- Jörg Sasse
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Jörg Sasse (* 1962 in Bad Salzuflen) ist ein deutscher Fotograf und bildender Künstler.
Inhaltsverzeichnis
Werk
Er lebt und arbeitet in Düsseldorf und Berlin. Sasse studierte als Meisterschüler bei Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf. Dort hatte er von 1988 bis 1989 einen Lehrauftrag. Anschließend diverse Projekte und Vorträge an verschiedenen Hochschulen. Von 2003-2007 war Sasse Professor für Dokumentarfotografie an der Universität Duisburg-Essen / Folkwang Hochschule.
Jörg Sasse ist im traditionellen Sinne kein Fotograf. Fotografien Anderer, aus sehr unterschiedlichen und zufälligen Quellen, wie Fotoalben (Aufkauf von Nachlässen) und Flohmärkten dienen ihm als Vorlagen, die als Grundlage für neue Bilder dienen. Diesen Prozess des Collagierens und Veränderns betreibt Sasse hochpräzise am Computer. Jörg Sasse verändert eine Vielzahl der vorgefundenen Elemente der Fotografien: Ausschnitt, Perspektive, Farbe, Schärfe usw. Es entstehen Bilder, deren Ursprung oft nicht mehr erkennbar ist. Sie präsentieren eine perfekte neue Realität, die aber Sprünge besitzt. In seinem Spiel mit der Wirklichkeit bzw. der fotografisch dargestellten Realität gelingt es Sasse, dass für die Betrachter bei genauerem Hinsehen Irritationen entstehen, die aus Widersprüchen zwischen Alltagserfahrung und -wahrnehmung herrühren (z. B. in dem er die Zentralperspektive scheinbar aufhebt). Die Bildtitel generiert Sasse in der Regel als vierstellige Zahlenkombinationen, so dass Verweise auf die Gegenstände der verwendeten Fotografie ebenso fehlen wie auf einen intendierten neuen Gegenstand.
Sasse beschäftigt sich in seiner fotografischen Arbeit mit dem Alltag, der Alltagskultur, die in den Werken von Amateurfotografen abgebildet ist. Ausgangspunkt war in den 1970er Jahren der Beginn einer Sammlung von Amateurfotografien. In den 1980er Jahren fotografierte er selbst alltägliche Inneneinrichtungen und entsprechende Details, sowie Schaufenster und an öffentlichen Orten. Angesichts der Möglichkeiten der Computertechnik konzentrierte er sich seit ca. 1990 schließlich zunehmend auf das Bearbeiten fremder Fotografien, so dass 1993 sein erstes auf diese Weise entstandenes Bild, ein sog. "Tableau", veröffentlichte.
2004 stellte er erstmals seine 'Skizzen' vor, eigene digital bearbeitete Aufnahmen in kleineren Formaten. Die aus Skizzen entstehenden Arbeiten bezeichnet er als 'Tableaus', sie bilden seit den 90igern den Schwerpunkt seines Werkes. Es handelt sich um großformatige Bilder, die teilweise stark verfremdet sind und sich von der Auseinandersetzung mit dem Alltag entfernen (siehe hierzu das Plakat auf dem Porträt Sasses, das einen Ausschnitt aus einem seiner Tableaus wiedergibt). Sie zeichnen sich aus durch eine Art malerische Komponente. Sasses 2008 erstmals im Musee d'Art Moderne in Paris veröffentlichte Arbeit "Speicher I" ist eine 3-dimensionale Skulptur, die 512 Bilder beinhaltet. Die Arbeit ist die Analogisierung einer komplexen digitalen Datenbank, die es ermöglicht zu 54 unterschiedlichen Kategorien die verschiedenartigsten Hängewände zu erzeugen.
Der "Speicher II", der das erste Mal in Essen im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 gezeigt wird beinhaltet ebenfalls 512 Bilder. Das Ausgangsmaterial für den "Speicher II" stammt jedoch gänzlich aus dem Ruhrgebiet aus den Jahren zwischen Mitte der 50er Jahre bis 2009.
Neben den „Tableaus“ entsteht seit dem Jahr 2009 die Serie der „Lost Memories“, deren fotografischer Ursprung nicht sofort ersichtlich ist. Wie auch bei den „Tableaus“ werden hier bei der Bearbeitung am Computer alle Entscheidungen zum Bild im Prozess getroffen. Die oftmals in anderen Arbeiten erzeugte Erinnerung an etwas zuvor Gesehenes wird bei den „Lost Memories“ überführt in den Spannungsraum zwischen der Wahrnehmung fotografischer Farbräume und die mit organischen Strukturen verbundenen Assoziationen.
Bücher (Fotobände), Auswahl
- 1992 Jörg Sasse: Vierzig Fotografien 1984 - 1991, Schirmer/Mosel, München
- 1996 Jörg Sasse: Ausstellungskatalog Kölnischer Kunstverein/Kunsthalle Zürich, Cantz, Ostfildern
- 1997 Jörg Sasse: Ausstellungskatalog Musée d'art moderne de la ville de Paris, Paris Musée, Paris
- 1998 Jörg Sasse: Ausstellungskatalog Portikus, Frankfurt/Main
- 2001 Jörg Sasse: Arbeiten am Bild, Kunsthalle Bremen, Schirmer/Mosel, München
- 2004 Jörg Sasse: Tableaux & Esquisses, Musée de Grenoble, Schirmer/Mosel, München
- 2005 Jörg Sasse: Tableaus & Skizzen 2004/2005, Kunstmuseum Bonn und Kunstverein Hannover, Schirmer/Mosel, München
- 2006 Jörg Sasse: Skizzen - Der Grenoble Block. Schirmer/Mosel , München
- 2007 Jörg Sasse: d8207, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln
Institutionelle Einzelausstellungen, Auswahl
- 1992 Institut Mathildenhöhe, Darmstadt
- 1994 Marburger Kunstverein, Marburg
- 1995 Oldenburger Kunstverein, Oldenburg
- 1996 Städtische Galerie Wolfsburg
- 1996 Kölnischer Kunstverein, Köln
- 1997 Kunsthalle Zürich (Schweiz)
- 1997 Musée d'Art Moderne, Paris (Frankreich)
- 1998 Portikus, Frankfurt am Main
- 2001 Kunsthalle Bremen
- 2004 Musée de Grenoble, Grenoble (Frankreich)
- 2005 Kunstmuseum Bonn
- 2006 Kunstverein Hannover
- 2007 Museum Kunst Palast, Düsseldorf
Ausstellungsbeteiligungen, Auswahl
- 1998 Institute of Contemporary Arts, London - 'Sightings'
- 1999 Kunstverein, Freiburg - 'Unschärferelation'
- 2000 Fotomuseum, Winterthur - 'Hybrid'
- 2000 Museum Ludwig, Köln - Zeitgenössische Positionen zur Architekturphotographie
- 2001 Biennale d'Art Contemporain, Lyon
- 2002 Solomon R. Guggenheim Museum, New York - 'Moving Pictures'
- 2002 Museum Kunst Palast, Düsseldorf - 'heute bis jetzt'
- 2003 Städel, Frankfurt am Main - 'Traumwelten. Imagination und Wirklichkeit'
- 2005 Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Dortmund - Munch revisited - Edvard Munch und die heutige Kunst
- 2005 The Photographers' Gallery, London - Deutsche Börse Photography Prize
- 2005 Sammlung Goetz, München - 'Imagination wird Wirklichkeit'
- 2005 Huis Marseille, Amsterdam - 'Whisper Not!', A different dimension of seeing: Huis Marseille / H+F Collection
- 2006 Kunstmuseum, Celle & Städtische Galerie, Delmenhorst - 'Die Liebe zum Licht - Internationale zeitgenössische Fotografie'
- 2007 Kunstmuseum, Bochum - 'Die Liebe zum Licht - Internationale zeitgenössische Fotografie'
- 2007 ZKM Karlsruhe - Imagination Becomes Reality, Sammlung Goetz
- 2007 Museum Ludwig, Budapest - 'Dialogues and Attitudes - From the traditional forms of photography to auteur photography'
- 2008 Musée d'Art Moderne, Paris - 'Objectivités'
- 2010 Zeche Zollverein, Essen - 'Ruhrblicke'
- 2010 Kunstmuseum, St. Gallen - 'Next Generation'
Preise, Auszeichnungen
Zitate
- "Kunst ist unvorhersehbar, sie entsteht oder verschwindet in einem Prozeß, der nicht linear ist und von ständigen Rückkopplungen chaotischer oder zufälliger Ereignisse traktiert wird." aus Jörg Sasse, "Ein paar Zeilen zu Netzwerken", 2009
- "Wir sind dem "Belogen-Werden" durch Bilder grundsätzlich in einer Nachrichtensendung ebenso ausgesetzt wie vor einem Werbeplakat." Jörg Sasse in einem Interview von Jörg Gruneberg zum Dokument-Charakter der Fotografie, erschienen in 'Scheinschlag', Nr.1-2006, Berlin
- "Zu den Bedingungen der Fotografie gehört es, mit einem bereits gefüllten Bildraum umzugehen." Jörg Sasse - 'Wo ist Trotzkij?', erschienen in 'Living', 8/95
- "Was mich interessiert; ist der Punkt, an dem man meint, etwas erkannt zuhaben, das sich im nächsten Moment jedoch wieder entzieht." Jörg Sasse im Gespräch mit Matthias Lange, Erschienen in PAKT, Ausgabe #7, Sommer 95
Weblinks
- Literatur von und über Jörg Sasse im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Beispiele von Werken und Texten zur Arbeit
- Jörg Sasse auf kunstaspekte.de
- Sasse in der Künstlerdatenbank von ifa
Wikimedia Foundation.