Joseph Bernhart

Joseph Bernhart

Joseph Bernhart (* 8. August 1881 in Ursberg; † 21. Februar 1969 in Türkheim) war katholischer Theologe, Religionswissenschaftler und Schriftsteller. Er gilt als einer der großen Denker katholischer Provenienz im 20. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Bernhart wurde 1904 zum Priester geweiht, er war zunächst als Seelsorger tätig. Nachdem er 1913 in London Elisabeth Nieland geheiratet hatte, arbeitete er als freier Schriftsteller.

Er setzte sich mit wichtigen Gestalten und Zeugnissen der katholischen Theologie und Weltanschauung auseinander. Er stellte die Fragen nach der Verborgenheit Gottes und dem oft tragischen Scheitern des Einzelnen. Dabei wurde seine eigene Lebensgeschichte von ihm nicht ausgeblendet: Die kirchlich verbotene Heirat, die nicht nur die Aufgabe des Priesteramtes bedeutete, sondern auch eine Außenseiterposition in der katholischen Kirche, die er doch immer literarisch verteidigte. Im September 1939 wurde die Ehe auf dem kirchlichen Gnadenwege saniert; im Januar 1942 wurde die Exkommunikation Bernharts aufgehoben. Im Dezember 1943 starb seine Ehefrau.

In der Zwischenkriegszeit schrieb Joseph Bernhart häufig Beiträge für das Hochland. Im Kriegsjahr 1939 wagte Joseph Bernhart in dem Hochland-Beitrag »Hodie«  eine prophetische und apokalyptische Geschichtsbetrachtung; dabei zeigte er auch auf die religiöse Bedeutung des Judentums für die Kirche. Dieser Aufsatz, der ursprünglich an Weihnachten 1939 erscheinen sollte, führte dazu, dass jene Ausgabe verboten und eingestampft wurde. Joseph Bernhart selber erhielt Publikationsverbot. Er musste sich deshalb aus München auf das Land zurückziehen, wo er u.a. beim Fürsten Fugger Zuflucht fand.

Zitate

„Die prophetische Aufnahme der Geschichte ist die dem Christen einzig gemäße. Aber seit Jahrhunderten ist er ihrer entwöhnt und treibt mit ungetauften und getauften Heiden im nämlichen Strome säkularer Weltauslegung. Die Herrschaft einer maßgebenden höchsten Sinnmitte, die von der Kirche ihm verkündet wird, erobert sein Bewußtsein nicht so gründlich, daß es von den Zwängen eines reinweg zeitlichen Hinschauens auf die Geschichte befreit würde. (…) Das Böse widersetzt sich Gott dem Erlöser mehr als Gott dem Schöpfer das Nichts. (…) Noch ist ja das Böse, ist Abfall vom Reiche Christi, wie er selbst es vorausgesagt, und tobt der Satan als Verführer der Völker (Apok 20, 3). (…) Das Gericht wird kommen, das das letzte ist.“ (Joseph Bernhart, >Hodie<, in: Hochland, Heft 37, Dezember 1939; Nachdruck in Heft 43, Jg. 1950)

„Ich halte deine Hand in der meinigen, und dennoch sehne ich mich nach dir. Unsere Nähe, so innig sie ist, bleibt angefochten von einem noch tieferen Gefühl der Ferne von dir zu mir. Je mehr unsere Ehe Erkenntnis von Mein und Dein geworden ist, um so hoffnungsloser ist geworden der Versuch der vollen Einung, nach der unsere Liebe verlangt. Unser letztes, immer erneut belebendes Glück ist unsere Unvereinbarkeit. Keine gemeinsame Lust, nicht einmal die Kraft gemeinsamen Leides, hat uns so eng verbunden wie das gemeinsame, mit der Dauer wachsende Erlebnis der Unvermählbarkeit unseres Seins. Du ein Mensch, ich ein Mensch, wie Bäume verschränkt in den Wurzeln, aber auf ewig nicht einer und derselbe Mensch, sondern einer dem andern Geheimnis." (Joseph Bernhart, De profundis, Leipzig 1935, S. 143f.)

Ehrungen

1949 wurde Bernhart in die neu gegründete Akademie der Schönen Künste in München und 1950 in die Società di Cultura in Venedig aufgenommen. Er wurde 1951 von der Universität München zum Honorarprofessor für Geistesgeschichte des Mittelalters ernannt, 1956 wurde ihm das Große Verdienstkreuz des Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland und 1959 der Bayerische Verdienstorden verliehen.

Seit 1961 war er Ehrenbürger von Türkheim. Nach ihm ist das dortige Joseph-Bernhart-Gymnasium benannt; in Krumbach existiert die Joseph-Bernhart-Fachakademie für Sozialpädagogik. Joseph-Bernhart-Straßen gibt es in Ursberg, Thannhausen, Mindelheim und Türkheim.

Werke

  • Der Kaplan: Aufzeichnungen aus einem Leben, Autobiographischer Roman, (1919), neu hg. v. Georg Schwaiger (1986)
  • Die philosophische Mystik des Mittelalters von ihren antiken Ursprüngen bis zur Renaissance (1922)
  • Der Vatikan als Thron der Welt (1930) (spätere Auflagen unter dem Titel Der Vatikan als Weltmacht: Geschichte und Gestalt des Papsttums)
  • De profundis (1935)
  • Bonifatius, Apostel der Deutschen (1950)
  • Chaos und Dämonie: Von den göttlichen Schatten der Schöpfung (1950)
  • Totengedächtnis (1951)
  • Die unbeweinte Kreatur: Reflexionen über das Tier (1961)
  • Gestalten und Gewalten: Aufsätze, Vorträge (1962)

Literatur

  • Manfred Lochbrunner: Hans Urs von Balthasar und seine Philosophenfreunde: fünf Doppelporträts. Würzburg: Echter 2005 ISBN 3-429-02740-3
  • Klaus Arntz, Die göttlichen Schatten der Schöpfung. Theologisch-ethische Überlegungen im Anschluss an Joseph Bernhart (1881-1969), in: F. Sedlmeier / Th. Hausmanninger (Hg.), Inquire pacem. Beiträge zu einer Theologie des Friedens (FS Bischof Viktor Josef Dammertz OSB), Augsburg: St. Ulrich-Verlag 2004, ISBN 3-936484-43-0, 248-270.
  • Klaus Arntz, Melancholie und Ethik. Eine philosophisch-theologische Auseinandersetzung mit den Grenzen sittlichen Subjektseins im 20. Jahrhundert (=ratio fidei 11), Regensburg: Pustet 2003, ISBN 3-7917-1806-1, 41-84.
  • Rainer Bendel: Das Kirchenbild Joseph Bernharts. St. Ottilien: EOS 1993 ISBN 3-88096-910-8
  • Lorenz Wachinger, Joseph Bernhart - Grenzgänger zwischen Wissen und Glauben, in: Stimmen der Zeit, 226. Band, 2008, Heft 7, Seite 488-490.
  • Manfred Weitlauff (Hrsg.): Joseph Bernhart: Erinnerungen 1881 - 1930. 2 Bände. Weissenhorn: Konrad 1992 ISBN 3-87437-336-3

Weblinks


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