Kabir

Kabir

Kabir (Hindi, कबीर, Kabīr, * 1440; † 1518 in Maghar) war ein indischer Mystiker, der das Ideal einer einigen Menschheit vertrat. Er war Weber und wurde durch die konsequente Ächtung religiöser Abgrenzung, wie sie in der geistigen Elite der Moslems und der Hindus seiner Region weit verbreitet war, berühmt. In seine monistische Philosophie von einem einzigen Ursprung aller Dinge und der liebevollen Demut zu Gott flossen Ideen aus dem Vedanta und der Bhakti des Hinduismus mit ein, ebenso aus dem Sufismus und der (islamischen) Mystik.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Legende nach soll er der Sohn einer brahmanischen Witwe in Varanasi gewesen sein, die ihn nach dem Besuch eines hinduistischen Schreins jungfräulich empfing und zur Adoption gab. Danach wurde Kabir von einem muslimischen Weberpaar erzogen. Er selbst nannte sich nie einen Moslem und war auch mit dem dogmatischen Islam wenig vertraut. Größeren Einfluss hatten die Lehren der Naths, denen sein Vater möglicherweise angehörte. Wie diese Strömungen auch übte Kabir Kritik an den Brahmanen und ihren Bräuchen sowie der volkstümlichen Bilderverehrung.

Kabir war ein Wanderasket. Er hat wahrscheinlich niemals einem Asketenorden angehört, war jedoch ein charismatischer Prediger. Seine Weberwerkstätte war auch ein Platz für Andacht und Kirtan vieler kleiner Leute. Jede auf Äußerlichkeiten bedachte Form der Religiosität sowie Asketenbräuche lehnte er ab. Er ermahnte seine Zuhörer zu einem strengen Monotheismus. „Hindus und Moslems ist ein Weg gewiesen [...] ihr möget ihn Allah oder Ram nennen“. Er legte Wert auf innerliche Erfahrung als Mittel zur höheren Erkenntnis. Nur das stille Sprechen Gottes wertete er als wahre Offenbarung, die Schriften fand er wertlos.

Werk und Philosophie

Kabirs Hauptwerk ist das Bijak (oder Seedling), in dem er die Idee des Einen Absoluten darlegt. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von Gedichten, in denen er Ideen von Brahman (absolute Weltseele), Karma (Gesetz der Tat) und der Reinkarnation ebenso verarbeitet wie das Gottesverständnis der Bhakti (liebende Hingabe an einen Gott) und Vorstellungen der Sufis. Sein Hindi war, wie auch seine Philosophie, sehr bodenständig und geradlinig. Er vertrat die Meinung, dass man nicht nach dem Koran oder den Veden leben sollte, sondern besser den Idealen des Sahaij nachstreben oder einen einfachen, naturnahen Weg zu Gott finden sollte. Das Kastensystem der orthodoxen Hindus lehnte er ab.

Nur von einem einzelnen Guru, dem vishnuitischen Heiligen Ramananda, spricht Kabir selbst; von ihm habe er seine Initiation in Gestalt eines Rama-Mantras erhalten. Sein Schüler Dharam Das bezeichnete Kabir als den „Guru der Hindus“ und den „Pir der Moslems“.

War Kabir Hindu oder Muslim?

Kabir selbst hatte eine Zuordnung zu einer der religiösen Strömungen der Hindus, Muslime, Sufis (islamische Mystiker) oder Bhakti stets abgelehnt. Viele Legenden über sein Leben ranken sich um diesen Punkt.

So heißt es, dass Kabir in einer muslimischen Weber-Familie aufwuchs, aber in Wirklichkeit der Sohn einer brahmanischen Witwe sei, der von einem kinderlosen Paar adoptiert worden sei. Nach seinem Tode sollen seine hinduistischen und muslimischen Anhänger über die Frage des Bestattungsritus in Streit geraten sein. Als sie das Leichentuch weggenommen hätten, sei der Leichnam aber durch Blumen ersetzt gewesen. Sie wurden unter die Gruppen verteilt; die Muslims beerdigten ihre Hälfte, während die Hindus die ihre verbrannten. In Maghar stehen noch heute sein (muslimisches) Grab und seine (hinduistische) Gedenkstele (Symbol für sein Samadhi) nebeneinander.

Einer anderen Legende zufolge badete Kabir kurz vor seinem Tod sowohl im Ganges als auch im Kamarshna, um sich von seinen guten wie seinen schlechten Taten reinzuwaschen.

Weitere literarische Werke von Kabir

  • Kabir: Im Garten der Gottesliebe, Übersetzung der englischen Ausgabe von Tagore, Kristkeitz Verlag, Heidelberg 2005, (ISBN 978-3-932337-17-8)
  • Kabir: Ich hab mein Haus verbrannt. Ausgewählte Sinn- und Merksprüche, aus dem Hindi übersetzt von Lothar Lutze. Salzburg, Müller-Speiser, (ISBN 3-85145-057-4)
  • Kabir: Wie Gott die Welten schuf. Der indische Schöpfungsmythos nach Kabir, Übertragen und kommentiert von Wulfing von Rohr. Sophia Verlag Bergen (ISBN 3-935698-03-8)
  • Kabir: Kabir fand sich im Gesang. Die Verse des indischen Dichters und Bhakti-Mystikers, aus dem Hindi übersetzt von Shubhra Parashar. YinYang Media Verlag, Kelkheim 2006, (ISBN 3-935727-11-9)

Siehe auch

Liste von Mystikern

Weblinks


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