Jonas Mekas

Jonas Mekas
Jonas Mekas (2008)

Jonas Mekas (* 24. Dezember 1922 in Semeniškiai bei Biržai, Litauen) ist ein litauischer Filmregisseur, Schriftsteller und Kurator. Er wurde oft „der Pate des amerikanischen Avantgardekinos“ genannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Im Jahre 1944 wurden Mekas und sein jüngerer Bruder Adolfas von den Nazis inhaftiert und für acht Monate in ein Arbeitslager in Elmshorn gesperrt. Aufgrund der sowjetischen Besetzung konnte er nach dem Krieg nicht nach Litauen zurückkehren und galt als heimatlose displaced person. Unterkunft fand er in DP-Lagern in Wiesbaden und Kassel. Von 1946-48 studierte Mekas Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Ende 1949 emigrierte er mit seinem Bruder in die Vereinigten Staaten, wo er sich in Williamsburg, New York niederließ. Kurz nach seiner Ankunft kaufte sich Mekas eine 16-mm-Kamera von Bolex und begann Momente aus seinem Leben zu filmen. Bei Veranstaltungen wie beispielsweise Amos Vogels cinema 16 entdeckte er den Avantgardefilm für sich und begann ab 1953 eigene Filme zu drehen. Bald wurde Mekas zu den Schlüsselfiguren des New American Cinema.

Er gründete die Zeitschrift Film Culture (1954–1996), die heute als maßgebliche Institution für die Entstehung des US-amerikanischen Autorenfilms gilt. Seit 1958 hat er Filmkritiken für das New Yorker Stadtmagazin The Village Voice in seiner Kolumne Movie Journal geschrieben. 1962 gründete er mit Emile de Antonio die unabhängige Film-makers’ Cooperative, einen Zusammenschluss freischaffender Experimentalfilmer, und 1964 die ihm angeschlossene Film-Makers’ Cinematheque als Forum zur Aufführung von deren Filmen. Aus ihr ging 1970 das ebenfalls von Mekas gegründete Projekt Anthology Film Archives hervor, das die weltgrößte Sammlung von Avantgarde-Filmkunst beherbergt. Er arbeitete mit Künstlern wie Andy Warhol, Nico, Yoko Ono, John Lennon, Salvador Dalí und seinem Landsmann George Maciunas zusammen.

Obwohl seine erzählenden und seine Dokumentarfilme hoch geschätzt werden, ist Mekas am besten für seine Tagebuchfilme bekannt, darunter Walden (1969), Lost, Lost, Lost (1975), Reminiscences of a Voyage to Lithuania (1972), und Zefiro Torna (1992). 2001 kam ein vierstündiger Tagebuchfilm mit dem Titel As I Was Moving Ahead, Occasionally I Saw Brief Glimpses of Beauty heraus, den Mekas aus dem Material zusammenstellte, das er in über 50 Jahren mit seiner Bolex aufgenommen hatte.

2007 wurde Mekas mit dem Sonderpreis zum Roswitha Haftmann-Preis ausgezeichnet. 2008 erhielt er von Bundespräsident Heinz Fischer das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst.

Mekas lebt und arbeitet in New York City.

In Litauen wird Mekas auch als Dichter hoch geschätzt.

Zitat

„Zuerst muss ich sagen, dass ich kein sehr nachdenklicher Mensch bin. Die Leute denken zu viel. Und sie nehmen sich zu ernst. Ich lebe ohne Plan. Mein grösste Entdeckung war zu verstehen, dass ich nichts tun muss: Alles, was ich tun muss, ist zuzulassen, dass die Dinge passieren können ... ihnen nicht im Weg stehen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich andere Filmemacher oder Künstler beeinflusst habe. Meine Aufgabe war die einer Hebamme, die zerbrechlichen, neugeborenen Wesen hilft, die ersten Schritte in dieser Welt zu überleben. Mein Aufgabe war die eines Beschützers, der hilflose Neugeborene vor den Angriffen des Establishments schützt. Sich selbst ernst zu nehmen, sei es in der Kunst oder im Leben, ist unsinnig. Kunst oder Leben ohne Humor ist nicht lebenswert.“

Quelle: Revolver. Zeitschrift für Film, Heft 12, 2005

Literatur

  • Barbara Engelbach (Hrsg.): Jonas Mekas (Ausstellungskatalog Museum Ludwig, Köln). Koenig, London 2008. ISBN 978-3-86560-562-7

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