Jānis Jaunsudrabiņš

Jānis Jaunsudrabiņš

Jānis Jaunsudrabiņš (* 25. August 1877 in Nereta, Südlettland; † 28. August 1962 in Körbecke) war ein lettischer Schriftsteller und Maler, der 1944 vor der einrückenden Sowjetarmee nach Deutschland floh. Neben Prosa-Literatur umfasst sein Werk auch Dramen und Lyrik.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jaunsudrabiņš wurde im Dorf Nereta unweit der litauischen Grenze geboren. Der Vater, ein Landarbeiter, starb vor Jānis' drittem Geburtstag. Wegen des Todes zog die Familie auf das Gehöft Riekstiņi. Jānis ging nur unregelmäßig zur Schule, weil er als Hütejunge arbeiten musste. Später drängte es ihn nach Riga, wo er zunächst eine Landwirtschaftsschule, anschließend eine Kunstschule besuchte. In diesen Jahren kam er mit Hilfe eines Mäzens auch nach Berlin. Dort wurde er Meisterschüler von Lovis Corinth. Zurückgekehrt, machte sich Jaunsudrabiņš rasch als Erzähler einen Namen. Er erhielt mehrere staatliche Auszeichnungen und einen Ehrensold. Angesichts der Besetzung Lettlands durch die UdSSR flüchtete er 1944 mit seiner Frau Natalija nach Bielefeld. Über Zwischenstationen in Werfen und in einem Lager in Greven kam das Ehepaar 1948 nach Körbecke im Sauerland, wo es sich für ein kleines Haus erwärmt hatte. In diesem Mondscheinhaus am Südufer des Möhnesees, das im Lauf der Jahre zum Treffpunkt lettischer Landsleute und westfälischer Künstler und Schriftsteller wurde, verbrachte Jaunsudrabiņš den Rest seines Lebens. Er starb 1962 im Alter von 85 Jahren. Jaunsudrabiņš war in Deutschland auch als Gymnasiallehrer und Journalist tätig. 1997 wurden die Särge von ihm sowie seiner Frau und seiner Tochter von Körbecke nach Lettland überführt.

Werk

In seiner realistischen, stets humvorvollen Prosa erzählt Jaunsudrabiņš vom Leben einfacher Leute. Auch seine Sprache ist schlicht und geradeheraus; er wurde mit Mark Twain und Thomas Hardy verglichen.[1] Er war ein Meister der Kleinen Form. Seine eindringlichen Naturschilderungen verraten die Augen des Malers. Er bezog auch märchenhafte Elemente in seine Prosa ein.[2] In den 1920er Jahren war Jaunsudrabiņš der meistgelesene Prosa-Autor Lettlands. Seit den späten 1950er Jahren werden seine Bücher wieder aufgelegt. Sie zählen heute zum Kanon der lettischen Literatur.[3]

Ehrungen

  • Bis 1944 mehrere Auszeichnungen durch den lettischen Staat (z.B. Ehrensold)
  • 1952 wurde der Autor in Stockholm vom Internationalen P.E.N.-Club für sein Lebenswerk geehrt
  • In Lettland bestehen zwei Museen, die bei Nereta (auf dem Gehöft Riekstini) und bei Kaplava liegen[4]
  • In Körbecke ist ein Gedenkzimmer eingerichtet worden, wo Gemälde, Fotos, die Bibliothek, Möbel und eine Büste des Schriftstellers zu sehen sind[5]

Werke (Auswahl)

  • Aija (Aija) / Athalss (Echo) / Ziema (Winter), Erzählung, Trilogie, Riga 1911-1925[6]
  • Balta gramata (Das weiße Buch), Literarische Miniaturen, zwei Bände, Riga 1914/1921[7]
  • Naves Deja (Todestanz), Roman, Riga 1922[8]
  • Jaunsaimnieks un Velns (Der Bauer und der Teufel), Roman, Riga 1933
  • Nauda (Geld), Roman, Riga 1939[9]
  • Kraniche über dem Möhnesee und Erzählungen aus Lettland. Mit Zeichnungen des Dichters, Münster 1972 (posthum)
  • Ich erzähle meiner Frau (Erzählung), 2006[10]

Literatur

  • Andris Berzins: Jānis Jaunsudrabiņš, Västeras 1952
  • Jānis Jaunsudrabiņš: Mana dzive, Västeras 1957
  • M. Dombrovska: Jānis Jaunsudrabiņš, in: Latviesu literaturas vesture, Band 4, Riga 1957, Seite 307-324
  • E. Blese: Storia della letteratura lettone, in: G. Devoto (Hrsg): Storia della letteratura baltiche, Mailand 1957
  • M. Dombrovska: Jānis Jaunsudrabiņš, in: Istorija latysskoj literatury, Band 1, Riga 1971, Seite 411-419
  • Janis Rudzitis: Jānis Jaunsudrabiņš, in: Ders.: Starp provinci un Eiropu, Västeras 1971, Seite 47-54
  • Janis Rudzitis: Rakstnicks no Dieva zelastibas, in: Ders.: Raksti, Västeras 1977, Seite 93-98
  • Arvids Grigulis: Jana Jaunsudrabina dzive un lieterara darbiba, in: Jānis Jaunsudrabiņš: Kopoti raksti, Band 1, Riga 1981, Seite 5-26
  • Jaunsudrabins in Westfalen, Münster 1982 (zweisprachig)
  • A. Rudzitis: Pa Jaunsudrabina pedam Vestfale paplaÏsinats prospekts, 1944.9.X. - 1962.28.VIII, Minstere 1982
  • Jānis Jaunsudrabiņš: Mana dzive, in: Ders.: Kopoti raksti, Band 15, Riga 1985, Seite 279-419
  • I. Bersons: Jāna Jaunsudrabina radosa muza ritejums, in: Jānis Jaunsudrabiņš: Kopoti raksti, Band 15, Riga 1985, Seite 430-492
  • A. Rudzitis: JaunsudrabinÏs no riekstiniem lidz menesnicaj, Minstere 1988
  • Antons Stankevičs: Zem Neretas debesīm, Liesma 1988
  • W. Raub: Janis JaunsudrabinÏs, Münster 2002
  • Liene Lauska: Peteris Ermanis und Janis Jaunsudrabins. Die soziale und kulturelle Integration lettischer Schriftsteller in Lettland und im deutschen Exil, Frankfurt/Main 2010

Weitere Quellen führt Kindlers Neues Literaturlexikon an.

Einzelnachweise

  1. Bookrags, abgerufen am 4. November 2011
  2. Kindlers Neues Literaturlexikon, Ausgabe München 1988
  3. Uni Münster, abgerufen am 4. November 2011
  4. Museum Riekstiņi und Museum bei Kaplava, beide abgerufen am 4. November 2011
  5. Gedenkzimmer Haus Stockebrand, abgerufen am 4. November 2011
  6. Dieses Werk wurde 1958 in Lettland verfilmt.
  7. Diese neuartigen kurzen, in der Ich-Form verfassten Skizzen von einem Bauernhof sind laut Kindlers in der lettischen Literatur zu einem Gattungsbegriff geworden.
  8. Diese plastischen Schilderungen aus der russischen Revolutionszeit und der Ölstadt Baku sind laut Kindlers eng mit psychologischen Analysen der Hauptpersonen verflochten, in deren seelischer Entwicklung sich „die Auflösungserscheinungen der chaotischen Umwelt“ widerspiegeln.
  9. Ein Maler befreit sich von seiner dem Geld hörigen Ehefrau.
  10. Deutsche Übersetzung der mit Humor erzählten Geschichte der Flucht Jaunsudrabins aus Lettland.

Weblinks


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