собрание из 2 книг, включающее 107… …   Православная энциклопедия

  • Laokoon — Künstlerische Darstellung von Laokoon kurz vor seinem Tod (Detail der Laokoon Gruppe) Laokoon (altgriechisch Λᾱοκόων /Laːokóɔːn/) war in der griechischen und römischen Mythologie ein trojanischer …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”