- Kassarezess
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Kassarezess bezeichnet eine Verfassungsreform der reichsfreien Hansestadt Lübeck im Jahr 1665. Es war deren einzige Verfassungsreform in der Zeit von der Gründung im Mittelalter bis zur Verfassungsreform des Jahres 1853.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Die Stadt hatte seit ihrer Stadtrechtsverleihung im 12. Jahrhundert ihr eigenes Stadtrecht als Lübisches Recht zwar an andere Städte unmittelbar und mittelbar weitergegeben und dieses sicherlich in Einzelbereichen auch fortentwickelt. Der für die Stadt selbst maßgebliche verfassungsrechtliche Gehalt des Stadtrechts blieb jedoch unangetastet, wenn man einige vorübergehende Aufstandssituationen vernachlässigt, weil diese auch immer unter Rückkehr zum vorherigen Zustand von den konservativen Kräften des Patriarchats überwunden wurden.
Die Stadt war im Jahr 1661 kapitaldienstunfähig geworden und der Rat wollte zur Behebung dieses Mangels die Einnahmeseite der Kasse zu Lasten der Bürger, die nach der Verfassung in Lübeck keinerlei Mitsprache an den Ratsentscheidungen hatten, verbessern. Dies führte zur Forderung der Beteiligung der Bürger über Deputierte an Entscheidungen des Rates über Angelegenheiten der Kasse, also des Lübecker Staatshaushaltes.
Reform
Infolge der ablehnenden Haltung des Rates kam es zu mehrjährigen Unruhen in der Stadt, die durch den Kassarezess vom 26. Juli 1665 beigelegt wurden. Es kam zu einer Beteiligung der Bürger, wobei der Rat allerdings getreu dem Lübecker Verfassungsprinzip für die Verwaltung der Kasse zwar Bürger vorgeschlagen bekam, die Mitglieder aus der Vorschlagsliste aber selbst auswählen konnte. Damit hatten die Bürger der Stadt sich gegenüber dem Patriziat im Rat die ersten Mitspracherechte in den finanziellen Angelegenheiten der Stadt erkämpft.
Folgen
In der Folge wurde dieses Verfassungsreförmchen noch durch einen weiteren Rezess, den Bürgerrezess von 1669, abgerundet. Bei diesem ging es um die Teilhabe an der Macht, aber es wurde wiederum nicht am Selbstergänzungsprinzip des Rates gerührt, sondern es wurde nur seine Zusammensetzung festgelegt: Danach bestand der Rat fortan aus vier Bürgermeistern und 16 Ratsherrn, die quotal aus bestimmten Gruppenvorschlägen zu wählen waren. Die einflussreiche Zirkelgesellschaft hatte so unter den 16 Ratsherren noch Anspruch auf drei Sitze. Diese Entwicklung stieß bei den konservativen, aristokratischen Kreisen auf unverhohlene Ablehnung, so bei dem Bürgermeister Gotthard von Höveln, der daraufhin aus dem Rat austrat und sein Landgut und sich selbst der dänischen Krone unterstellte.
Literatur
- Antjekathrin Graßmann: Lübeckische Geschichte. 2. überarbeitete Auflage. Schmidt-Römhild, Lübeck 1989, ISBN 3-7950-3203-2.
Kategorien:- Lübecker Rechtsgeschichte
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