Keußler

Keußler

Gerhard von Keußler (* 23. Junijul./ 5. Juli 1874greg. in Alt-Schwanenburg, Livland; † 21. August 1949 in Niederwartha bei Dresden) war ein deutscher Komponist, Dirigent und Musikschriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gerhard von Keußler stammte aus einer baltendeutschen Pastorenfamilie und erhielt ersten Musikunterricht im Elternhaus. 1894 begann er in Dorpat zunächst Botanik zu studieren, bevor ihn ein erfolgreiches Konzert mit eigenen Liedern 1899 zum Wechsel ans Leipziger Konservatorium bewog. Dort studierte er bis 1902 Komposition bei Carl Reinecke, Kontrapunkt bei Salomon Jadassohn und Violoncello bei Julius Klengel. 1900 hatte er parallel ein Studium der Kunstwissenschaft aufgenommen. 1902 erlangte er darin mit der Schrift Die Grenzen der Aesthetik den Doktortitel. 1906 wurde Keußler zum Dirigenten des Deutschen Singvereins in Prag ernannt. Die Stelle hatte er bis 1918 inne. Auch leitete er die Konzerte des Musikverbandes und hielt Vorlesungen zu musikhistorischen und musikästhetischen Themen. Von 1918 bis 1922 arbeitete Keußler als Dirigent der Sing-Akademie und der Philharmonischen Konzerte in Hamburg. Anschließend lebte er bis 1933 in Stuttgart.

1926 war in Prag und Stuttgart eine „Gerhard von Keußler - Gesellschaft“ gegründet worden, die sich für die Pflege der Werke des Komponisten einsetzte. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten löste Keußler die Gesellschaft selbst auf, da er der Forderung jüdische Mitglieder auszuschließen nicht Folge leisten wollte.

1933 ging Keußler nach Melbourne, Australien, und arbeitete dort als Musikdirektor der St. Patricks-Kathedrale. 1935 kehrte er nach Deutschland zurück. Dank seiner Freundschaft mit Reichsmusikkammer-Präsident Peter Raabe blieb Keußler von der NS-Kulturpolitik unbehelligt. Raabe vermittelte ihm auch 1936 die Leitung einer Meisterklasse für Komposition an der Preußischen Akademie der Künste, die Keußler bis 1945 inne hatte. Seit 1941 lebte der Komponist bei seiner jüngeren Schwester Lisbeth von Keußler (1879-1972), einer Malerin, im sächsischen Niederwartha. Hier verbrachte Gerhard von Keußler zurückgezogen seine letzten Lebensjahre.

Künstlerisches Schaffen

Keußlers musikalisches Schaffen besteht überwiegend aus Vokalwerken, für die er selbst die Dichtungen verfasste. Hier dominieren groß angelegte Oratorien und ein speziell von Keußler entwickelter Operntypus, den der Komponist als „Sinfonisches Drama“ bezeichnete. Die Texte der Werke befassen sich überwiegend mit philosophischen Themen. Unter den Instrumentalwerken ragen zwei umfangreiche, einsätzige Sinfonien hervor. Keußlers oft stark kontrapunktisch gestaltete Musik wird charakterisiert als „von einem tiefen Ernst erfüllt, der jenseits des Musikantischen und Effektvollen liegt“ (Helmut Scheunchen). In der MGG (1. Auflage) nennt Erwin Kroll Keußler einen „einsame[n], in Tönen dichtende[n] Höhenwanderer“ sowie „eine besondere Erscheinung innerhalb der letzten deutschen Spätromantik“ und rückt sein Werk stilistisch in die Nähe von Felix Draeseke, Hans Pfitzner, Richard Wetz und Heinrich Kaminski.

Die Werke Gerhard von Keußlers sind nach seinem Tod kaum mehr aufgeführt worden, was wohl daran liegt, dass die meisten Kompositionen eine große Besetzung verlangen und die Tonsprache des Komponisten allgemein als schwer zugänglich gilt. Nur ein Teil der Werke ist außerdem im Druck erschienen, meist in nicht sehr hoher Auflagenstärke.

Keußler veröffentlichte in Zeitungen zahlreiche Aufsätze zur Musik. Er zeigte ein lebhaftes Interesse an früheren Epochen der Musikgeschichte und bearbeitete zahlreiche Stücke alter Meister, z.B. Palestrinas. Er war außerdem der Erste, der sich dafür einsetzte, das Requiem Wolfgang Amadeus Mozarts ohne die Anteile Franz Xaver Süßmayrs zu spielen. Er plädierte für die Ergänzung des unvollendeten Werkes mit Teilen aus anderen Mozartschen Messkompositionen.

Keußlers umfangreicher Nachlass, der neben den musikalischen Werken auch Schriften zu Musik und Philosophie sowie Gedichte enthält, wird im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar aufbewahrt.

Werke (Auswahl)

Opern

(Libretti: Gerhard von Keußler)

  • Wandlungen, sinfonisches Drama in 7 Bildern (Teilaufführungen: Coburg 1904, Dresden 1905; als Ganzes unaufgeführt)
  • Gefängnisse, sinfonisches Drama in 3 Teilen (UA: Prag 22. April 1914)
  • Die Geisselfahrt, sinfonisches Drama in 2 Teilen (UA: Hamburg 17. September 1923)
  • Der Bruder, sinfonisches Drama in 3 Handlungen (Libretto vollendet, Musik nur unzusammenhängend skizziert)

Oratorien

  • Jesus aus Nazareth, biblisches Oratorium (Text: Bibel, G. v. Keußler; UA: Prag 2. Juni 1917)
  • Die Mutter, ein Marien-Oratorium (Text: Bibel, G. v. Keußler; UA: Hamburg 25. November 1919)
  • Zebaoth, biblisches Oratorium (Text: Bibel, G. v. Keußler; UA: Frankfurt am Main 13. Juni 1924)
  • In jungen Tagen, ein Volksoratorium nach altdeutschen Liedern (UA: Heidelberg 26. Februar 1926)

Lieder

  • Im Zeitenwandel, 6 Gesänge mit Orchester
  • Zur Ernte, Zyklus für Gesang und Orchester
  • Gesänge nach eigenen Dichtungen für Singstimme und Klavier (insgesamt 10 Hefte)

Sinfonien und Sinfonische Dichtungen

  • Sinfonie A-Dur (nur 1. und 4. Satz erhalten, frühere Fassung unter dem Titel "Todesvisionen")
  • Sinfonie d-Moll (1925)
  • Sinfonie C-Dur (1929)
  • An den Tod, melodramatische Sinfonie
  • Sinfonische Phantasie
  • Morgenländische Phantasie
  • Australia, sinfonische Dichtung
  • Asma, sinfonische Dichtung für Alt und Orchester
  • Das große Bündnis, sinfonische Dichtung für Alt und Orchester
  • Die Burg, sinfonische Dichtung für Alt, Knabenchor und Orchester

Weblinks


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