Knackbeere

Knackbeere
Gewöhnliche Schneebeere
Blütenstand einer Gewöhnlichen Schneebeere (Symphoricarpos albus)

Blütenstand einer Gewöhnlichen Schneebeere (Symphoricarpos albus)

Systematik
Klasse: Dreifurchenpollen-
Zweikeimblättrige
(Rosopsida)
Unterklasse: Asternähnliche (Asteridae)
Ordnung: Kardenartige (Dipsacales)
Familie: Geißblattgewächse (Caprifoliaceae)
Gattung: Schneebeeren (Symphoricarpos)
Art: Gewöhnliche Schneebeere
Wissenschaftlicher Name
Symphoricarpos albus
(L.) S.F.Blake

Die Gewöhnliche Schneebeere (Symphoricarpos albus) ist ein in Nordamerika heimischer Strauch, der in Europa als Ziergehölz weit verbreitet ist. Die weißen Früchte verbleiben bis in den Winter hinein an den Sträuchern. Wegen des Geräuschs, das die Früchte beim Zerdrücken erzeugen, werden sie auch Knallerbsen genannt.

Inhaltsverzeichnis

Merkmale

Die Gewöhnliche Schneebeere ist ein sommergrüner Strauch und wird 0,3 bis 2 m hoch. Er bildet eine größere Anzahl von schlanken, zwei bis 2,5 cm dicken, leicht überhängenden Zweigen. Die Verzweigung erfolgt basiton (an der Basis des Strauchs). Die Pflanzen bilden unterirdische Spross-Ausläufer, die wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche verlaufen und bis 60 cm lang werden. An den Enden wachsen die Schösslinge empor. Neue Ausläufer werden erst gebildet, wenn sich der Schössling etabliert hat. Die Stämme besitzen bis in eine Höhe von 100 cm Adventivwurzeln, die an stehenden Ästen funktionslos sind, bei abgebrochenen, liegenden Ästen jedoch zu einer Bewurzelung und somit zur Etablierung neuer Pflanzen führen. Die Winterknospen haben zwei Paar äußere Knospenschuppen.

Die Rinde von jungen Ästen ist glatt und gelblich-grau, später wird sie dunkler und schuppig. Im Bastparenchym kommen Calciumoxalat-Drusen vor. Das Holz ist ringporig, das Holzparenchym ist unregelmäßig zwischen den Fasern verteilt. Die Fasern selbst besitzen spiralige Wandverdickungen.

Zweige mit Blütenständen.

Die Blätter stehen gegenständig, ihre Stellung erscheint durch eine Drehung der Blattstiele jedoch zweizeilig. Sie haben einen kurzen Blattstiel, sind einfach, ganzrandig und stumpf grün. Die Länge beträgt 4 bis 6 cm, die Blattform ist eiförmig bis rundlich, am Ende sind die Blätter leicht zugespitzt, am der Basis rundlich. Der Blattstiel ist an der Oberseite rinnig, am Grund verdickt. An den jungen Schösslingen haben die Blätter ein anderes Aussehen: hier werden zunächst farblose Niederblätter, dann kleine, ganzrandige, gestielte Laubblätter, in der Mittelregion dann große, gelappte, manchmal auch grob gezähnte Blätter, am Ende des Triebes dann wieder kleine und ganzrandige.

Blüten und Früchte

Einzelblüte.

Der Blütenstand ist eine vielblütige, dichte Ähre. Jeder Blütenstand hat mehrere kleine, dreieckige Vorblätter.

Die Blüten sind radiärsymmetrisch, glockenförmig und fünfzählig. Der Kelch ist schalenförmig und fünfzähnig. Die verwachsenblättrige Krone ist rötlich. Die fünf Staubblätter setzen an der Wand der Krone an und stehen hier in einem Haarkranz. An der Innenseite der Kronröhre befinden sich mehrere gekrümmte Nektarien. Der Fruchtknoten ist unterständig, hat vier Fächer und enthält zwei fertile Samenanlagen. Blütezeit ist Juni bis September.

unterschiedlich reife Früchte.
aufgeschnittene Frucht.

Die Früchte sind weiß, fast kugelrund, saftig und haben einen Durchmesser von 10 bis 15 mm. Die Frucht ist eine Steinfrucht mit zwei Kernen, wird jedoch manchmal als Beere[1] bezeichnet. Sie reifen zwischen Juli und Oktober, und bleiben bis in den Winter hinein am Strauch. In einer Beere befinden sich zwei Samen, die rund 5 mm lang, elliptisch, leicht zusammengedrückt sind und eine harte Samenschale besitzen. Das Fruchtfleisch ist schwammig.

Chromosomen und Inhaltsstoffe

Zu den Chromosomenzahlen gibt es Angaben über 2n = 36, 54 und 72, was bedeuten würde, dass es tetraploide, hexaploide und octoploide Sippen gibt.

Die Beeren enthalten Saponine und einen unbekannten, stark reizend wirkenden Wirkstoff.[2] Daneben enthalten sie auch das Isochinolin-Alkaloid Chelidonin sowie weitere Alkaloide[3].

Ökologie

Bestäubung

Die Blüten produzieren reichlich Nektar und werden von kurz- bis mittelrüsseligen Insekten (Bienen, Wespen, Schwebfliegen) besucht. Selbstbestäubung dürfte nicht vorkommen.

Herbivore

Die Gewöhnliche Schneebeere ist in Amerika eine bedeutende Futterpflanze für verschiedene Tierarten, darunter Dickhornschaf (Ovis canadensis) und Weißwedelhirsch (Odocoileus virginianus). Die Früchte werden von verschiedenen Vögeln und Kleinsäugern gefressen, darunter dem Kragenhuhn und Tympanuchus phasianellus, Truthühner (Meleagris gallopavo), Tyrannus, Blaukehl-Hüttensänger (Sialia mexicana) und die Säuger Fuchshörnchen (Sciurus niger), das Baumwollschwanzkaninchen Sylvilagus audubonii und Taschenratten (Geomyidae).[4]

Giftigkeit

Über die Giftigkeit der Beeren für den Menschen gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben. Die Giftzentrale der Universität Bonn stuft die Art als giftig ein und gibt als Symptome Brechdurchfall an.[5] Bei kleinen Mengen (drei bis vier Beeren) kommt es meist zu keinen Symptomen, bei größeren Mengen kommen Darmbeschwerden, Fieber und Müdigkeit vor. Es gibt auch Berichte über eine Schädigung der Mund- und Magenschleimhaut.[2]

Systematik

Es werden innerhalb der Art zwei Varietäten unterschieden:

  • Symphoricarpos albus var. laevigatus (Fern.) Blake ist im Westen der USA heimisch, ihr Areal reicht von Süd-Alaska bis Kalifornien, Montana und Colorado. Sie ist die in Europa verbreitete Varietät. Ihre Merkmale sind die oben beschriebenen.
  • Symphoricarpos albus var. albus ist eher im Osten Nordamerikas heimisch, mit rund einem Meter kleiner als laevigatus, hat auch mit 10 mm kleinere Früchte, die Zweige und Äste sind behaart.

Ältere, teilweise selten noch verwendete Synonyme für Symphoricarpos albus sind Symphoricarpos racemosus (Michx.) und Symphoricarpos rivularis Suksdorf.

Verbreitung und Standorte

Die Gewöhnliche Schneebeere ist in Nordamerika heimisch. Sie kommt von der Hudson Bay bis nach Alaska vor, im Süden bis Kalifornien und in östlicher Richtung bis North Carolina. Sie kommt hier in einer Vielzahl von Pflanzengesellschaften vor, vorwiegend auf warmen und/oder trockenen Standorten. Beispiele für Klimax-Vegetationen, in denen die Art codominant ist, sind Wälder von Gelb-Kiefer (Pinus ponderosa), Douglasie (Pseudotsuga menziesii) und Felsengebirgs-Tanne (Abies lasiocarpa).[4] Sie wächst bevorzugt an Waldrändern, auch an Flussufern.

In Europa ist die Art als Zierpflanze weit verbreitet und ist in weiten Teilen auch eingebürgert, fehlt jedoch im Mittelmeergebiet. In Großbritannien ist sie praktisch landesweit vertreten. In Deutschland kommt sie häufig im Umfeld von Siedlungen und Städten verwildert vor und bildet eine eigene Pflanzengesellschaft Symphoricarpetum albi innerhalb des Verbandes Sambuo-Salicion capreae, die auch in Großbritannien weit verbreitet ist. Die Art wächst am besten auf feuchten, jedoch nicht staunassen, fruchtbaren Böden im vollen Sonnenlicht.[6]

Nutzung

Die Indianer in Washington und Oregon aßen die Früchte frisch oder getrocknet, und nutzten sie als Haarshampoo. Früchte und Blätter wurden zerstoßen auf Wunden aufgetragen. Ein Tee aus der Rinde wurde zur Behandlung von Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten eingesetzt. Aus dem Holz wurden Pfeilschäfte und Pfeifenrohre hergestellt. Heute wird die Art häufig zur Wiederherstellung gestörter Standorte gepflanzt.[4]

In Europa, aber auch Nordamerika, wird die Gewöhnliche Schneebeere häufig als Ziergehölz gepflanzt. In Großbritannien wurde sie als Deckungsgehölz für Vögel und Wild auch außerhalb von Siedlungsräumen angepflanzt.[6]

Geschichte

In Europa wurde die Gewöhnliche Schneebeere erstmals durch den schwedischen Botaniker Pehr Kalm bekannt, der die Art Mitte des 18. Jahrhunderts in Pennsylvania fand. Durch Kalm erlangte Carl von Linné Kenntnis von der Art, er nannte sie jedoch irrtümlich Vaccinium album. André Michaux stellte sie als Symphoricarpos racemosus in die Gattung Symphoricarpos. 1914 wurde sie von Sidney Fay Blake aus nomenklatorischen Gründen in Symphoricarpos albus umbenannt.[7]

Ab dem 19. Jahrhundert wurde die Art in Europa als Zierstrauch in Gärten gepflanzt. Die als Zierpflanze verwendete Varietät laevigatus wurde von Lewis und Clarke im Gebiet des Columbia River entdeckt. Aus den von ihnen gesammelten Samen zog Bernard McMahon in Philadelphia Pflanzen. 1817 kamen die ersten Samen nach London und wurden von hier weiter verbreitet. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts war der Strauch in Deutschland in Gärten, Parks und Friedhöfen weit verbreitet, besonders, da er auch eine ergiebige Bienenweide darstellt. Von diesen Standorten verwilderte die Pflanze vielfach. Bei Kindern sind die Beeren beliebt, da sie beim Zertreten knallen (von daher der Name Knallerbsenstrauch).[7]

Der „Knallerbsenstrauch“ erlangte 1999 durch Stefan Raab Berühmtheit, als dieser Ausschnitte aus der Show „Richterin Barbara Salesch“ nach einem Nachbarschaftsstreit mit der Beteiligten Regina Zindler zeigte und in seinem Lied Maschen-Draht-Zaun verwendete. In dem Streit ging es darum, dass ein Knallerbsenstrauch in einem Garten in das Nachbargrundstück reicht und entfernt werden sollte.[8]

Belege

Der Artikel beruht, sofern nicht durch Einzelnachweise belegt, auf folgenden Unterlagen:

  • O. L. Gilbert: Symphoricarpos albus (L.) S.F. Blake (S. rivularis Suksd., S. racemosa Michaux). In: Journal of Ecology. Band 83, 1995, S. 159–166.
  • Peter Schütt, Ulla M. Lang: Symphoricarpos albus. In: Schütt, Weisgerber, Schuck, Lang, Stimm, Roloff: Enzyklopädie der Sträucher. Nikol, Hamburg 2006, S. 373–378. ISBN 978-3-937872-40-7

Einzelnachweise

  1. Peter Schütt, Ulla M. Lang: Symphoricarpos albus. In: Schütt, Weisgerber, Schuck, Lang, Stimm, Roloff: Enzyklopädie der Sträucher. Nikol, Hamburg 2006, S. 375. ISBN 978-3-937872-40-7
  2. a b L. Roth, M. Daunderer, K. Kormann: Giftpflanzen, Pflanzengifte. 4. Auflage, ecomed, Landsberg 1994, S. 685f. (Nachdruck ISBN 3-933203-31-7)
  3. Artinformaion des Canadian Poisonous Plant Information System, abgerufen 10. August 2008.
  4. a b c Jack McWilliams: Symphoricarpos albus. In: Fire Effects Information System. U.S. Department of Agriculture, Forest Service, Rocky Mountain Research Station, Fire Sciences Laboratory, 2000. Online-Ressource, abgerufen 10. August 2000.
  5. Artinformation der Giftzentrale der Univ. Bonn, abgerufen 10. August 2008.
  6. a b O. L. Gilbert: Symphoricarpos albus (L.) S.F. Blake (S. rivularis Suksd., S. racemosa Michaux). In: Journal of Ecology. Band 83, 1995, S. 159–166.
  7. a b Heinz-Dieter Krausch: Kaiserkron und Päonien rot... Von der Entdeckung und Einführung unserer Gartenblumen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2007, S. 452. ISBN 978-3-423-34412-8
  8. mdr.de: Es war einmal ein Knallerbsenstrauch ... vom 5. August 2005, abgerufen am 9. August 2008.

Weblinks


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