Kindersegnung

Kindersegnung
Kindersegnung in der Freien evangelischen Gemeinde Hamburg-Lokstedt

Kindersegnung ist eine Segenshandlung der Kirche speziell an Kindern, in der Regel an besonderen biographischen Schnittpunkten (z. B. nach der Geburt, bei der Einschulung).

In Kirchen, die keine Kindertaufe praktizieren, wird mit dem Begriff eine kirchliche Praxis bezeichnet, die an neu geborenen Kindern anstelle der Säuglingstaufe vollzogen wird. Diese Kirchen berufen sich dabei auf einen neutestamentlichen Bericht, nach dem Jesus Kinder gesegnet hat.

In manchen Kirchen wird der Akt der Kindersegnung auch als Darbringung bezeichnet gemäß der Darbringung Jesu im Jerusalemer Tempel am achten Tag nach seiner Geburt (Lukasevangelium 2,21-24).

Kindersegnung in der Bibel

Menschen (Eltern?) - so berichten die Synoptiker übereinstimmend - bringen Kinder zu Jesus, "damit er sie anrühre". Welche Absichten sie damit konkret verbanden, wird in den genannten Berichten nicht erwähnt. Die Jünger Jesu stellen sich diesem Begehren in den Weg, was jedoch von Jesus massiv getadelt wird. In diesem Zusammenhang fällt das bekannte Jesus-Wort: "Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes (Himmelreich)! Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen." Die Jünger geben daraufhin ihren Widerstand auf. Jesus umarmt die Kinder, legt ihnen die Hände auf und segnet sie (Matthäusevangelium 19,13-15; Markusevangelium 10,13-16; Lukasevangelium 18,15-17).

Theologische Deutung

Jesus offenbart sich - gegen den Widerstand seiner Jünger - als Freund der Kinder und spricht ihnen das Reich Gottes als Eigentum zu. Daher ist diese Geschichte zunächst die Grundlage für die Wertschätzung von Kindern im Christentum.

Weil der Text eine der wenigen Stellen des Neuen Testaments zur Stellung von Kindern in der Gemeinde ist, spielte er wirkungsgeschichtlich eine gewisse Rolle in der Diskussion um die Kindertaufe. Grundsätzlich gibt es zwei Positionen:

1. Kirchen, die die Kindertaufe ablehnen, betonen, dass der Satz "...denn solchen gehört das Reich Gottes" über ungetauften Kindern ausgesprochen wird. Für manche Kritiker der Kindertaufe bedeutsam ist auch, dass Jesus die Kinder nicht tauft beziehungsweise ihre Taufe nicht veranlasst, sondern den Kindern "nur" die Hände auflegt und sie segnet.

2. Für Kirchen, welche die Kindertaufe üben, ist die Kindersegnung Beleg dafür, dass bereits Kinder alle Eigenschaften haben, um zu Jesus kommen zu dürfen. Deshalb können sie selbstverständlich auch getauft werden, zumal die Zuwendung und der Segen des Messias andere Qualität habe als der Segen der Kirche. Die Taufe der Kinder liegt für sie im Auftrag des auferstandenen Christus begründet, wogegen weder in bei der Kindersegnung Jesu noch anderswo ein Auftrag zur speziellen Kindersegnung erfolgt. Weil der Kirche das Segnen von Menschen im allgemeinen geboten ist, segnen diese Kirchen selbstverständlich auch Kinder sowohl vor wie bei und nach ihrer Taufe.

Praxis der Kindersegnung

Segnung von Kindern und Jugendlichen zu Beginn eines Schuljahres (Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Jever)

Viele taufgesinnte Freikirchen praktizieren anstelle der Kindertaufe die Kindersegnung. Andere Kirchen, die zwar in der Regel die Kindertaufe praktizieren, räumen jedoch Eltern die Möglichkeit ein, ihre Kinder segnen zu lassen. Dazu gehört unter anderem die Evangelisch-methodistische Kirche.

Kirchen, die ausschließlich die Gläubigentaufe vollziehen, segnen gewöhnlich neugeborene Kinder bei einer häuslichen Feier oder im Gottesdienst der Gemeinde.

Zum Beispiel Evangelisch-Freikirchliche Gemeinden und Adventgemeinden gestalten gottesdienstliche Kindersegnungen meist auf folgende Weise:

  • In der Schriftlesung wird ein Bibeltext zitiert, der von Kindersegnung handelt.
  • Der Pastor beziehungsweise Gemeindeälteste erklärt den Sinn der Segnung und macht deutlich, warum taufgesinnte Gemeinden keine Kindertaufe praktizieren.
  • Die Eltern stellen ihr Kind der Gemeinde vor.
  • Der Pastor (oder Gemeindeälteste) spricht unter Handauflegung das (meist frei formulierte) Segensgebet.
  • Ein Segenslied der Gemeinde oder des Chores schließt die Segenshandlung ab.

Die Ostkirchen praktizieren zwar durchgängig die Kindertaufe, da diese aber mit vollem Untertauchen geschieht, wird damit gewöhnlich etwa sechs Wochen nach der Geburt gewartet, bis der Säugling unempfindlich genug dafür ist. Daher ist hier auch eine Kindersegnung kurz nach der Geburt üblich, bei der der Säugling vom Priester in den Altarraum der Kirche getragen wird.

Die römisch-katholische Liturgie kennt einen eigenen Segensgottesdienst für noch nicht getaufte Kinder (Rituale Romanum, De Benedictionibus. Editio typica. Città del Vaticano 1984, Nr. 156-169) in folgender Weise:

  • Nach der Versammlung und Begrüßung der Mitfeiernden erfolgt eine kurze Einführung in den Sinn der Feier, wobei besonders die Bedeutung des Kreuzes und des Kreuzzeichens erklärt werden.
  • Eine einschlägige Bibellesung wird vorgetragen, z. B. Mk 10, 13-16 (Jesu Segnung der Kinder). Eine Deutung der Schriftperikope kann sich anschließen. Danach singt man den Antwortpsalm oder ein passendes Lied und spricht Fürbitten.
  • Dann erfolgt die Segnung des Kindes durch Gebet und Zeichen. Im Anschluss an das Segensgebet zeichnen Gottesdienstleiter und Eltern schweigend das Kreuz auf die Stirn des Kindes.
  • Mit dem Schlusssegen endet die Feier. Sie wird geleitet von einem Priester, Diakon oder Laien, etwa einem Katecheten.

Das Benediktionale sieht eine Kindersegnung am oder um den Gedenktag der Unschuldigen Kinder, der am 28. Dezember begangen wird, vor.

Kindersegnungen müssen kein einmaliges Geschehen bleiben. In vielen Kirchengemeinden werden Kinder häufiger unter den Segen Gottes gestellt. Anlässe sind dafür zum Beispiel der Eintritt des Kindes in den Kindergarten oder in die Schule, besondere Kindergottesdienste oder Veranstaltungen der Sonntagsschule und des Kindergottesdienstes, Krankheit des Kindes oder die Entlassung aus dem Gemeindeunterricht.


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