Josef Kneifel

Josef Kneifel

Josef Kneifel (* 15. November 1942 in Weißig, Niederschlesien) ist ein Attentäter, der in der DDR einen Bombenanschlag auf ein sowjetisches Panzerdenkmal in Karl-Marx-Stadt ausführte und dafür zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Leben

Kneifel wuchs bei Pflegeeltern in Sachsen auf, absolvierte eine Lehre als Fleischer, später als Dreher und arbeitete im VEB Erste Maschinenfabrik Karl-Marx-Stadt. Er wurde Mitglied der FDJ und der Freiwilligen Helfer der Volkspolizei.

Aufgrund der gegensätzlichen Realität der DDR im Vergleich zu den selbst aufgestellten Ansprüchen und den Ereignissen des Prager Frühling 1968 stellte Kneifel 1972 einen Ausreiseantrag. Nach systemkritischen Äußerungen im Rahmen einer Brigadediskussion seines Betriebes wurde er nach sechs Monaten Untersuchungshaft am 28. August 1975 zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt, die er in Magdeburg verbrachte. Danach verlor er seinen ursprünglichen Arbeitsplatz, bis er in einer kleinen Metallfirma eine neue Einstellung fand.

Am 9. März 1980, nach eigener Aussage als Reaktion auf den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan, fuhr Kneifel zum Panzerdenkmal des T-34 in Chemnitz-Hilbersdorf und brachte dort gegen 21:30 Uhr eine aus frei verfügbaren Materialien im Vorfeld bereits zusammengebaute Bombe unter dem Panzer an. Er selbst gibt später an, sein Ziel sei es gewesen, den Panzer vom Sockel zu sprengen, um ein Zeichen zu setzen. Gegen 22:00 Uhr explodierte die Bombe, ohne die gewünschte Wirkung zu entfalten. Neben einem abgesprengten Rad des Panzers werden zahlreiche Fensterscheiben in der Umgebung in Mitleidenschaft gezogen, Menschen werden bis auf leichte Schnittwunden nicht betroffen.

Nach längeren erfolglosen, aber äußerst umfangreich vorangetriebenen Ermittlungen von Polizei und Staatssicherheit wurde der Täter durch eine Abhöraktion bei einem Pfarrer der jungen Gemeinde des Sohnes von Josef Kneifel ermittelt. Möglich wurde dies, da der Pfarrer zwar meldete, dass er über den Täter Bescheid wisse, aber an das Beichtgeheimnis gebunden sei.

Am 9. März 1981 wurde Kneifel, der die DDR-Gerichtsbarkeit nicht anerkannte, vom Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Frau Irmgard erhielt zwei Jahre Gefängnis als Mitwisserin, Freund Horst K. zwölf Jahre, der Sohn eine Bewährungsstrafe.

In der Haft äußerte sich Kneifel weiterhin offensiv in seiner ablehnende Haltung und wurde dafür mit Einzelhaft und weiteren strafverschärfenden Maßnahmen bestraft. Als sich 1987 der körperliche Zustand Kneifels verschlechterte, wurde er im Rahmen eines Agenten- und Dissidentenaustausches zwischen der Bundesrepublik und DDR abgeschoben. Da er bei seinem Anschlag Menschenleben gefährdet hatte, wurde er nach der Wende nicht gemäß dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz rehabilitiert.

Im Jahre 2005 lebte Kneifel in Nürnberg und fiel im Stadtbild als friedlicher Demonstrant vor einer Kirche auf.

Kneifel engagiert sich für die rechtsextreme Gefangenenorganisation Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG).

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kneifel — ist der Familienname folgender Personen: Gottfried Kneifel (* 1948), österreichischer Politiker Hans Kneifel (* 1936), deutscher Schriftsteller Herbert Kneifel (1908–2010), österreichischer Arzt, Heimatforscher, Archivar und Lokalpolitiker (ÖVP)… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Kn — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Bürgerrechtler der DDR — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Bürgerrechtsbewegung der DDR — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Bürgerrechtler — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Opposition — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • DDR-Opposition und Widerstand — Dieser Artikel oder Abschnitt wurde wegen inhaltlicher Mängel auf der Qualitätssicherungsseite der Redaktion Geschichte eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel im Themengebiet Geschichte auf ein akzeptables Niveau zu bringen.… …   Deutsch Wikipedia

  • Gelbes Elend — Im sächsischen Bautzen gab es historisch zwei Gefängnisse, die heute insbesondere für Unrecht und politische Verfolgung in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR bekannt sind. Das zwischen 1900 und 1904 gebaute Zuchthaus Bautzen, später… …   Deutsch Wikipedia

  • Hilbersdorf (Chemnitz) — Karte Basisdaten Fläche: 9,38 km² Einwohner: 6063 (31. Dezember 2001) …   Deutsch Wikipedia

  • Ich hab's gewagt — Geflügelte Worte   A B C D E F G H I J K L M N O …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”