Geschichte der Hansestadt Lübeck

Geschichte der Hansestadt Lübeck
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Chronologische Übersicht
  • 819 Erste slawische Burganlage von Alt-Lübeck am Zusammenfluss von Trave und Schwartau.
  • 1072 Der Name „Liubice“ wird in der Chronik des Geschichtsschreibers Adam von Bremen genannt.
  • 1138 Zerstörung Alt-Lübecks, innerslawische Machtkämpfe.
  • 1143 Graf Adolf II. von Schauenburg gründet die deutsche Stadt Lübeck auf der Halbinsel zwischen Trave und Wakenitz als bescheidene kaufmännische Siedlung neben einer slawischen Niederlassung.
  • 1159 Graf Adolf II. überläßt den Hügel Buku (heutige Lübecker Innenstadt) Herzog Heinrich dem Löwen, der Lübeck dort ein zweites Mal entstehen lässt.
  • 1226 Die norddeutschen Fürsten und Städte können die dänische Vorherrschaft abschütteln, Kaiser Friedrich II. erteilt Lübeck das Reichsfreiheitsprivileg. Lübeck wird Freie Reichstadt, soll auf ewig dem Reichsoberhaupt unterstehen. Die Bestimmung bleibt 711 Jahre, bis 1937, in Kraft.
  • 1227 Norddeutsche Fürsten und Städte, darunter Lübeck, besiegen in der Schlacht bei Bornhöved den Fürsten Waldemar endgültig. Zum Dank wird in Lübeck das Dominikanerkloster an der Stelle der ehemaligen königlichen Burg gegründet (Burgkloster).
  • 1358 Erster Hansetag in Lübeck. Der Ausdruck „Städte von der deutschen Hanse“ wird erstmals urkundlich belegt. Die Hanse als Organisationsform ist allmählich, nicht durch einen Gründungsakt, entstanden.
  • 1367–1370 Zweiter siegreicher Krieg gegen König Waldemar, abgeschlossen durch den Frieden von Stralsund und Sicherung der hansischen Privilegien und Wirtschaftsinteressen im Norden.
  • 1563–1570 Nordischer siebenjähriger Krieg (Lübeck mit Dänemark gegen Schweden), letzter ehrenvoller, aber erfolgloser Seekrieg der Stadt, beendet durch den Frieden von Stettin
  • 1669 Neun Städte der Hanse treten in Lübeck zum letzten Mal zusammen. Lübeck, Hamburg und Bremen bleiben bis ins 20. Jahrhundert als Freie und Hansestädte die Erben.
  • 1810 Gewaltsame Angliederung an das französische Reich, Lübecker Franzosenzeit
  • 1813 Übergabe der Stadt an Kronprinz Bernadotte aus Schweden (Alliierter)
  • 1815 Lübeck wird Mitglied des deutschen Bundes.
  • 1866 Eintritt in den Norddeutschen Bund.
  • 1871 Die Freie und Hansestadt Lübeck wird Gliedstaat des Reiches.
  • 1897 Im Zuge der Heeresververmehrung erhält Lübeck sein eigenes, das 3. Hanseatische, Regiment
  • 1911 Lübeck wird Großstadt
  • 1933 Absetzung des Senates, Abschaffung der Bürgerschaft, Regierung durch Bevollmächtigten der NSDAP. Gemeinsamer „Reichsstatthalter“ für Lübeck und Mecklenburg mit Sitz in Schwerin.
  • 1937 Abschaffung der Reichsfreiheit Lübecks, Eingliederung in die preußische Provinz Schleswig-Holstein.
  • 1942 Am 28. März werden große Teile der Altstadt durch Bomben vernichtet.
  • 1945 Lübeck wird kampflos von britischen Truppen besetzt.
  • 1987 Die UNESCO erklärt Lübeck zum Weltkulturerbe – das erste Kulturdenkmal dieser Art in der Bundesrepublik.
  • 1993 Lübeck feiert 850 Jahre Hansestadt Lübeck

Die Geschichte Lübecks lässt sich bis 700 n. Chr. zurückverfolgen, als die Siedlung Liubice gegründet wurde. Das Mittelalter war geprägt von der Hanse.

Inhaltsverzeichnis

Frühe Besiedlung und Herkunft des Stadtnamens

Das Pöppendorfer Großsteingrab, Westseite (mit Eingang)

Von einer ersten Besiedlung nach der Weichseleiszeit künden heute noch zahlreiche Hünengräber der Jungsteinzeit im Stadtgebiet und der näheren Umgebung wie das Pöppendorfer Großsteingrab im Waldhusener Forst und das Großsteingrab Blankensee.

Im Osten Holsteins begann die slawische Besiedelung ab zirka 700 nach Christus, nachdem vorherige germanische Bewohner nach Westen abgewandert waren. Der etwa zur Zeit Karls des Großen (748–814) entstandene Ort Liubice („die Liebliche“ [1]) lag nördlich der Lübecker Altstadtinsel zwischen der heutigen Teerhofinsel und der Mündung der Schwartau in die Trave. Als wichtiges Bodendenkmal wurde er durch eingehende Ausgrabungen untersucht. In diese Zeit gehört auch der Pöppendorfer Ringwall. Seit dem 10. Jahrhundert war Liubice neben Oldenburg in Holstein (Starigard) die wichtigste Siedlung der Abodriten. Das in der Mecklenburg und Liubice sesshafte Geschlecht der Nakoniden lag mit den Liutizen in ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen. Wahrscheinlich war Liubice bereits in dieser Zeit burgartig befestigt. Nach der dendrochronologisch auf das Jahr 819 bestimmten Gründung der Burg [2] wurde Liubice erstmals um das Jahr 1076 von Adam von Bremen [3] erwähnt, der auch von der Steinigung des Ansverus im Jahr 1066 bei Einhaus berichtet. Im Jahr 1093 übernahm der christliche Nakonide Heinrich die Herrschaft über die Abodriten und machte Liubice zu seiner Residenz. Nach seinem Tod im Jahr 1127 wurde der Ort von den Ranen niedergebrannt.

Deutsche Kolonisation und Lübecker Burg

In der heutigen Lage auf dem Hügel Buku, Standort einer ehemaligen wendischen Burg zwischen Trave und Wakenitz, wurde die Stadt Lübeck 1143 durch Adolf II., Graf von Schauenburg und Holstein als erste deutsche Hafenstadt an der Ostsee neu gegründet. Er legte hier die erste für Lübeck dokumentarisch aufgeführte Burg, einen Holz-Erde-Wall, an, welche 1147 von Helmold von Bosau [4] erwähnt wurde. Mittels Grabungen aus der Neuzeit konnte ein Brunnen für die Zeit um 1155 bestimmt werden. Die Burganlage musste Adolf 1158 an Heinrich den Löwen abtreten, als er durch seine Einmischung in die dänischen Thronstreitigkeiten dessen Unzufriedenheit erregt hatte. 1160 verlegte Heinrich das Bistum Oldenburg nach Lübeck an die Marienkirche. Nach Heinrichs Sturz wurde die Burg von 1181 bis 1189 kaiserlich, anschließend bis 1192 dann wieder herzoglich-sächsisch. Für den kurzen Zeitraum von 1192 bis 1201 ist sie wieder in gräflich-holsteinischem Besitz gewesen und wurde 1217 von König Waldemar II von Dänemark übernommen. Nach dessen Niederlage in der Schlacht bei Bornhöved (1227) wurde an ihrer Stelle das Burgkloster errichtet, in das Dominikanermönche einzogen.[5][6].

Die Zeit der Hanse bis zum Frieden von Stralsund

Anfänge

Friedrich I. Barbarossa
Reichsfreiheitsbrief der Stadt Lübeck aus dem Jahr 1226
Stadtsiegel von 1280

Nach einem Brand 1157 wurde Lübeck von Heinrich dem Löwen wiederaufgebaut, der hierfür seine Stadt Bardowick aufgab. 1160 erhielt Lübeck das Soester Stadtrecht. Dieser Zeitpunkt wird heute von Historikern [7] als der Beginn der Kaufmannshanse (im Gegensatz zur späteren Städtehanse) angesehen. Wichtigstes Argument für diese Position stellt dabei das Artlenburger Privileg von 1161 dar, in dem Lübecker Kaufleute den bisher im Ostseehandel dominierenden gotländischen Kaufleuten rechtlich gleichgestellt werden sollten. In dieser Zeit begann durch Helmold von Bosau und seinen Nachfolger Arnold von Lübeck [8] mit der Chronica Slavorum die umfassende schriftliche Überlieferung des Zeitgeschehens in Nordostdeutschland.[9] Das Barbarossa-Privileg von 1188 sicherte der Neugründung den territorialen Bestand und die Handelsmöglichkeiten.

Die der Stadt von Heinrich dem Löwen mitgegebene Ratsverfassung beruhte auf einem Stadtrat von 24 Ratsherren, der sich aus den Zusammenschlüssen der Kaufleute selbst durch Zuwahl ergänzte und aus seiner Mitte bis zu vier Bürgermeister wählte. So konnten nur die wirtschaftlich stärksten Kaufmannsfamilien in den Rat gelangen, es durfte allerdings nur jeweils ein Mitglied einer Familie im Rat sein, nie zwei gleichzeitig. Dieses Modell der Verfassung blieb bis zum 19. Jahrhundert weitgehend erhalten. Damit war die Grundlage für den ausschließlich an den Interessen der Fernhandelskaufleute ausgerichteten rasanten Aufstieg Lübecks zur Handelsmacht in Nordeuropa von der inneren Struktur gelegt. Um 1200 nahm der Hafen und die Schifffahrt weiter Aufschwung: Lübeck wurde der Auswanderungshafen für die Ostkolonisation des Deutschen Ordens in Livland, die unter dem Hochmeister Hermann von Salza ihren Höhepunkt erreichte (Goldene Bulle von Rimini vom März 1226).

Kurz darauf erlangte Lübeck im Juni 1226 von Kaiser Friedrich II. mit dem Reichsfreiheitsbrief die Reichsfreiheit und wurde reichsunmittelbare Stadt. Die Stadt nahm durch ihre günstige geografische Lage und den neuen Schiffstyp Hansekogge, die ein Vielfaches an Frachtgut im Vergleich zu früheren Schiffstypen befördern konnte, rasch Aufschwung. Die Bedrohung der Eigenständigkeit durch die dänische Machtausdehnung unter Waldemar II. wurde in der Schlacht bei Bornhöved erfolgreich abgewehrt. In der Folge des Einfalls des lüneburgischen Herzogs Otto (1301) ging die Stadt dazu über eine Landwehr zu errichten.

Lübeck als Königin der Hanse

Lübecker Goldgulden von 1341

Nachdem 1361 Wisby, der erste Hauptort der Hanse, vom dänischen König Waldemar IV. Atterdag erobert worden war, wurde Lübeck zum neuen Hauptort der Hanse (auch Königin der Hanse genannt), die sich im 13. Jahrhundert zur Städtehanse gewandelt hatte. Lübeck entwickelte sich in Folge zur zeitweise wichtigsten Handelsstadt im nördlichen Europa. Es entstand der Verband der wendischen Städte unter Lübecks Führung. Kaiser Ludwig der Bayer verlieh Lübeck 1340 das Goldmünzrecht. 1356 fand der erste allgemeine Hansetag in Lübeck statt. Die ständigen Auseinandersetzungen mit Dänemark unter König Waldemar IV. führten nach der Niederlage der Hanseatischen Flotte unter dem Befehl des Lübecker Bürgermeisters Johann Wittenborg im Öresund zu dem für die Hansestädte ungünstigen Frieden von Vordingborg (1365) und im Jahr 1367 zur Bildung der Kölner Konföderation. 1369 fiel jedoch die dänische Festung Helsingborg nach der hansischen Belagerung unter Bruno von Warendorp. Mit dem Frieden von Stralsund erreichte Lübeck den Höhepunkt seiner Macht im Ostseeraum.

Durch die Gründung des Wendischen Münzvereins 1379 wurde die lübische Mark zur Leitwährung im Ostseehandel. Kaiser Karl IV. besuchte als erster römisch-deutscher König seit Friedrich I. 1375 die Stadt.

1380 kam es um zu inneren Unruhen, den sogenannten Knochenhaueraufständen. Die vom Rat ausgeschlossenen Handwerker und kleinen Kaufleute, die durch immer wieder erhöhte Steuern und finanzielle Einbußen den kostspieligen Krieg gegen Dänemark mitgetragen hatten, forderten unter der Führung der Knochenhauer mehr Freiheiten für die Ämter und Mitspracherecht im Rat. Nach einer Machtdemonstration des Rats kam es zu einem Kompromiss, der jedoch nicht lange hielt: 1384 nutzte Hinrik Paternostermaker, ein mit seinen Geschäften unzufriedener Kaufmann, den nach wie vor gärenden Unmut in den Ämtern zu einer Verschwörung gegen den Rat. Der Anschlag wurde verraten und blutig niedergeschlagen.

Im 14. Jahrhundert war Lübeck neben Köln und Magdeburg eine der größten Städte des Reiches. Das Lübecker Stadtrecht (lübisches Recht), welches aus dem Soester Stadtrecht hervorgegangen war, galt in vielen Hansestädten, vor allem im Ostseeraum, und der Lübecker Rat war als Oberhof Appellationsinstanz für alle Hansestädte des Lübecker Rechtskreises.

Hamburg und Lübeck arbeiteten eng zusammen: Während Hamburg insbesondere den Nordseeraum und Westeuropa abdeckte, orientierte sich der Seeverkehr Lübecks nach Skandinavien und in den Ostseeraum vom Bergener Kontor Bryggen bis nach Nowgorod (Peterhof). Politisch ist der Einfluss Lübecks auch im Hansekontor in Brügge und im Londoner Stalhof von herausragender Bedeutung für die Entwicklung des hansischen Handels gewesen. Der Handelsverkehr zwischen den beiden Hansestädten wurde vorwiegend über Land, beispielsweise über die Alte Salzstraße, durchgeführt, aber auch per Binnenschiff durch den Stecknitz-Kanal, über den auch das Salz aus Lüneburg, eines der wichtigsten Exportgüter Lübecks in Richtung Norden und Osten, transportiert wurde. Das Salz wurde im Ostseeraum benötigt, um Fisch zu konservieren. Der Hering war im Mittelalter im Binnenland eine beliebte Fastenspeise.

Zum Schutz der Handelsinteressen der Hanse und zum Schutz gegen Seeräuber wie die Vitalienbrüder, statteten lübecker Kaufleute eine bedeutende Anzahl Orlogschiffe (Kriegsschiffe) aus.

Die Hansezeit nach dem Frieden von Stralsund bis zur Reformation

Haupthandelsrouten der Hanse
Lübecker Stadtansicht des Elias Diebel, gewaltiger und detaillierter Holzstich von 1552
Notkes Totentanz, Fragment in St. Nikolai in Reval
Vorwort zum Missale Aboense mit der Druckermarke Bartholomäus Ghotans, 1488

Auch der Beginn des 15. Jahrhunderts war von 1408–1415 durch innere Unruhen geprägt. In deren Verlauf kam es zur zeitweisen Absetzung des Rates. So geriet Lübeck 1410 vorübergehend in Reichsacht. Durch die Chroniken dieser Zeit aufgezeichnet durch die Lesemeister Detmar und Hermann Korner besteht zusammen mit den Urkundensammlungen für diese Zeit bereits eine herausragende Quellenlage und Geschichtsschreibung.

Der Vertrag von Perleberg führte 1420 unter Mithilfe Hamburgs zu einer Beordnung des Verhältnisses zu den Herzögen von Sachsen-Lauenburg. Fortan wurden Bergedorf und die Vierlande bis ins 19. Jahrhundert gemeinsam verwaltet.

Die Einführung des Sundzolls 1429 für die Durchfahrt durch den Öresund durch König Erik VII. führte zu einer erneuten Eskalation zwischen den Hansestädten und Dänemark, die 1435 mit dem Frieden von Vordingborg mit einer Bestätigung der Privilegien der Hanse beigelegt wurde. Gleichwohl mussten die Hansestädte schon bald mit dem Frieden von Kopenhagen - dem Ende des Hansisch-Niederländischen Krieges (1438–1441) - die aufkommende niederländische Konkurrenz in der Ostsee hinnehmen.

Die ständigen Einschränkungen der Privilegien der Hanse am Londoner Stalhof führten 1470 zur Kriegserklärung der wendischen und preußischen Städte der Hanse gegen England. Der Hansisch-Englische Krieg wurde als Kaperkrieg geführt und für die Hanse durch den Frieden von Utrecht (1474) durch den Bürgermeister Hinrich Castorp erfolgreich abgeschlossen.

Der Ostseehandel der Lübecker in dieser Zeit wurde nicht nur von Salz, Heringen aus Schonen und Stockfisch aus Nordnorwegen geprägt. Nordeuropa wurde von hier aus mit Waren des täglichen Bedarfs versorgt. Auch Kunstgegenstände wie die Werke des Malers und Bildhauers Bernt Notke und dessen Zeitgenossen Hermen Rode finden sich, ebenso wie in Lübeck hergestellte Flügelaltäre im gesamten Ostseeraum.

Die Handelsbeziehungen der Hanse förderten auch den Absatz von Büchern. Mit dem Aufkommen des Buchdrucks wurde Lübeck Ende des 15. Jahrhunderts durch Drucker wie Lucas Brandis und seinen Bruder Matthäus, Johann Snell, Bartholomäus Ghotan (der 1488 mit dem Missale Aboense das erste für Finnland gedruckte Buch herstellte), Steffen Arndes (Niederdeutsche Bibel, 1494) und später Johann Balhorn zum Druck- und Buchvertriebszentrum des Ostseeraums. Die von Hans van Ghetelen 1498 herausgegebene niederdeutsche Übersetzung des Reynke de vos (Reineke der Fuchs) war in Deutschland und Skandinavien zu der Zeit nach heutiger Diktion ein trivialer Bestseller. In Deutschland übertraf Lübeck im Markt für Druckerzeugnisse in mittelniederdeutscher Sprache die Stadt Köln, da diese durch den prägenden Katholizismus den Markt nicht in der geforderten Art und Weise bedienen konnte.[10]

1500 wurde Lübeck Teil des Niedersächsischen Reichskreises.

Die Fehden mit Dänemark nahmen nach 1509 aufgrund der Hegemonialpolitik des dänischen Königs Christian II. wieder zu, wurden aber zunächst im Frieden von Malmö (1512) durch den Bürgermeister Thomas von Wickede beigelegt. Sie loderten jedoch bald wieder auf. Lübeck verhalf Gustav I. Wasa 1523 auf den schwedischen Thron, König Christian II. wurde unter Mitwirkung des Bürgermeisters von Wickede abgesetzt und Friedrich I. zum neuen König von Dänemark gekrönt; im Gegenzug wurde die Insel Bornholm von 1525 an für fünfzig Jahre lübisch. Für Dänemark endete hiermit die Zeit der Kalmarer Union.

Johannes Bugenhagen

Die Zeit von etwa 1522 bis 1530 war geprägt durch das Vordringen der Reformation. 1531 berief der Rat Johannes Bugenhagen, um das Gemeinwesen (Kirche, Schule, Sozialfürsorge) im reformatorischen Sinn neu zu ordnen. Seine Der Keyserliken Stadt Lübeck christlike Ordeninge erschien im Mai 1531; Ende des Jahres zwang der Rat das Domkapitel in einem Vertrag zum Verzicht auf das Kirchenvermögen in der Stadt. Erster Superintendent und Rektor der neu gegründeten Lateinschule Katharineum wurde Hermann Bonnus.

Im selben Jahr führte der Eintritt Lübecks in den Schmalkaldischen Bund dazu, dass die katholischen Bürgermeister Nikolaus Brömse und Hermann Plönnies die Stadt verließen. In den darauf folgenden Unruhen gelang es Jürgen Wullenwever, den Rat mit seinen Anhängern zu besetzen. Nach seinem Scheitern und Brömses Rückkehr trat Lübeck wieder aus dem Bund aus.

Lübecks Rolle als führende Handelsmacht in der Ostsee wurde in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zunehmend durch niederländische Kaufleute gefährdet, die unter Umgehung der Lübecker Stapels direkt die Städte im östlichen Teil der Ostsee ansteuerten. Nachdem Friedrich I. nicht bereit war, Lübeck als Lohn für seine Hilfe bei der Gefangennahme Christian II. 1532 die Sundschlösser zu überlassen, versuchte Jürgen Wullenwever mit militärischen Mitteln, die alte Vormachtstellung im Ostseeraum wiederherzustellen und die Grafenfehde zu Gunsten Lübecks zu beeinflussen. Zur Finanzierung seiner militärischen Abenteuer ließ er unter anderem den Kirchenschatz einschmelzen. Doch er scheiterte dramatisch, musste 1535 die Stadt verlassen, wurde vom Erzbischof von Bremen gefangen genommen und 1537 hingerichtet. Damit war Lübecks Zeit als „Königin der Hanse“ endgültig vorüber. Und auch die Bedeutung der Hanse schwand.

In kultureller Hinsicht führte die Reformation zu einem Abbruch der künstlerischen Produktivität der Stadt, da die Auftraggeber für sakrale Kunstwerke dem Zeitgeist entsprechend fehlten. Allein der Terrakottabildhauer Statius von Düren, der Maler Hans Kemmer und die Familie des Bildschnitzer Tönnies Evers d. Ä. bereicherten noch die Renaissance in Norddeutschland. Ihnen folgen als Künstler der Übergangszeit der Bildschnitzer Tönnies Evers d. J. und der Maler Johannes Willinges nach.

Nordische Kriege, Dreißigjähriger Krieg und Niedergang der Hanse

Im Zuge des Dreikronenkrieges zwischen Dänemark und Schweden, bei dem die Hansestädte den dänischen König unterstützten, erreichte Lübeck als einzige Macht seine Kriegsziele, da der Frieden von Stettin von 1570 der Stadt die Narva-Fahrt garantierte. Allerdings offenbarte sich auch die von nun an eingeschränkte Machtposition der Stadtstaaten im Verhältnis zu den Flächenstaaten.

Lübeck 1641 aus der Werkstatt des Matthäus Merian

1615 erhielt Lübeck mit der Lübecker Stadtbefestigung ein modernes Befestigungsanlagensystem nach niederländischer Manier. Die Anlagen wurden von Johann von Ryswyck und Johan van Valckenburgh entworfen, der auch für die Befestigungen von Hamburg, Bremen und Ulm verantwortlich war. Im Gegensatz zu dem ungefähr gleichzeitig entstehenden Hamburger Bastionsring sowie den Anlagen in Braunschweig und Bremen verzichtete man in Lübeck im Hinblick auf die topografische Situation der Stadt auf eine vollständige Umwallung der Stadt. Die Fertigstellung erfolgte ab 1634 durch den niederländischen Festungsbauer Johann von Brüssel.

Im Dreißigjährigen Krieg gelang es Lübeck, neutral zu bleiben. 1629 wurde hier der Friede von Lübeck zwischen den kaiserlichen Truppen und König Christian IV. von Dänemark geschlossen. Im Zuge der Vorbereitungen für einen umfassenden Friedenskongress während der Verhandlungen über die Hamburger Präliminarien 1641 waren auch die beiden Städte Hamburg und Lübeck als Kongressorte im Gespräch. An den Verhandlungen und dem Abschluss des Westfälischen Friedens waren die Hansestädte durch den späteren Lübecker Bürgermeister David Gloxin vertreten.

Wirtschaftlich profitierte die Stadt zu Anfang des Krieges zunächst durch ihre offen kaiserliche Haltung, so dass noch Wallenstein bei seinem Zug gegen Dänemark die finanziellen Transaktionen über Lübeck abwickeln ließ. Mit dem Kriegseintritt Schwedens übernahm zunehmend Hamburg die Abwicklung der notwendigen Finanzaktionen und wurde zum wichtigsten Umschlagsplatz für Waffen, Salpeter und andere kriegsnotwendige Materialien im Norden.

Wenn Lübeck auch nicht unmittelbar von den Kriegsereignissen betroffen war, so führte die gleichzeitig stattfindende Umorientierung der europäischen Handelsströme nach Westen und das zunehmende Eindringen niederländischer Schiffe in die Ostsee zu einem erheblichen Bedeutungsverlust für den Lübecker Fernhandel. Dies vermochte auch der ab 1665 verstärkt aufgenommene, aber durchaus risikoreiche Walfang nicht zu ändern.

Stadtplan Lübecks um 1750 (Matthäus Seutter)

Der letzte Hansetag fand 1669 in Lübeck statt. Die drei Städte Lübeck, Hamburg und Bremen wurden zu Sachwaltern der Hanse und ihres Restvermögens eingesetzt.

Auch innenpolitisch steht das Jahr 1669 für einen Umbruch. Mit der Kassarezess genannten Verfassungsreform räumten die Patrizierfamilien dem Bürgertum der Stadt widerwillig erweiterte Mitspracherechte, insbesondere bei der Kasse, dem Finanzhaushalt, ein. Der Kassarezess war die einzige wesentliche Änderung der Verfassung von den Anfängen der Stadt bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Gleichwohl verfiel die Stadt – ob des gewonnenen status quo – in eine orthodox-konservative Denkweise, die bis zum 20. Jahrhundert anhielt. In diese Zeit vor der Aufklärung fällt das Wirken des voraufklärerischen Polyhistors und Hauptpastors an St. Marien Jacob von Melle. In dieser Zeit importiert der Kaufmann Thomas Fredenhagen die Bildhauerkunst eines Thomas Quellinus aus den Niederlanden. Lübecker Künstler wie die Gebrüder Kneller hingegen verlassen die Stadt, die ihnen mit ihrem geistigen Klima nicht genügend Entwicklungsmöglichkeiten bietet.

Von der Aufklärung zur Moderne

Stadtplan Lübecks um 1888
Markt in Lübeck um 1820 mit der Marienkirche (hi. li.) und dem Rathaus (Mitte u. re.)
Holstentor, ebenfalls Stadtseite (um 1900)

Der Siebenjährige Krieg verlief dank der diplomatischen Beziehungen des Lübecker Stadtkommandanten Graf Chasot ohne größeren Schaden für die Stadt. Gegen Ende des 18. Jahrhundert entstanden auch in Lübeck aufgeklärte Salons wie um Deutschlands erste promovierte Philosophin Dorothea Schlözer, die mit dem Ratsherrn und späteren Bürgermeister Mattheus Rodde verheiratet war. In Lübeck wirkte um dieser Zeit der Maler Johann Jacob Tischbein. Vor den Toren der Stadt entstand mit der Stockelsdorfer Fayencemanufaktur eine über die Grenzen Norddeutschlands hinaus anerkannte Werkstatt. Der bürgerliche Geist der Zeit führte zur Gründung der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, die seither einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das kulturelle Leben der Stadt nimmt.

Lübeck unter französischer Herrschaft

Hauptartikel: Lübecker Franzosenzeit

Mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 blieb Lübeck noch reichsunmittelbare Stadt, um dann mit Fortfall des Heiligen Römischen Reiches 1806 ein souveräner deutscher Staat zu werden. Allerdings erfolgte am 6. November 1806 in Folge der für Blücher vernichtenden Schlacht bei Lübeck im Rahmen des vierten Koalitionskrieges die Besetzung der neutralen Stadt durch die Truppen Napoleons unter Bernadotte verbunden mit der den Handel lähmenden Durchsetzung der Kontinentalsperre. Von 1811 bis 1813 fand sich Lübeck wider Willen vorübergehend als Teil des französischen Kaiserreiches wieder; es wurde bonne ville de l'Empire français und Arrondissement im Département des Bouches de l'Elbe; die Stadt wurde zeitweilig von einem Maire und einem Munizipalrat regiert.

Die wirtschaftlichen Folgen der Ausblutung durch die Besatzung waren für die Stadt bis zur Mitte des Jahrhunderts spürbar. Ab 1829 gab es auf Initiative von Karl von Schlözer und finanziert durch Ludwig Stieglitz eine regelmäßige Dampfschiffahrtslinie nach St. Petersburg.

Deutscher Bund

1815 wurde Lübeck auf dem Wiener Kongress als Freie und Hansestadt Lübeck völkerrechtlich souveränes Mitglied des Deutschen Bundes. Gesandtschaften und Konsulate wurden zumeist gemeinsam mit den beiden Schwesterstädten Bremen und Hamburg in wichtigen Haupt- und Hafenstädten unterhalten. Die hanseatischen Ministerresidenten wie Vincent Rumpff in Paris oder James Colquhoun in London, zugleich auch der letzte hanseatische Stalhofmeister verhandelten die völkerrechtlichen Verträge mit den wichtigsten Handelspartnern. Das Postwesen betrieb jede Stadt für sich.

Der Kunsthistoriker Karl Friedrich von Rumohr bewirkte mit seiner Veröffentlichung Altertümer des transalbingischen Sachsen 1813 den Anstoß zum Erhalt der Lübecker Denkmäler und Kulturgüter. Seine Gedanken wurde von dem Zeichenlehrer Carl Julius Milde in Lübeck tatkräftig umgesetzt und bilden heute den Grundbestand der Museen für Kulturgeschichte der Hansestadt.

1835 stiftete der Senat die Medaille Bene Merenti für herausragende Dienste um und in Lübeck. Sie ist bis heute die bedeutendste Auszeichnung der Hansestadt. Die Stadt wurde durch ihre Erneuerungsbewegung Jung-Lübeck und den Germanistentag des Jahres 1847 zu einem wichtigen Symbolort des Vormärz, überstand aber aufgrund der weitvorangeschrittenen Vorbereitung einer neuen Verfassung das Revolutionsjahr 1848 ohne größere Unruhen.

In der Frankfurter Nationalversammlung 1848 wurde Lübeck durch den Abgeordneten Ernst Deecke vertreten.

Wappen
Wappen des freien Hansestadt Lübeck in der Zeit des Deutschen Kaiserreiches
Karte
Karte der freien Hansestadt Lübeck 1815–1937
Daten aus dem Jahre 1905
Fläche 297,7 km²
Einwohner 105 857
Bevölkerungsdichte 356 Ew./km²
Stimmen im Bundes- bzw. im Reichsrat 1 Stimme

Norddeutscher Bund und Deutsches Kaiserreich

Einzug der siegreichen Truppen am 18. Juni 1871
3 Markmünze der Freien und Hansestadt Lübeck aus 1913

Lübeck trat 1866 dem Norddeutschen Bund sowie 1868 dem Zollverein bei und wurde 1871 Gliedstaat des Deutschen Reiches; damit endet die seit 1806 bestehende völkerrechtliche Souveränität Lübecks. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte die Industrialisierung ein. Die Bevölkerungszahl wuchs rapide und die Vorstädte breiteten sich mit Aufhebung der Torsperre im Jahr 1864 aus.

1895 wurde die Deutsch-Nordische Handels- und Industrie-Ausstellung in Lübeck abgehalten, für die Bürger des kleinen Stadtstaates „ihre Weltausstellung“.

20. Jahrhundert

Der Zusammenbruch des Kaiserreichs 1918 führte in Lübeck zwar als nächster Stadt nach Kiel zu einem Matrosenaufstand, jedoch in Lübeck als einzigem Staat des Deutschen Reiches nicht zu revolutionären Verwerfungen durch die Novemberrevolution. Bürgermeister Emil Ferdinand Fehling und alle Senatoren blieben im Amt, aber bereits im gleichen Jahr kam es zu einem neuen, zeitgemäßen Wahlrecht des Staates und im Mai 1920 zu einer neuen, ersten demokratischen Verfassung im modernen Sinne. Die Gemeinsamkeit der Hanse endete in diesem Jahr insofern, als die Freien Städte nunmehr keine gemeinsame, sondern fortan jeweils eigenständige Vertretungen beim Reich unterhielten. Ansonsten wurde Lübeck von den Unruhen der frühen Weimarer Republik kaum betroffen. Wie vielerorts in Deutschland nahmen in den 20er Jahren auch in Lübeck Kunst und Kultur einen Aufschwung auch wenn die bemerkenswerte Kunstsammlung des Lübecker Mäzens Max Linde der Inflation zum Opfer fiel. Der Museumsdirektor Carl Georg Heise förderte viele Künstler wie Asmus Jessen, Hans Peters, Leopold Thieme, Karl Gatermann d.Ä. und Erich Dummer. Der Grafiker Alfred Mahlau änderte den Außenauftritt der Stadt prägend und gestaltete Marken wie Niederegger und Schwartauer Werke.[11] 1926 feierte die Stadt mit einem großen Fest und einem großen kostümierten Festumzug die 700-jährige Wiederkehr der Reichsfreiheit.

Im Bereich des Schulwesens gehörte Lübeck unter dem Direktor der Oberschule zum Dom und späteren Landesschulrat Sebald Schwarz bis zur Gleichschaltung 1933 zu den fortschrittlichen Ländern im Deutschen Reich.

Nach dem folgenschweren Lübecker Impfunglück 1930 erregte der anschließende Calmette-Prozess international Aufsehen und schrieb im Ergebnis Rechtsgeschichte.

Im März 1933 setzte die NSDAP in Lübeck die Gleichschaltung verbunden mit dem Rücktritt des SPD-Bürgermeisters Paul Löwigt und den weiteren sozialdemokratischen Senatoren durch und die demokratischen Verfassungsprinzipien außer Kraft; Friedrich Hildebrandt, der Reichsstatthalter für Mecklenburg und Lübeck, ernannte zum 30. Mai seinen Stellvertreter, Otto-Heinrich Drechsler, zum Bürgermeister. Die Auseinandersetzung der Nationalsozialisten mit den demokratischen Parteien führte zur Verhaftung von Julius Leber am 1. Februar 1933. Herbert Frahm (Willy Brandt) konnte sich der Verfolgung nur durch seine Flucht nach Skandinavien entziehen.

Die Lübecker Bücherverbrennung fand am 26. Mai 1933 auf dem Buniamshof statt.[12]

Durch das Groß-Hamburg-Gesetz verlor Lübeck 1937 seine 711 Jahre alte territoriale Eigenständigkeit und wurde Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein.[13] Vorangegangen war ein Tauziehen zwischen dem nationalsozialistischen Gauleiter von Schleswig-Holstein (Hinrich Lohse) und dem von Mecklenburg (Friedrich Hildebrandt), dem Lübeck von 1933 bis 1937 unterstellt war. Die Vaterstädtische Vereinigung Lübeck von 1949 versuchte nach Kriegsende ein Volksbegehren über die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Lübecks zu initiieren, welches jedoch vom Bundesinnenminister abgelehnt wurde. In der gegen die Ablehnung erhobenen Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht unterlag der Verein im Lübeck-Urteil 1956 endgültig.

Im September 1941 wurden 605 Insassen der Heilanstalt Strecknitz auf Veranlassung der Nationalsozialisten abgeholt und ermordet (Aktion T4).

Von den in Lübeck lebenden Juden waren bis 1939 über die Hälfte ausgewandert oder auf Binnenwanderung gegangen, die 203 verbliebenen wurden teils am 6. Dezember 1941 mit einem Transport von 90 Personen in das Konzentrationslager Jungfernhof bei Riga verbracht, die letzten Transporte gingen 1942/43 in das Ghetto Theresienstadt. Nur drei Personen überlebten Deportation und Lager.

Marienkirche: als Mahnmal erhaltene Bombenschäden
Brennende Domtürme 1942

„In der Nacht zum Palmsonntag“ vom 28. März auf den 29. März 1942 erfolgte der Luftangriff auf Lübeck. Lübeck wurde damit zur ersten deutschen Großstadt, die im Rahmen der kurz zuvor erlassenen britischen Area Bombing Directive angegriffen wurde. Das Zielgebiet bildete die dichtbewohnte mittelalterliche Altstadt. Bei dem Angriff wurden insgesamt 320 Menschen getötet und 1.044 Gebäude zerstört oder beschädigt, unter ihnen die Marienkirche, die Petrikirche und der Dom.

C. J. Burckhardt

Der Schweizer Diplomat und Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Carl Jacob Burckhardt erreichte 1944, dass der Lübecker Hafen zum Umschlaghafen für Schiffe des Roten Kreuzes wurde und die Stadt somit vor weiteren Bombardierungen geschützt werden konnte. Hierfür wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt zuteil. Außerdem trägt das 1957 neu gegründete naturwissenschaftliche und neusprachliche Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasium in der Ziegelstraße seinen Namen.

Himmler 1938 in Lübeck bei einem Polizeisportfest

Am 23. April 1945 traf Heinrich Himmler in Lübeck den schwedischen Grafen Folke Bernadotte, dem er ein Waffenstillstandsangebot unterbreitet. Präsident Harry S. Truman lehnte das Angebot ab. Die British Army besetzte Lübeck am 2. Mai 1945 fast kampflos, 42 Deutsche kamen ums Leben, weil die Briten eine Gegenwehr vermuteten, die nicht gegeben war.

Am 3. Mai 1945 ereignete sich in der Lübecker Bucht ein besonders tragisches Schiffsunglück, als alliierte Flieger drei Schiffe, darunter die Cap Arcona versenkten, auf denen die SS KZ-Häftlinge eingepfercht hatte. Etwa 7.000 bis 8.000 Menschen kamen dabei ums Leben.

Weltweites Aufsehen erregte im September 1947 die Internierung der Emigranten der Exodus durch die Britische Regierung im Rahmen der Operation Oasis in einem Lager in Pöppendorf.

Nach 1945 vergrößerte sich Lübecks Einwohnerzahl durch Zuzug von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten erheblich. Es wurde Bestandteil des von den Alliierten gebildeten Bundeslandes Schleswig-Holstein, genoss aber im kulturpolitischen Bereich wie in der Denkmalpflege einen Ausnahmestatus kommunaler Zuständigkeit. Bis 1989 blieb Lübeck Grenzstadt an der innerdeutschen Grenze mit einer gesamten Grenzlänge von etwa 44 Kilometer. In Schlutup befand sich dabei der nördlichste innerdeutsche Grenzübergang. Relikte des Kalten Krieges finden sich als vorbereitete Sperren (hier Stecksperren) bei der Possehlbrücke oder am Burgtorteller. Die deutsche Teilung trennte Lübeck zwar vom mecklenburgischen Teil seines Hinterlandes, verschaffte aber andererseits seinem Fährhafen Travemünde eine bevorzugte Stellung im Fährverkehr zwischen Westeuropa und den Ostseeländern Schweden und Finnland. Seit der deutschen Wiedervereinigung ist Lübeck wieder Oberzentrum auch für das westliche Mecklenburg.

Am 18. Januar 1996 starben bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in der Hafenstraße zehn Menschen, 30 werden schwer, 20 leicht verletzt. Die Tat konnte bis heute nicht aufgeklärt werden.

Eingemeindungen und Gebietsänderungen

Stadtplan Lübecks um 1910

Wie die meisten ehemaligen Freien Reichsstädte konnte auch Lübeck im Laufe der Geschichte neben dem eigentlichen Stadtgebiet umliegende Dörfer und Städte (etwa Travemünde im Jahre 1329) erwerben. Das Staatsgebiet der Freien Reichsstadt Lübeck bestand daher bis 1937 aus dem eigentlichen Stadtgebiet und dem so genannten Landgebiet, also einer Vielzahl von Landgemeinden, die zum Teil auch als Exklave außerhalb des sonst geschlossenen Gebiets lagen. Die Gemeinden des Landgebiets hatten eine eigene Verwaltung beziehungsweise die Bewohner dieser Orte des Landgebietes des Lübschen Staates (des Niederstadtgebietes unter Verwaltung des Niederstadtprokurators) hatten andere Rechte als die der eigentlichen Stadt. Auch die Gerichtsbarkeit war eine andere, nämlich die des Niedergerichts, das in der Gerichtslaube auf dem Koberg Recht sprach. Das Landgebiet war in folgende Teilgebiete eingeteilt: „Vor dem Burgtor“, „Vor dem Holstentor“, „Vor dem Mühlentor“ und „Gebiet außerhalb der Landwehr (inklusive Exklaven)“. Für das Bewaffnungswesen war das gesamte Staatsgebiet Lübecks in fünf Bezirke eingeteilt: Holstentor-, Mühlentor-, Burgtor-, Ritzerauer und Travemünder Bezirk. 1804 vergrößerte sich das Landgebiet erheblich, als der Senat durch einen Vergleich mit dem Herzog von Oldenburg das durch den Reichsdeputationshauptschluss säkularisierte Stiftsland des Domkapitels und den Landbesitz des St. Johannisklosters aufteilte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzten sich für die Vorstädte, also die Gebiete vor den Stadttoren, eigene Bezeichnungen durch: St. Jürgen, St. Gertrud, St. Lorenz. 1861 wurden die Grenzen der Vorstädte offiziell festgelegt. Später wurden die Vorstädte um Gebiete der angrenzenden Landgemeinden vergrößert. Die erste größere Eingemeindung wurde 1913 vollzogen, als Travemünde und 11 Landgemeinden mit der Stadt Lübeck vereinigt wurden. Das Stadtgebiet umfasste danach zunächst noch zwei getrennte Teile. Dazwischen lagen mehrere Landgemeinden. 1935 wurden jedoch beide Teile des Stadtgebiets durch die Eingliederung weiterer Landgemeinden geschlossen. Die Landgemeinden außerhalb des geschlossenen Gebiets (Exklaven) blieben zunächst noch bei Lübeck. Sie wurden 1937 mit dem Groß-Hamburg-Gesetz, als die Stadt Teil der Provinz Schleswig-Holstein wurde, vollständig von Lübeck abgetrennt und den benachbarten Landkreisen zugeordnet.

Im Einzelnen wurden die Landgemeinden des Staates Lübeck wie folgt in die Stadt Lübeck eingegliedert:

  • 1903: ein Teil der Landgemeinde Vorwerk
  • am 1. April 1913: (die eingegliederten Gemeinden waren danach „Vorstädte“)
    • Stadt Travemünde und Landgemeinde Gneversdorf: Sie bildeten fortan den Stadtteil Kurort und Seebad Travemünde
    • Landgemeinde Siems: Sie bildete mit dem Gebiet der Trave von der Mündung der Schwartau abwärts bis zum Durchstich bei der Herrenfähre den Stadtteil Siems-Dänischburg
    • Landgemeinden Kücknitz (zum Teil, der Rest kam zur Landgemeinde Pöppendorf) und Herrenwyk sowie kleinere umliegende Gebiete: Sie bildeten den Stadtteil Kücknitz-Herrenwyk
    • Landgemeinden Krempelsdorf, Vorwerk, Moisling und Genin: Sie wurden jeweils eigenständige Stadtteile
    • Landgemeinde Schlutup: Sie bildete mit umliegenden Gebieten den Stadtteil Schlutup.
    • Landgemeinden Gothmund und Israelsdorf (zum Teil, der Rest kam zur Landgemeinde Wesloe): Sie gehörten fortan zur Vorstadt St. Gertrud
  • am 12. September 1921: Landgemeinden Schönböcken und Wesloe
  • am 1. April 1927: Landgemeinde Strecknitz (nördlicher Teil)
  • am 12. März 1932: Rest der Landgemeinde Strecknitz (sie wurde Teil von St. Jürgen)
  • am 1. Mai 1935: die eingegliederten Landgemeinden wurden danach zu äußeren Vorstädten
    • Landgemeinden: Beidendorf, Blankensee, Brodten, Dummersdorf, Ivendorf, Kronsforde, Krummesse, Moorgarten, Niederbüssau, Niendorf, Oberbüssau, Pöppendorf, Reecke, Rönnau, Teutendorf, Vorrade und Wulfsdorf.

Siehe auch

Literatur

  • Fritz Endres (Hrsg.): Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck. Otto Quitzow, Lübeck 1926, Weidlich, Frankfurt M 1981 (Repr.), ISBN 3-8035-1120-8
  • Erich Keyser (Hrsg.): Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte. Bd 1. Nordostdeutschland. Im Auftrag der Konferenz der landesgeschichtlichen Kommissionen Deutschlands mit der Unterstützung des Deutschen Gemeindetages. Kohlhammer, Stuttgart 1939.
  • Abram Enns: Kunst und Bürgertum – Die kontroversen zwanziger Jahre in Lübeck. Christians – Weiland, Hamburg – Lübeck 1978, ISBN 3-7672-0571-8
  • Lübeck 1226 – Reichsfreiheit und frühe Stadt. Scheffler, Lübeck 1976.
  • Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der Freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen. Schmidt-Römhild, Lübeck 1986, ISBN 3-7950-0452-7
  • Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, Lübeck 1989, 4. Aufl. 2008. ISBN 978-3-7950-1280-9

Weblinks

 Commons: Lübecker Geschichte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die zweite Silbe „-beck“ hat hier also nichts mit der sonst in Norddeutschland üblichen Herkunft „bäke“ = „Bach“ zu tun.
  2. Antjekathrin Graßmann: Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, Lübeck 1997. ISBN 3-7950-3215-6
  3. Adam von Bremen: la:Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum. Hahn, Hannover 1993. ISBN 3-7752-5288-6
  4. Helmold von Bosau: Chronica Slavorum. Neu übertragen und erläutert von Heinz Stoob. In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 19.1963. ISSN 0067-0650
  5. C.-H. Seebach: 800 Jahre Burgen, Schlösser und Herrenhäuser in Schleswig-Holstein. Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1988. ISBN 3-529-02675-1
  6. G. P. Fehring: Die Burg in Lübeck. in: Lübecker Schriften für Archäologie und Kulturgeschichte. Habelt, Bonn 6.1982. ISSN 0721-3735
  7. Für alle: Philippe Dollinger: Die Hanse. Kröner, Stuttgart 1998. ISBN 3-520-37105-7
  8. Arnold von Lübeck: Chronica Slavorum. Neu übertragen und erläutert von Heinz Stoob. In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 19.1963. ISSN 0067-0650
  9. Quellenausschnitte zur ma. Geschichte Lübecks
  10. Philippe Dollinger: Die Hanse. ebda.
  11. Abraham B. Enns: Kunst und Bürgertum. Weiland, Lübeck 1978. ISBN 3-7672-0571-8
  12. Schaufenster-Ausstellung in der Hüxstraße in Lübeck
  13. Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen, Verlag Schmidt-Römhild zu Lübeck 1986, ISBN 3-7950-0452-7

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