Jugendanstalt Hameln

Jugendanstalt Hameln
Mauer der Jugendanstalt Hameln am Eingang

Die Jugendanstalt Hameln (JA Hameln) ist die einzige Jugendstrafanstalt Niedersachsens für geschlossenen Jugendvollzug. Sie liegt am südlichen Stadtrand von Hameln außerhalb der Bebauung bei Tündern. Mit 793 Haftplätzen ist sie die größte Jugendstrafanstalt Deutschlands. Eine Vorläufereinrichtung bestand zwischen 1958 und 1980 im Gefängnis Hameln.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1958 wurde das Gefängnis Hameln in eine Jugendstrafanstalt umgewandelt, obwohl das einstige Zuchthausgebäude von 1827 ungeeignet für den Jugendstrafvollzug war. 1975 wurde auf einem 20 ha großen mit einem Neubau in Tündern begonnen, der 1978 teilbezogen und 1980 fertiggestellt wurde.

Anlage

Die Gebäude der Jugendanstalt sind auf dem 20 ha großen Gelände verteilt. Es herrscht ein dorfähnlicher Charakter mit einem zentralen Hauptgebäude. Es gibt den Werk- und Sportbereich sowie den Unterbringungsbereich. Das Hauptgebäude beherbergt die Anstaltsleitung mit der Verwaltung. Hier befinden sich auch die Schule, eine Aula, die Anstaltsküche und der Besuchsbereich.

Die Unterkünfte bestehen auch mehreren Hafthäusern, in denen Wohngruppen mit je 10 Hafträumen bestehen. Außerdem gibt es in den Häusern Räumlichkeiten der jeweiligen Hausleitung. Im Innenhof der Häfthäuser liegt das Freistundengelände mit Bolz- und Sportplatz.

Zum Werkbereich gehören drei Werkhallen. In ihnen befinden sich Lehr- und Produktionsbetriebe.Am Werksgelände liegt der Sportbereich mit einer Sporthalle , einem Fußballplatz, einer Leichtathletikbahn und einer Basketballeinrichtung. 2009 kam ein Beachvolleyballplatz hinzu.

Zuständigkeit

Die Zuständigkeit als Haftanstalt für Jugendliche und Heranwachsende ergibt sich aus dem niedersächsischen Einweisungs- und Vollstreckungsplan. In die JA Hameln werden im Rahmen der Strafhaft alle von niedersächsischen Gerichten zu einer Jugendstrafe ohne Bewährung verurteilten Jugendlichen und Heranwachsenden eingewiesen, deren Strafhöhe 3,5 bis 10 Jahre beträgt. Verurteilte mit geringeren Strafen als 3,5 Jahren (mindestens 6 Monate) werden nur dann in den geschlossenen Vollzug nach Hameln eingewiesen, wenn sie aus bestimmten Gründen, wie hohe Aggressionsbereitschaft oder mangelndem Willen zur Mitarbeit, nicht für den offenen Vollzug in einer der anderen (offenen) Abteilungen der JA geeignet sind. Neben der Strafhaft wird in der JA Hameln auch Untersuchungshaft an jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten vollzogen. Vollstreckungsleiter (nicht zu verwechseln mit Anstaltsleiter) ist gemäß § 82 Jugendgerichtsgesetz ein Jugendrichter am Amtsgericht Hameln. Dieser nimmt die Aufgaben wahr, die im Erwachsenenvollzug der Strafvollstreckungskammer zugewiesen sind. Er entscheidet auch über eine vorzeitige Entlassung auf Bewährung.

Niedersachsens Jugendvollzug zentral in Hameln

Im Zuge der Änderung des "niedersächsischen Einweisungs- und Vollstreckungsplans" zum 1. Januar 2010 wurde der gesamte niedersächsische Jugendvollzug unter die Verwaltung der JA Hameln gestellt. Maßgebendste Veränderung war die Angliederung der ehemals selbständigen Jugendanstalt Göttingen-Leineberg sowie der Jugendarrestanstalt Göttingen, die zuvor kurzzeitig als "Abteilung offener Jugendvollzug" zur JVA Rosdorf (bei Göttingen) gehörte.

Zu den niedersächsischen Jugendvollzugseinrichtungen gehören neben der Hauptanstalt (geschlossener Vollzug) der JA Hameln:

  • Abteilung offener Jugendvollzug Göttingen - Leineberg (125 Haftplätze)
  • Abteilung offener Jugendvollzug Hameln - Eugen-Reintjes-Straße (40 Haftplätze)

Weiterhin sind als Einrichtungen zum Vollzug von Jugendarrest nach § 16 Jugendgerichtsgesetz (JGG) der JA Hameln organisatorisch unterstellt:

  • Jugendarrestanstalt Göttingen (25 Arrestplätze, davon 5 für Frauen/Mädchen)
  • Jugendarrestanstalt Bückeburg (40 Arrestplätze)

Die JAA Bückeburg wird am 1. Januar 2012 wegen zu geringer Auslastung und Sanierungsbedarf geschlossen[1]. Die Arrestplätze werden von der Abteilung Verden der Justizvollzugsanstalt Vechta übernommen.

Belegung

Die Gefangenen in der JA Hameln sind 14 bis 24 Jahre alt, im Durchschnitt 20,5 Jahre. Sie stammen aus rund 30 Ländern (Ausländeranteil 22%, Spätaussiedler 8,4%). Die durchschnittliche Haftzeit beträgt 1,6 Jahre. Etwa 60% der Gefangenen sind abhängig von Betäubungsmitteln oder stark suchtgefährdet. Etwa 70% verfügen bei Haftantritt über keinen Schulabschluss.

Geschlossener Vollzug

Der geschlossene Vollzug der JA Hameln verfügt über 793 Haftplätze.

Offener Vollzug

Inhaftierte

Der offene Vollzug in Hameln (Abteilung Reintjesstraße) verfügt über bis zu 40 Haftplätze. Es gibt insgesamt sieben Räume pro Gruppe, die im offenen Vollzug nicht als Hafträume, sondern als Zimmer bezeichnet werden.

Das Inventar des Zimmers besteht aus einem Bett, einem Schreibtisch, einem Stuhl, einem Kleiderschrank und zwei Kommoden. Die Gefangenen können ihren privaten Wohnbereich selbst mit Kleinigkeiten einrichten. Das Inventar darf allerdings nicht verändert oder um andere Gegenstände erweitert werden.

Auf jeder Wohngruppe gibt es eine Einbauküche, in der gekocht und gebacken werden kann. Zu jeder Wohngruppe gehört ein Balkon. Für Inhaftierte ohne Arbeit findet eine Vollzähligkeitskontrolle um 12 Uhr sowie um 16:30 Uhr statt, zu der sich die Inhaftierten selbstständig melden müssen.

Am Wochenende ist das Melden an der Zentrale nicht nötig, da die Kontrollen von den Bediensteten auf den jeweiligen Gruppen durchgeführt werden. Die Zeiten zum Aufenthalt der Inhaftierten in ihren zugeordneten Wohngruppen sind in der Woche 22 Uhr und am Wochenende 23 Uhr. Jeder Inhaftierte bekommt ein so genanntes Amt zugewiesen, welches er sauber zu halten hat, wie beispielsweise der Küchenbereich.

Lockerungen

In Niedersachsen gelten für den Jugendvollzug prinzipiell dieselben Vollzugslockerungen wie für den Erwachsenenvollzug. In der JA Hameln werden Lockerungen wie folgt umgesetzt:

Stadtausgänge

Die Inhaftierten, die sich in der ersten Stufe von Lockerungen befinden, bekommen 30 Stunden im Monat Stadtausgänge. Sie dürfen 120 Minuten nicht überschreiten . In dieser Zeit kann beispielsweise eingekauft werden. Um spätestens 19:30 Uhr hat sich der Inhaftierte wieder in der Anstalt zu befinden. In Stufe 2 bekommt der Inhaftierte 42 Stunden Ausgang, die ebenfalls die Dauer von 120 Minuten nicht überschreiten dürfen. Spätestens gegen 21:00 Uhr hat er sich in der Anstalt zu befinden. Stadtausgänge müssen nicht beantragt werden.

Tagesausgänge

Tagesausgänge umfassen einen Zeitraum von etwa 12 Stunden und werden bei der Hausleitung beantragt. In dieser Zeit kann der Inhaftierte sich auch außerhalb von Hameln aufhalten, allerdings nur mit gesonderter Genehmigung.

Urlaube

Wenn sich der Inhaftierte in der dritten Stufe befindet, wird ihm Urlaub gewährt. Dieser muss ebenfalls beantragt und genehmigt werden. Der Ort des Urlaubes wird hierbei auf einem Urlaubsschein vermerkt und muss bei einer eventuellen Kontrolle vorgezeigt werden.

Einzelnachweis

  1. http://www.landes-zeitung.de/portal/lokales/lz-heute/bueckeburg_Sanierung-zu-teuer-Gefaengnis-schliesst-2012-_arid,276931.html

Weblinks

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