- Karl Hoesch
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Karl Hoesch ist ein nicht existenter Unternehmer. Dieser Begriff ist dennoch (nicht nur im Ruhrgebiet) eine feste Redewendung und steht als Idiom besonders für alles, was mit dem Stahlunternehmen Hoesch AG zu tun hat.
Leitgedanke
„Karl Hoesch“ verkörperte den guten Geist des Konzerns, der mit einer gewissen patriarchalischen Fürsorge für seine Belegschaft in Deutschland Unternehmensgeschichte geschrieben hat. Auf ihn konnte sich berufen, wer sich augenzwinkernd von allen „Nicht-Hoeschianern“ abgrenzen wollte. Auch wenn es galt, bei Konflikten innerhalb des Unternehmens Gemeinsamkeiten nicht aus den Augen zu verlieren, wurde „Karl Hoesch“ gerne zitiert.
Den virtuellen Begriff haben sich die Hoeschianer vor etwa sechzig Jahren selbst erdacht. Man arbeitete und wohnte bei „Karl Hoesch“. Den Lohn zahlte „Karl Hoesch“. Karl Hoesch unterstützte das Vereinsleben bis hin zum Ausbau einer Laube, selbst wenn das Material mal auf nicht einwandfreie Weise das Firmengelände verließ: „Davon wird Karl Hoesch nicht arm!“ hieß es dann. Karl Hoesch scheint ein umgänglicher, fürsorglicher Patriarch gewesen zu sein, der auf seine Hoeschianer achtete, aber auch mal fünf gerade sein ließ. Dies mehr als je zuvor vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg .
Im Jahr 1966 übernahm dann „Karl Hoesch“ die kränkelnde Konkurrenz am Ort, die seit langem schon als „Hüttenunion“ vereinten Werke Dortmunder Union und den Hörder Verein. Damit hatte Hoesch den Höhepunkt in seiner Firmengeschichte erreicht.
Auch in großen Teilen der produzierenden Industrie spricht man synonym von „Karl Hoesch“, wenn es um den Kauf qualitativ hochwertigen Stahles aus deutscher Fertigung geht, oder im engeren Sinn aus Dortmunder Produktion. Letztere endete mit dem letzten Abstich auf der Phoenix-Hütte in Hörde im Jahr 1999, aber immer noch wird Stahl bei „Karl Hoesch“ gekauft. Noch genauer: man kann weiterhin in begrenztem Umfang auch Stahlprodukte aus Dortmunder Fertigung kaufen, denn lackierte und beschichtete Bleche gibt es weiterhin aus einem Walzwerk zur Endverarbeitung auf den riesigen, ansonsten nun weitenteils leeren Flächen der größten Industriebrache Europas. Das Rohmaterial hierfür stammt jedoch aus den Hüttenwerken von ThyssenKrupp Steel aus Duisburg, wohin man der besseren Logistik halber an der Rheinschiene alle „Flüssigphasen“-Aktivitäten des Stahlkonzerns verlegte.
Die Hoesch AG ging auf im ThyssenKrupp-Konzern; auf Dortmunder Flächen der restlichen Westfalenhütte arbeiten unter TK-Fahne statt 25.000 Mitarbeitern nunmehr nur noch ca. 1.200 (Stand:Juni 2006). Insgesamt schmolz die Dortmunder Mitarbeiterschaft von einem Stand 52.000 um 1970 herum auf diesen Rest von 1.200 ab.
Eine Person namens Karl hat es folglich in der Industriellenfamilie Hoesch nicht gegeben, nicht jedenfalls als Eigentümer-Unternehmer im Aachener oder Dortmunder Raum. Insofern ist die Personalisierung „Karl Hoesch“ einerseits ein Insider-Scherz, oder eben andererseits ein Kürzel für „Stahl von Hoesch“. Der Name soll einen kernigen Unternehmer darstellen, der zu seinem Wort steht, dessen Liefertermine passen und eingehalten werden, der Qualität liefert, wenn er auch nicht den niedrigsten Preis anbietet. Mit seinem Stahl gibt es keinen Ärger, dafür steht virtuell der Stahlproduzent „Karl Hoesch“.
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