Jubeljahr

Jubeljahr

Das Jubeljahr des mittelalterlichen Christentums wurde erstmals im Jahr 1300 als Heiliges Jahr ausgerufen, in dem ein besonderer Sünden-Ablass möglich war. Die Periode von ursprünglich 100 Jahren wurde immer weiter verringert, bis sie schließlich ab dem Heiligen Jahr 1475 auf die heute üblichen 25 Jahre festgelegt wurde.

Daraus abgeleitet ist die Redewendung alle Jubeljahre einmal, was so viel heißt wie „extrem selten“, da der Mensch in der Regel nur zwei bis drei dieser Jubeljahre erlebt(e). Das Jubeljahr hieß ursprünglich Jobeljahr. Das hebräische Wort Jobel (yo-bale') steht für den Klang des Schofars, der das Jubeljahr ankündigt.

Luther übersetzte (3 Mos 25,8ff LUT) das Wort als Halljahr und Erlassjahr. Bei den Hebräern wurde nach sieben Sabbatjahren ein Jubeljahr ausgerufen - gemäß 3 Mos 25,10 LUT: „Und ihr sollt das fünfzigste Jahr heiligen und sollt eine Freilassung ausrufen im Lande für alle, die darin wohnen“.

Inhaltsverzeichnis

Jüdisches Jubeljahr

Das Jüdische Jubeljahr begann immer an Jom Kippur, am 10. Tag des Tischri, und wurde mit Posaunen im ganzen Land verkündigt. Während des ganzen Jahres musste alle Feldarbeit ruhen, auch wurden die hebräischen Sklaven ohne Unterschied freigelassen; verkaufte und verpfändete Grundstücke (Häuser in ummauerten Städten und dem Heiligtum gelobte Äcker ausgenommen) kamen ohne Entschädigung aus fremden Händen wieder an den ursprünglichen Besitzer oder seine rechtmäßigen Erben zurück, und alle Schulden wurden erlassen.

Der Hauptzweck dieser Einrichtung war, die von Moses beabsichtigte Gleichheit unter den Güterbesitzern zu erhalten: Das Jubeljahr sollte gewissermaßen eine Wiedergeburt des ganzen Staats bewerkstelligen. Vor dem Babylonischen Exil scheint jedoch das Jubeljahr nicht beachtet worden zu sein, obwohl sich eine Spur desselben bei Jes 61,1f EU findet. Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahre 70 wurde das Jubeljahr im Judentum nicht mehr begangen.

Jubeljahr in der katholischen Kirche

Geschichte

Verkündung des ersten Heiligen Jahres durch Bonifatius VIII. im Jahr 1300 (Freskofragment von Giotto in der Lateransbasilika)

In der katholischen Kirche wurde das Jubeljahr (Jubiläumsjahr, Ablassjahr) zur Feier des Geburtsjahres Christi durch die Bulle Antiquorum habet fida relatio von Papst Bonifatius VIII. vom 22. Februar 1300 institutionalisiert, um eine religiöse Volksbewegung von Rompilgern aufzufangen, die zu Beginn des Jahres 1300 in die Heilige Stadt strömten und in Erwartung der Wiederkunft Christi und des Endes der Welt vom Papst den Segen erbaten, bevor sie stürben. Die Ausrufung des Jubiläums war also kein kirchenpolitischer Schachzug von Bonifaz VIII., um der päpstlichen Kasse von Zeit zu Zeit wieder aufzuhelfen, wie häufig kolportiert wird. Das Jubeljahr wurde im gleichen Jahr zum ersten Mal gefeiert und sollte sich bloß alle 100 Jahre wiederholen. Der Erfolg war jedoch so glänzend, dass schon Klemens VI. 1343 die Wiederkehr des Jubeljahrs nach je 50 Jahren verordnete und Papst Urban VI. 1389 sogar die Jubeljahrsperiode auf 33 Jahre herabsetzte, weil Jesus 33 Jahre auf Erden gelebt habe. In rascher Folge wurden 1390, 1400, 1423 und 1450 Jubeljahre gefeiert, bis Papst Paul II. 1470 unabänderlich festsetzte, dass das Jubeljahr alle 25 Jahre gefeiert werden solle (erstmalig 1475), damit jeder Menschengeneration die Gelegenheit einer Feier des Jubeljahres gegeben werde. Zugleich wurden die Hauptkirchen Roms und die Kathedralen (Bischofssitze) in den verschiedenen Ländern zu Stellvertreterinnen der Peterskirche in Rom bestimmt, und allen, welche sie besuchten, ward ebenso vollkommener Ablass bewilligt wie denjenigen, welche 14 Tage lang ihre Andacht in der Peterskirche verrichteten.

Im Jahr 1800 gab es kein Heiliges Jahr, da Papst Pius VI. 1799 in französischer Gefangenschaft verstorben war und der neue Papst Pius VII. erst im März 1800 gewählt werden konnte. Auch 1850 wurde kein Heiliges Jahr ausgerufen, weil Papst Pius IX. im November 1848 vor den republikanischen Revolutionären aus Rom fliehen musste und erst im März 1850 zurückkehrte. Das Heilige Jahr 1875 wurde vom selben Papst zwar ausgerufen, wegen der Annexion des Kirchenstaates durch Italien wenige Jahre zuvor allerdings nicht gefeiert.

Unabhängig von diesen Jubeljahren bewilligten manche Päpste auch außerordentliche Jubiläen mit der Verheißung völliger Sündenvergebung aus anderen Anlässen, beispielsweise bei ihrer Besitznahme des päpstlichen Stuhls, wie es Leo XII. 1826 oder Leo XIII. 1879 taten, oder anlässlich des Gedenkens an das Martyrium der Apostel Petrus und Paulus 1867 und 1967 oder auch des Paulusjahres 2008 durch Benedikt XVI. zum Gedenken an das 2000. Geburtsjahr des Völkerapostels. Das erste außerordentliche Jubeljahr hatte Leo X. 1518 eingeführt, um Polen im Kampf gegen die Türken zu stärken.

Das Heilige Jahr war anfänglich entstanden, um das Geburtsjahr Christi zu ehren. Mit dem ersten Außerordentlichen Heiligen Jahr der Erlösung 1933, das fünfzig Jahre später erneut gefeiert wurde, entstand zusätzlich ein Gedenkjahr des Todes und der Auferstehung Christi und damit der "Vollendung unserer Erlösung" wie Papst Pius XI. anlässlich der Veröffentlichung der Bulle Quod nuper am 15. Januar 1933 erklärte. Er bezeichnete dieses Außerordentliche Heilige Jahr als "ein außerordentliches unter den außerordentlichen, ja ein außerordentliches unter den ordentlichen Heiligen Jahren, ... [da] es eigentlich ein größeres, ja das größte Jubiläum ist“ [1].

Das bisher letzte Heilige Jahr war das so genannte Große Jubeljahr im Jahr 2000 unter Papst Johannes Paul II., das unter dem Motto „Christus heri, hodie, semper“ („Christus gestern, heute und in Ewigkeit“) stand. (Siehe auch: Tertio millennio adveniente Apostolisches Schreiben zur Vorbereitung des Jubeljahres).

Ablauf der Feier

Die Feier beginnt am 24. Dezember im Rahmen der 1. Vesper von Weihnachten des Vorjahres. Der Papst öffnete persönlich durch drei Hammerschläge die bisher vermauerte heilige Pforte (Jubelpforte, goldene Pforte) des heiligen Petrus unter mannigfachen Zeremonien, und Papst und Klerus ziehen in prächtiger Prozession durch die heilige Pforte in den Petersdom ein. Seit dem Jubeljahr 2000 wird die Pforte nur noch vom Papst aufgestoßen, die Zeremonie mit dem Hammer entfiel. Dies hat als Grund, dass Papst Paul VI. bei der Eröffnung des Heiligen Jahres 1975 von herabfallenden Betonsteinen fast erschlagen worden wäre. Seitdem gibt der Papst der bereits von Beton befreiten Pforte nur einen „Schubs“ und diese öffnet sich auf sichere Weise. Unter ähnlichen Zeremonien schließt der Papst am 25. Dezember des folgenden Jahres die Pforte, die daraufhin wieder vermauert wird.

Heilige Jahre

Außerordentliche Jubiläumsjahre seit 1850

  • 1854: Außerordentliches Jubiläumsjahr der Immakulata unter Papst Pius IX.
  • 1858: Außerordentliches Jubiläumsjahr unter Papst Pius IX.
  • 1867: Außerordentliches Jubiläum zum Martyrium Petri und Pauli unter Papst Pius IX.
  • 1869: Außerordentliches Jubiläum zum I. Vatikanischen KonziI unter Papst Pius IX.
  • 1879: Außerordentliches Heiliges Jahr zum Pontifikatsbeginn von Papst Leo XIII. (2. März - 1. Juni)
  • 1881: Außerordentliches Heiliges Jahr unter Papst Leo XIII. (19. März - 1. November)
  • 1886: Außerordentliches Heiliges Jahr unter Papst Leo XIII. (19. März - 1. November bzw. 31. Dezember)
  • 1913: Außerordentliches Jubiläumsjahr vom Weißen Sonntag unter Papst Pius X.
  • 1929: Außerordentliches Jubiläumsjahr unter Papst Pius XI. anlässlich seines fünfzigsten Priesterjubiläums und der Lateranverträge
  • 1954: 1. Marianisches Jahr unter Papst Pius XII.
  • 1966: Außerordentliches Jubiläumsjahr im Anschluss an das II. Vatikanum unter Papst Paul VI.
  • 1967: Glaubensjahr zum Martyrium Petri und Pauli unter Papst Paul VI. (29. Juni 1967 - 30. Juni 1968)
  • 1987: 2. Marianisches Jahr unter Papst Johannes Paul II. (Pfingsten 1987 - 15. August 1988)
  • 2008: Paulusjahr unter Papst Benedikt XVI. (28. Juni 2008 - 29. Juni 2009)

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Kim Tan: Das Erlassjahr-Evangelium. Ein Unternehmer entdeckt Gottes Gerechtigkeit. Neufeld Verlag, Schwarzenfeld 2011, ISBN 978-3-937896-99-1.
  • Eva-Maria Jung-Inglessis: Das Heilige Jahr in der Geschichte. 1300-1975, Bozen 1974
  • Eva-Maria Jung-Inglessis: Romfahrt durch zwei Jahrtausende, 2. erweiterte Auflage, Bozen 1978
  • Peter Louis (Hrsg.): Anno Santo 1950 - mit den Mitteilungen des Deutschen Nationalkomitees für das Heilige Jahr. Echter-Verlag Würzburg. Das Buch fasst 15 Monatshefte zusammen, die von November 1949 bis Januar 1951 erschienen.

Einzelnachweise

  1. Eva-Maria Jung-Inglessis: Romfahrt durch zwei Jahrtausende, 1978, S. 316

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