Juan Donoso Cortés

Juan Donoso Cortés
Juan Donoso Cortés,
Gemälde von Germán Hernández

Juan Francisco María de la Salud Donoso Cortés (* 6. Mai 1809 in Don Benito; † 3. Mai 1853 in Paris) war ein spanischer Diplomat, Politiker und Staatsphilosoph.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Donoso Cortés war Sohn eines Rechtsanwaltes und Großgrundbesitzers und ein Nachfahre des Eroberers Hernando Cortés. 1820 nahm Donoso Cortés das Studium der Rechte, der Geschichte, der Philosophie und der Literatur auf. Zunächst studierte er in Salamanca, dann in Cáceres und später in Sevilla. Sein großes Talent brachte ihn schon im Alter von neunzehn Jahren auf den Lehrstuhl für Literatur und Ästhetik in Caceres. Eine früh eingegangene Ehe endete schon bald durch den frühen Tod der Gattin.

1832 ging Donoso Cortés nach Madrid und widmete sich von nun an der Politik. 1840 verließ er mit der spanischen Königin-Mutter Christina das Land und lebte in den folgenden Jahren in Paris im Exil. 1843 war er führend an der Rückkehr der Königin-Mutter nach Spanien beteiligt. Seine Verdienste wurden durch Erhebung zum „Marques (= Markgraf) de Valdegamas“ belohnt. Anfänglich dem Liberalismus zugeneigt, vollzog sich in Frankreich seine Hinwendung zum Katholizismus, die sich unter den für Donoso Cortés erschütternden Ereignissen der französischen Februarrevolution 1848 vollendete. Im November 1848 ging er als spanischer Gesandter nach Berlin, kehrte aber ein Jahr später in die Heimat zurück. Anfang 1849 hielt er dort eine flammende politische Rede aus tiefer katholischer Glaubenseinsicht heraus, die ihn weithin bekannt macht. Eine zweite aufsehenerregende Rede über die allgemeine Lage Europas erfolgt im Januar 1850, von der allein in Paris bereits bald 14.000 Exemplare verbreitet waren, und die dann ins Deutsche und Italienische übersetzt wurde. Kaiser und Könige, Dichter und Denker standen ganz im Bann seiner Ausführungen, nicht zuletzt der greise Fürst Metternich. 1851 zog Donoso Cortés als Gesandter Spaniens nach Paris. Dort erschien dann sein Hauptwerk Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus. Am 3. Mai 1853 erlag Donoso Cortés einem schweren Herzleiden.

Politische Theologie

Politische Theologie begreift Theologie als die immer schon anwesende und notwendige Grundlage von Politik. Die These, alle politischen Begriffe seien säkularisierte theologische Begriffe wird heute mit dem bekanntesten Verfassungsrechtler der Weimarer Republik, Carl Schmitt verbunden. Ihren Ursprung hat sie in den entsprechenden Überlegungen der Anarchisten des 19. Jahrhunderts. Schon Proudhon vertrat die dann von Donoso Cortés aufgegriffene These, als Grundlage der Politik erblicke man stets die Theologie. Donoso Cortés brachte in seinem Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus die Quintessenz des politisch-theologischen Denkens auf den Punkt, als er deklarierte: „Jede große politische Frage schließt stets auch eine große theologische Frage in sich.“

Das Phänomen der Säkularisierung konnte sich Donoso Cortés einleuchtend erklären: Mit der Revolution 1789 trat das willkürlich entscheidende Volk an die Stelle Gottes. Die Gewaltenteilung ersetzte die Trinität. Anstelle des mit der Erbsünde belasteten Menschen trat der vollkommene Mensch mit einem absolut freien Willen auf. Daraus folgte das allgemeine Wahlrecht in den modernen Demokratien und ein grundlegender Wandel des Rechtsbewusstseins, das sich in den modernen Ideologien von Liberalismus, Kommunismus, Sozialismus und anderen mehr verdichtete, unter Ausschluss der Wahrheitsfrage. Donoso Cortés ordnete diese Ideologien der „philosophischen Zivilisation“ zu, die in ihrer antikatholischen Zielsetzung in unversöhnlichem Gegensatz zur katholischen Zivilisation stehe. Wahrheit komme nur aus der Offenbarung.

Liberalismus und Diktatur

In seinem Hauptwerk, dem Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus, setzte sich Donoso Cortés kritisch mit dem Liberalismus und Sozialismus auseinander:

Für den Liberalismus, den Erben der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, hatte Donoso Cortés nichts als Verachtung übrig. Ihn widert dessen Unfähigkeit, sich zu entscheiden, an: Der Liberalismus sage weder Ja noch Nein, sondern ziehe sich stets auf ein distingo zurück.[1] Die liberale Ideologie der Diskussion übersehe, dass jedes Gespräch ein Fundament voraussetze, das nicht selbst zur Diskussion stehen dürfe; ansonsten sei ein fruchtloses Geschwätz programmiert.[2] Die Aristokratie mit ihren heroischen Tugenden der Selbstaufopferung werde im Liberalismus nur durch eine Plutokratie ersetzt, die den Gewinn zum Maßstab aller Dinge erhebe.[3] Die Negation der Sünde schließlich könne nur den Nihilismus zur Folge haben, auf den sich die moderne Welt seit der Reformation, die das Zeitalter des Legitimitätsverlustes und der Revolutionen eingeleitet habe,[4] unweigerlich zu bewege;[5] der sozialistische Versuch, das Paradies auf Erden zu errichten, werde zudem aus ihr nur eine Hölle machen[6].

Um die Diktatur des Dolches, d. h. eines keine Werte mehr anerkennenden Pöbels, aufzuhalten, beschwört daher Donoso in seiner Rede über die Diktatur die Notwendigkeit einer Diktatur des Säbels.[7]

Grabmal von Donoso Cortés (Madrid).

Donoso Cortés wurde zum Vordenker moderner Diktaturen. Seine Gedanken fanden Rezipienten in Europa und Lateinamerika. In der Presse und im Liberalismus sah Donoso Cortés Kräfte, die den Staat gefährden. Donoso Cortés stand vor allem unter dem Eindruck der Revolution im Frühjahr 1848. Die Ereignisse, die eine Hoch-Zeit der Pressefreiheit brachten, waren für ihn sichere Anzeichen für den politischen und kulturellen Niedergang Europas. 1849 notierte er: „Die Diskussion ist die Visitenkarte, mit der der Tod reist, wenn er unerkannt bleiben will.“

Der unnützen, ja gefährlichen Diskussion stellt Donoso Cortés die Diktatur gegenüber. Ihre Legitimität sieht er darin begründet, dass angesichts der Zusammenballung der revolutionären Kräfte auch die ihnen opponierenden Kraefte das Recht auf Zusammenballung haben – zur Diktatur. Dieser Auffassung schließen sich bis heute konservative Militärdiktaturen an und begründen damit sowohl die Unterdrückung des Parlaments als auch der Presse- und Meinungsfreiheit.

Carl Schmitt schrieb in Anlehnung an Donoso Cortés über das Bürgertum als diskutierende Klasse: „Eine Klasse, die alle politische Aktivität ins Reden verlegt, in Presse und Parlament, ist einer Zeit sozialer Kämpfe nicht gewachsen.“

Quellen

  1. Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus S. 596f.
  2. Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus S. 517ff.
  3. Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus S. 643
  4. Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus S. 652f.
  5. Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus S. 663f.
  6. Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus S. 675f.
  7. Über die Diktatur, S. 322f.

Werke (Auswahl)

  • Juan Donoso Cortés: Essay über den Katholizismus, den Liberalismus und den Sozialismus. Herausgegeben und übersetzt von Günter Maschke, Weinheim 1989. (Originaltitel: Ensayo sobre el catholicismo el liberalismo y el socialismo)
  • Juan Donoso Cortés: Über die Diktatur. Drei Reden aus den Jahren 1849/50. Hrsg., aus dem Spanischen übertragen und kommentiert von Günter Maschke, Karolinger Verlag, Wien 1996.
  • Juan Donoso Cortés: Die Hauptirrtümer der Gegenwart nach Ursprung und Ursachen, Denkschrift an Seine Eminenz Kard. Fornari, 19. Juni 1852; Wien 1932 (Hg. Karl Haselböck).

Sekundärliteratur

  • José Rafael Hernández Arias: Donoso Cortés und Carl Schmitt. Eine Untersuchung über die staats- und rechtsphilosophische Bedeutung von Donoso Cortés im Werk von Carl Schmitt. Schöningh, Paderborn u.a. 1998, ISBN 3-506-73384-2.
  • José María Beneyto: Apokalypse der Moderne. Die Diktaturtheorie von Donoso Cortes. Klett-Cotta, Stuttgart 1988, ISBN 3-608-91498-6.
  • Elena María Koch: Die katholische Soziologie in Spanien – Jaime Balmes und Juan Donoso Cortés (1840-1853). Shaker, Aachen 1993, ISBN 3-86111-722-3.
  • Albert Maier: Donoso Cortés – Briefe, Reden und diplomatische Berichte. Köln 1950.
  • Günter Rohrmoser: Konservativismus im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert – Alexis de Tocqueville und Juan Donoso Cortés. In: Konservatives Denken im Kontext der Moderne. Gesellschaft für Kulturwissenschaft, Bietigheim/Baden 2006, ISBN 978-3-930218-36-3, S. 158 ff.
  • Carl Schmitt: Donoso Cortés in gesamteuropäischer Interpretation. Vier Aufsätze, Greven, Köln 1950.
  • Dietmar Westemeyer: Donoso Cortés – Staatsmann und Theologe. Regensberg, Münster 1940.
  • Alois Dempf: Christliche Staatsphilosophie in Spanien. Pustet, Salzburg 1937.

Weblinks

 Commons: Juan Donoso Cortés – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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