- Kleines Spiel
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Das Marionettentheater Kleines Spiel ist das älteste noch existierende Privattheater Münchens. Seit 1947 werden hier Marionettenstücke für Erwachsene aufgeführt. Es befindet sich in der Neureutherstraße 12 im Stadtteil Maxvorstadt.
Inhaltsverzeichnis
Gründung
Bereits im April 1946 wurde die - so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg notwendige - Spiellizenz von der amerikanischen Militärregierung an das ehemalige Marionetten-Kammerspiel München, das bereits in den 30er Jahren von Peter Auzinger gegründet worden war, verliehen. Die großen Zerstörungen der Stadt und die psychische Last der vergangenen Kriegsjahre ließen kaum Raum für eine derartige Freizeitbeschäftigung, doch war gerade dies die größte Motivation, in einer Ruine in Schwabing - damals noch im vierten Stock des Hauses Nr. 37 in der Ainmillerstraße - Marionettentheater zu spielen:
- „Wir haben alle fast alles verloren. Mit den materiellen und ideellen Begriffen ist auch ein Grossteil des Glaubens an das Gute im Menschen verloren gegangen. Wir sind alle zwischen 20 und 25 Jahre alt und sind betrogen worden, betrogen um die Ideale des Lebens. […] Dem müssen wir abhelfen, wollen wir nicht im Chaos der Zeit uns selbst verlieren. […] Der brennende Wunsch ist in uns, wieder froh zu werden. Noch steckt ein kleiner Funke von Liebe zu Musik, Kultur und zum Leben in uns. […] So haben wir angefangen, unsere alte Liebe, unser kleines Marionettentheater wieder aufzubauen. Wir haben beschlossen, uns gegenseitig zu helfen, um uns ein neues, freies Leben mit erträglichen Grundlagen zu sichern. […] Es ist doch unser Wunsch, den Zwang der vergangenen Jahre endlich zu vergessen. […]“
(aus: „Gedanken um unser Theaterstudio“, um 1946)
Als der Theatergründer und -leiter, Peter Auzinger, 1946 bei Bauarbeiten im Theaterraum starb, verloren seine etwa 15 Mitspieler zwischenzeitlich die Kraft, das Theaterprojekt weiter voranzutreiben, doch schließlich konnte am 7. Februar 1947 ein Zuschauerraum für 75 Besucher feierlich eröffnet werden. Dieses Datum gilt noch heute als Gründungsdatum des Kleinen Spiels.
Im Laufe der Jahre waren einige heute bekannte Persönlichkeiten aktiv am Spielgeschehen beteiligt; so schrieb Tankred Dorst seine ersten Stücke für das Kleine Spiel, auch Wilhelm Killmayer und Michael Ende sind zu nennen. Der derzeitige Oberbürgermeister der Stadt München, Christian Ude, schrieb während seiner Schulzeit Kritiken zu Theaterstücken des Kleinen Spiels für eine Schülerzeitung.
Weitere Geschichte
- vom 7. Februar 1947 bis 1951: im 4 Stock des Hauses Nr. 37 an der Ainmillerstraße
- von 1951 bis 1956 in der Universitätsreitschule an der Königinstraße
- 25. Februar 1956: Umzug in den Keller der Neureutherstraße 12, 80799 München
- 13. September 1965: Das Kleine Spiel erhält den Ehrenpreis des Schwabinger Kunstpreises
- 1971: Der Münchner Stadtrat verleiht den „Förderpreis für Interpretierende Kunst“
- 7. Februar 1997: Das Kleine Spiel feiert seinen 50. Geburtstag
- 15. Juli 1997: Beginn aufwändiger Renovierungsarbeiten, Spielpause
- Dezember 1997: Der Spielbetrieb wird wieder aufgenommen
- Juli 1998: Der zweite Teil der Renovierung beginnt, erneute Spielpause
- Dezember 1998: Der Umbau ist abgeschlossen, der Spielbetrieb wird wieder aufgenommen
- 13. Juli 2004: Das Kleine Spiel erhält zum zweiten Mal den Schwabinger Kunstpreis
- 8. Februar 2007: Zum 60. Jahrestag der Eröffnung hat die Eigenproduktion „Wal De Mar und die Wasserköpfe“ Premiere
Heutiger Spielbetrieb
Jeden Donnerstag um 20 Uhr (mit Ausnahme der bayerischen Schulferien) werden in der Neureutherstraße 12 (Eingang Arcisstraße) wechselnde Stücke gespielt. Der Eintritt ist kostenlos, Eintrittskarten und Reservierungen werden nicht ausgegeben, stattdessen genügt pünktliches Erscheinen zum Einlass um 19:45 Uhr. Das Theater finanziert sich ausschließlich durch Spenden, die nach Ende der Vorstellung in einen eigens bereitgestellten schwarzen Zylinder gegeben werden können.
Repertoire
Nach dem Premierenstück „Wehe dem, der lügt“ von Franz Grillparzer folgten viele weitere, teilweise von bekannten Autoren wie Bertolt Brecht, Ben Jonson oder Tankred Dorst, teilweise aber selbstgeschriebene Stücke. Das Kleine Spiel experimentiert dabei immer mit den Möglichkeiten des literarischen Figurentheaters, von der virtuosen Marionette bis zur extremen Reduzierung auf ein bewegtes Symbol und von der poetischen Erzählung über Kabarett bis zur Musiknummer.
Bis heute sind im Repertoire[1]:
Stück Autor Beschreibung Erstaufführung Letzte Aufführung Heilige Nacht Ludwig Thoma Weihnachtslegende in oberbayerischer Mundart 27. November 1949 Dezember 2010 Aucassin und Nicolette Tankred Dorst Ein Ammenmärchen für Erwachsene 28. Mai 1953
Neufassung 1964Februar 2009 A Trumpet for Nap Tankred Dorst Der Aufstieg und Fall eines Tellerwäschers 14. Mai 1959 November 2007 Volpone Ben Jonson Erbschleicherkomödie im Stil der Commedia dell'Arte 21. Juni 1960 Juli 2010 Maipus Versuchung oder
Die Belohnte TreueAnselm van Heuveldorp,
Josef GurgelKanibalette für Erwachsene 18. Mai 1961 April 2009 Mann ist Mann Bertolt Brecht Parabelstück von der totalen Ummontierbarkeit des Menschen 22. August 1968
Neuinszenierung 2004November 2008 Der gute Mensch von Sezuan Bertolt Brecht Drei Götter begeben sich auf die Suche nach einem guten Menschen 25. Oktober 1984 Juli 2009 Für eine handvoll Wasser Wilhelm Wasserburger Eine kurzweilige Westernparodie 7. November 1987 März 2010 Eilige Nacht – Ein aktuelles Szenenprogramm für Erwachsene mit Maria, Joseph u.v.a.m. 9. Dezember 1993
letzte Neufassung 2008Dezember 2008 Schnell im Biss –
5 Sterne für Schloss DraculaPeter Geierhaas Eine Vampirparodie für Erwachsene 16. Juni 1994 Juli 2008 Geh nicht nach El Kuwehd! Günter Eich Kaufmann Mohallab zieht mit seiner Karawane durch die Wüste heim zu seiner geliebten Fatime und gerät dabei in einen endlosen Strudel zwischen Schein und Sein 10. Januar 2002 Juni 2010 Wal De Mar und die Wasserköpfe Marianne Graben,
Beat Anstrøm,
Thadaeus TidenhubEin abendfüllendes Lustspiel für Stabfiguren, Handpuppen und Marionetten 8. Februar 2007 November 2010 Macbeth William Shakespeare 22. Oktober 2009 Februar 2010 Der aktuelle Spielplan findet sich hier Literatur
- Nicola von Otto: Ein Kleines Buch über das Kleine Spiel. August Dreesbach Verlag, München 2007. ISBN 978-3-940061-06-5
- G. J. Bellinger und B. Regler-Bellinger: Schwabings Ainmillerstrasse und ihre bedeutendsten Anwohner. Ein repräsentatives Beispiel der Münchner Stadtgeschichte von 1888 bis heute. Norderstedt 2003, Seite 346 - ISBN 3-8330-0747-8
- Tankred Dorst: Auf kleiner Bühne. Juventa-Verlag, München 1959.
Quellen
Weblinks
48.15486111111111.572777777778Koordinaten: 48° 9′ 18″ N, 11° 34′ 22″ OKategorien:- Theatergebäude in München
- Maxvorstadt
- Puppenbühne
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