Kloster Rebdorf

Kloster Rebdorf

Das Kloster Rebdorf ist ein Kloster in Eichstätt in Bayern in der Diözese Eichstätt.

Die Klosterkirche

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der barocke "Gabrieli-Hof" des Augustiner-Chorherrenstiftes Eichstätt
Das Kloster Rebdorf an der Altmühlseite. Aquarell von Siegfried Schieweck-Mauk, Eichstätt
Die Prälatur des Rebdorfer Klosters mit ihrer Rokokofassade
Bücher aus der Rebdorfer Stiftsbibliothek in der Universitätsbibliothek Eichstätt

Rebdorf taucht erstmals 1055 in einer Urkunde auf. 1063 wurde im Dorf eine Kirche geweiht. Kaiser Friedrich Barbarossa übergab 1153 das Reichsdorf dem Eichstätter Bischof Konrad I. von Morsbach. Dieser gründete um 1156 das St. Johannes Baptist geweihte Kloster als Augustiner-Chorherren-Stift. Es nahm eine gute geistige und wirtschaftliche Entwicklung. 1239 hatte das Stift in 47 Hochstiftsorten Besitzungen. 1309 wurde in der Klosterkirche der letzte Graf von Hirschberg, Gebhard VII., beigesetzt.

Reformbedürftig geworden, schloss sich das Stift nach vielen Widerständen 1458 der Windesheimer Kongregation an und erlangte im Humanismus mit den Prioren Hieronymus Rotenpeck und Kilian Leib eine bedeutende Stellung. Die Chorherren betreuten auch das benachbarte, 1460 gegründete Augustiner-Chorfrauenstift Marienstein.

Im Dreißigjährigen Krieg erlitt die Klosteranlage schwere Schäden. Der Wiederaufbau erfolgte im 18. Jahrhundert. 1732 wurde die romanische Klosterkirche St. Johannes der Täufer im Barockstil umgebaut, und der Eichstätter fürstliche Baumdirektor Gabriel de Gabrieli errichtete neue Konventsgebäude, die zur Altmühl hin eine 183 Meter lange schlossartige Fassade bilden. An den mittelalterlichen Kreuzgang schließt sich seitdem das alte Refektorium mit gutem Barockstuck an. In der ehemaligen Prälatur mit ihrer repräsentativen Rokokofassade (um 1730) ist ein stuck- und freskengeschmückter Festsaal von 1731. Hinter der Klosterkirche entstand mit schönen Arkaden der sogenannte Gabrielihof.

Das Kloster wurde 1806 im Zuge der Säkularisierung aufgelöst. Zu diesem Zeitpunkt umfasste der Besitz unter anderem 191 Tagwerk Wiesen, 533 Tagwerk Äcker und 2.040 Tagwerk Wald. Die Klosterkirche wurde profaniert (später wieder rückgängig gemacht), die Einrichtung an andere Orte verbracht; Altäre wurden beispielsweise nach Hausen und Rögling verkauft. Die Besitzverhältnisse wechselten nach der Säkularisation mehrmals. 1824 erwarb Herzog von Leuchtenberg Auguste de Beauharnais die Gebäude. 1855 übernahm der Bayerische Staat die Klostergebäude und richtete hier ein Arbeitshaus ein. Zwischen dem ehemaligen Kloster und dem Fuße des östlichen Altmühlhangs, wo seit 1885 die Stichbahn zwischen Eichstätt-Bahnhof und Eichstätt-Stadt verkehrt (1932 auf Normalspur umgestellt), verläuft über die Wiesen ein historischer Hochwassersteg.

Bekannte Stiftsmitglieder waren:

  • Propst Silvester von Passau (reg. 1448-54), der "Meditationes de Passione Christi" (Meditationen vom Leiden Christi) schrieb,
  • Kilian Leib (* 1471; † 1553), ab 1503 Prior, der mit den bedeutendsten Gelehrten des Humanismus in Verbindung stand und mehrere Schriften und ein Tagbuch (1513-31) verfasste - wegen der exakten Wetterbeobachtungen ein wichtiges meteorologisches Dokument,
  • Maximilian Münch (* 1743; † 1791), Verfasser historischer Schriften,
  • Michael Stein (* 1747; † 1779), Verfasser historischer Schriften, Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften,
  • Propst Erhard Räm (reg. 1711-32), der die barocke Umgestaltung in Auftrag gab,
  • Hieronymus Rotenpeck († 1773), von den Zeitgenossen als zweiter Cicero gerühmt, der u. a. eine lateinische Metrik schrieb,
  • Andreas Strauß (* 1751; † 1805), Kloster-Bibliothekar und Verfasser mehrere Werke, die für Lokalhistoriker und Geographen Bedeutung erlangten.

1946 bis 1949 war das Litauische Gymnasium für geflüchtete Litauer im ehemaligen Kloster, das insgesamt als Flüchtlingslager für Balten fungierte, untergebracht. 1951/52 wurden die Gebäude zur Unterkunft der III. Abteilung der Bayerischen Bereitschaftspolizei umgestaltet. 1958 kaufte die Kongregation der Herz-Jesu-Missionare die Anlage, restaurierte sie und richtete 1959 eine Knaben-Realschule mit Internat ein; Letzteres wurde 2007 geschlossen. Das Kloster errichtete über einem bald neu errichteten Turnhallenbau eine Sternwarte. 1990 übernahm das Bistum Eichstätt die Trägerschaft der Schule und kaufte 2003 dem Orden die Anlage ab. Die Kirche ist Pfarrkirche der Pfarrei St. Johannes (Rebdorf). Die Pfarrei umfasste 2003 in Rebdorf selber 787 Katholiken, mit Marienstein, Wasserzell, Blumenberg und dem Kinderdorf Marienstein insgesamt 1801 Katholiken.

Ehemalige Klosterbibliothek

Weltweit berühmt ist Rebdorf für seine ehemalige Klosterbibliothek. Sie galt als eine der bedeutendsten geistlichen Bibliotheken in Deutschland. In den Reformbestrebungen des 15. Jahrhunderts, bei denen es um eine Erneuerung des geistlichen und geistigen Lebens ging, war Rebdorf Teil eines Netzwerks von Klöstern, die wichtige Werke der mystisch-aszetischen Literatur abschrieben und dann auch selbst zur Abschrift weiterverliehen. Handschriftenbeziehungen verweisen u. a. auf die Reformklöster Pillenreuth und Tegernsee, beispielsweise in der Tradierung wichtiger Tauler-Texte.[1] Unter dem Prior Kilian Leib wurden dann im 16. Jahrhundert die Bibliotheksbestände besonders in Hinblick auf humanistische Interessen erweitert. Auch in der Folgezeit wurde die Bibliothek weiter ausgebaut und bot die Voraussetzung für zahlreiche gelehrte Studien. Um 1800 umfasste sie 30 000 Bände und fast 800 Handschriften, zahlreiche Inkunabeln und eine Gutenberg-Bibel. Das Ende der Bibliothek kam mit der Säkularisation im Jahre 1806; zuvor war die Bibliothek schon im Sommer 1800 durch die französische Armee geplündert worden. Die Bestände, soweit gerettet, sind heute über Europa und die USA verstreut.

Ehemalige Klosterkirche "St. Johannes der Täufer"

Bau

Mit dem Bau der Kirche wurde in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts begonnen. Die Türme stammen in unteren Teilen aus der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts; ihre Abschlüsse wurden im 15. Jahrhundert verändert und im 18. Jahrhundert barock umgestaltet. Die Barockisierung der Kirche führte Matthias Seybold 1732-34 durch. 1806 säkularisiert, verkam die Kirche, bis sie 1855 als Anstaltskirche Verwendung fand. In dieser Eigenschaft verblieb sie bis 1958, als die Herz-Jesu-Missionare sie zu ihrer Klosterkirche machten und gleichzeitig als Kirche für die Kuratie Eichstätt-Rebdorf nutzen. 1961-63 wurde sie vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege restauriert. 2007-2009 erfolgte eine Renovierung der Dächer und des Dachstuhles.

Heutiges Erscheinungsbild

Das Innere birgt Stuck von hoher Qualität. Die Fresken hat 1734 Joseph Dietrich gemalt. Über dem Hochaltar hängt als Leihgabe aus Donauwörth eine Kreuzigungsgruppe von Andreas Frosch von 1519. Am linken Seitenaltar steht eine spätgotische Madonna. In der Kirche und ihrer Vorhalle befinden sich Grabsteine vom 15. Jahrhundert an.

Orgel

Die Sandtner-Orgel

Die Orgel wurde 1979 von der Orgelbaufirma Sandtner erbaut. Sie besitzt zwei Manuale und Pedal.

I Hauptwerk C–g3
Principal 8′
Octav 4′
Quinte 22/3
Octav 2′
Mixtur III
Pommer 16′
Rohrgedackt 8′
Blockflöte 4′
Trompete 8′
II Oberwerk C–g3
Rohrflöte 8'
Principal 4′
Feldpfeife 2′
Sifflöte 11/3
Sesquialter II
Scharff IV
Quintade 8′
Schalmey 8′
Dulcian 16′
Tremulant
Pedal C–f1
Subbass 16′
Gedackt 8′
Principalbass 16′
Octave 8′
Octave 4′
Mixtur III 22/3
Posaune 16′

Glocken

Das Geläute
Die Türme der Klosterkirche.
  • es' (N)
  • ges' (N)
  • as'(N)
  • b'(N)
  • c" (S)
  • es" (S)
  • f" (S)

S = Südturm (rechts), N = Nordturm (links)


Bildergalerie

Einzelnachweise

  1. Siehe Siegfried Ringler: Viten- und Offenbarungsliteratur in Frauenklöstern des Mittelalters. Quellen und Studien. Artemis, München 1980 (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 72), S. 55-59; 62f. Siehe auch Adolf Spamer: Über die Zersetzung und Vererbung in den deutschen Mystikertexten. Diss. Gießen 1910, S. 85-92; 95f.

Literatur

  • J. E. Weis-Liebersdorf: Rebdorfer Handschriften in Paris und München. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Eichstätt 24 (1909), S. 58 ff.
  • Josef Hollweck: Beiträge zur Geschichte des Klosters Rebdorf. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Eichstätt 39 (1914), S. 47-64
  • Norbert Backmund: Die Chorherrenorden und ihre Stifte in Bayern. Passau 1966, S. 119-123
  • Theodor Neuhofer, Peter Steiner und Ludwig Krottenthaler: 800 Jahre Kloster Rebdorf. Schnell & Steiner, München und Zürich 1967
  • Hans Baier: Die Zerstörung der Rebdorfer Bibliothek. In: Historische Blätter für Stadt und Landkreis Eichstätt 17 (1968), S. 15-20
  • [kh = Konrad Held]: Der erste Rebdorfer Prior nach der Reform: Johann Herden. In: Historische Blätter für Stadt und Landkreis Eichstätt 25 (1976), Nr. 3, S. 12
  • Der Eichstätter Raum in Geschichte und Gegenwart. 2. erweiterte Auflage. Eichstätt 1984, S. 271-274 (mit ausführlicher Bibliographie)
  • Alexander Rauch: Denkmäler in Bayern. Band I.9/1. Stadt Eichstätt. Ensembles, Baudenkmäler, Archäologische Geländedenkmäler. Schnell & Steiner, München und Zürich 1989, S. 192-199
  • Theresia Bittl u. a.: Andreas Strauß - der letzte Bibliothekar des Augustinerchorherrenstifts Rebdorf. In: Sammelblatt des Historischen Vereins Eichstätt 83 (1990), S. 61-76
  • Josef Höcherl: Rebdorfs Kanoniker der Windesheimer Zeit 1458-1853. Historischer Verein Eichstätt, Sammelblatt 85 (1992), 206 S. (mit Literaturverzeichnis)
  • Christina Grimminger: Kloster- und Pfarrkirche St. Johannes der Täufer Rebdorf-Eichstätt (Schnell, Kunstführer Nr. 834), Regensburg 7. neu bearbeitete Auflage 2003
  • Andreas Forster: Unser Rebdorf. Erinnerungen an eine schöne Jugendzeit. Erweiterte (Privat-)Ausgabe 2004
  • Josef Ettle: Die Rebdorfer Odlpumper. Zwangsarbeitsanstalt und Arbeitshaus von 1857 bis 1958. Eichstätt: Historischer Verein 2007, ISSN 0936-5869
  • Hermann Bauer, Frank Büttner, Bernhard Rupprecht (Hrsg.): Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland, Band 13: Landkreis Eichstätt, S. 391-424.

Weblinks

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