Kardanwelle

Kardanwelle
Kardangelenk in Rotation

Die Kardanwelle ist eine klassische Ausführung einer Gelenkwellenkombination mit einem oder zwei Kardangelenken. Sie ermöglicht die Drehmoment-Übertragung in einem geknickten Wellenstrang, wobei die Knickung unter Last veränderlich sein darf.

Beim Einsatz von zwei Kardangelenken ist die Übertragung zwischen zwei nicht fluchtenden, nur parallel versetzen Wellen möglich, ohne dass der Drehgeschwindigkeit der angetriebenen Welle eine periodische kleine Schwankung überlagert ist.

Der Name leitet sich ab vom Mathematiker und Arzt Gerolamo Cardano, der das dem Kardangelenk zugrunde liegende kinematische Prinzip in der kardanischen Aufhängung für astronomische Instrumente und den Kompass anwendete.

Inhaltsverzeichnis

Ausführungen und Anwendungen

Kardanwelle mit zwei Kardangelenken und einem zusätzlichem Schubgelenk (Passverzahnung) zum Längsausgleich (Gelenkwelle)

Kardanwellen in PKW und LKW

Aufgabe einer Kardanwelle ist die Drehmomentübertragung in Kraftfahrzeugen vom mit dem Motor vorn eingebautem Getriebe zur Hinterachse. Das erste Automobil mit Kardanantrieb war vermutlich das 1898 erste von Louis Renault konstruierte und gefertigte Auto.[1] Im Auto ist die Kardanwelle zweiteilig mit einem verbindenden Kardangelenk. Mit der Hinterachse ist sie in der Regel mit einem zweiten Kardangelenk und mit Ausgangswelle des Getriebes meistens über eine Hardyscheibe verbunden. Eine solche Scheibe ähnelt einem Kardangelenk, die Funktion der Drehgelenke wird von der elastischen Biegbarkeit einer meistens aus Gummi bestehenden Scheibe übernommen, an die die beiden zu verbindenden Wellen angeschraubt werden. Die Hardyscheibe erlaubt kleine elastische Längsbewegungen zwischen Motor-Getriebe-Gruppe und Hinterachse. Ihre Elastizität in Umfangsrichtung wird ausgenutzt, um Stöße in der Drehmomentübertragung abzufedern. Bei langen Fahrzeugen wird die vordere Teilwelle kurz vor dem Kardangelenk mit einem Radiallager am Fahrzeug befestigt, bei kürzeren Fahrzeugen kann eines der beiden vorderen winkelbeweglichen Gelenke entfallen (nur ein Wellenstück).

Gelenkwelle mit zwei Kardangelenken

In geknickter Stellung ist die Drehübertragung mittels Kardangelenk ungleichförmig. Der vom Antrieb vorgegeben Drehfrequenz ist am Abtrieb eine kleine Schwankung der doppelten Frequenz überlagert. Mit zwei gegeneinander um 90° verdrehten hintereinander folgenden Kardangelenken hebt sich der Übertragungsfehler auf, wenn beide Gelenke gleichermaßen geknickt sind. Der eine der beiden möglichen Fälle ist der parallele Versatz zwischen treibender und getriebener Welle. Als Gelenkwelle wird die überbrückende Welle zusammen mit den beiden an ihr befestigten Kardangelenken bezeichnet. Sie ist oft in ihrer Mitte durch ein Schiebegelenk geteilt, das den Längsausgleich bei rein paralleler Versatzänderung ermöglicht. Ein typischer Anwendungsfall ist der Antrieb einer quer verfahrbaren Spindel einer Werkzeugmaschine, die nicht ungleichmäßig drehen darf.

Gelenkwellen sind auch Hauptbestandteil von Zapfwellen-Systemen zwischen Traktoren und gezogenen landwirtschaftlichen oder anderen Arbeitsmaschinen. Das zweite Kardangelenk und das zusätzliche Schubgelenk sind hier nötig, um die Drehmoment-Übertragung ganz unabhängig davon zu machen, wie und an welchem Punkt die gezogene Maschine angehängt wird.

Kardanwelle zur Drehmoment-Übertragung an einem Motorrad, Hinterrad schwingend, Kardangelenk zwischen Antriebs-Block und Schwingen-Gelenk (am schwarzen Schutzbalg erkennbar)
Kardanwelle zur Drehmoment-Übertragung an einem Fahrrad, Hinterrad schwingend, kein Kardangelenk
Einradanhänger am Fahrrad zum aktiven Mitfahren eines Kindes
Einradanhänger am Fahrrad: Kupplung mit integriertem Drehgelenk an der Hinterradachse
Einradanhänger an einem Motorrad

Die Kardanwelle an Motor- und Fahrrädern

Die Kardanwelle an Motor- und Fahrrädern hat vorwiegend nur diesen Namen. Eine andere Bezeichnung ist Königswelle, die allerdings häufiger für die Verbindung zwischen Kurbel- und Nockenwelle in Motorrad- und PKW-Motoren verwendet wird. Es handelt sich wohl um eine zur Drehmoment-Übertragung auf das entfernte Hinterrad verwendete Welle; diese hat aber mindestens hinten kein Kardangelenk, sondern ein Kegelradgetriebe. Kardanwellen von Motorrädern haben in der Regel vorn ein Kardangelenk (siehe Abbildung, links). Bei Fahrrädern ist zur Verbindung mit dem Pedalantrieb auch ein Kegelradgetriebe erforderlich. Bei schwingendem Hinterrad, kann die Welle mit der Schwinge um die gemeinsame Kurbelachse pendeln, die auch die Achse des treibenden vorderen Kegelrades ist (siehe Abbildung, rechts). Dem mitpendelnden vorderen Kegelrad wird dabei nur eine kleine Hin-und-Her-Drehung mitgegeben, die seiner, der Welle und des Hinterrades eigentlicher Drehung überlagert ist. Im englischen Sprachraum wird dieser Antrieb als shaft drive (Wellenantrieb) bezeichnet.

Nicht drehende Kardanwellen

Einradanhänger für Motor- und Fahrräder werden mit Hilfe eines Kardangelenkes angekuppelt. Die beiden Freiheiten in dieser Kupplung erlauben das gegen das Zugfahrzeug seitliche Ausschwenken (Kurvenfahrt) und das Auf-und Abdrehen (Fahrbahn-Steigungsänderung) des Anhängers. In Längsrichtung wird ein Drehmoment bei Drehzahl null übertragen, der Anhänger wird vom Zugfahrzeug gehindert, seitlich umzufallen (siehe Abbildungen, links: hoch liegende Kupplung für Einradanhänger).

Dasselbe wird mit einer Konstruktion erreicht, bei der der Anhänger mittels einer Gabel auf- und abdrehbar an der Hinterradachse angekuppelt wird. Das Kardangelenk hat die Größe dieser Gabel, an deren hinterem Ende sich die zweite – die vertikale Drehachse – befindet (siehe Abbildung, rechts).

Einzelnachweise

  1. Vor hundert Jahren rollte in Paris das erste Auto mit Kardanwelle. VDI-Nachrichten. Verein zur Förderung eines Offenen Deutschen Schul-Netzes. Abgerufen am 22. November 2009.

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