Knechtsteden

Knechtsteden
Basilika des Klosters Knechtsteden, Blick von Süden

Kloster Knechtsteden ist eine ehemalige Prämonstratenserabtei aus dem frühen 12. Jahrhundert, die sich seit 1896 im Besitz des Spiritanerordens befindet. Sie liegt westlich von Dormagen unweit der Ortschaft Delhoven.

Die Klosteranlage besteht aus einem großzügigen Gelände, aus dem das imposante Torhaus und die Klosterbasilika St. Andreas herausragen. Auf dem Klostergelände befinden sich auch das katholische Norbert-Gymnasium und eine Gaststätte. Umgeben ist das Kloster von einem Naherholungs- und Naturschutzgebiet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Torhaus des Klosters Knechtsteden

Veranlasst durch den Kölner Erzbischof Friedrich I. stiftete der Domdekan Hugo von Sponheim 1130 dem Prämonstratenser-Orden um seinen Gründer Norbert von Xanten den Frohnhof Knechtsteden. Wenige Jahre später wurde mit dem Bau des Stiftes neben dem Frohnhof begonnen. Die Basilika wurde in zwei Bauabschnitten zwischen 1138 und 1181 im romanischen Stil errichtet. Durch kriegerische Auseinandersetzungen wie die Schlacht von Worringen 1288 und die Neusser Fehde mit der Belagerung von Neuss durch den burgundischen Herzog Karl den Kühnen 1474 kam es jeweils zu Zerstörungen an den Gebäuden des Klosters und an der Basilika. Besonders die Ostapsis wurde so stark beschädigt, dass Abt Ludger sie 1477 in gotischem Stil erneuern ließ. Da das Kloster Anfang des 18. Jh. finanziell gut ausgestattet war, wurden in dieser Zeit die meisten Gebäude im barocken Stil neu errichtet, darunter 1723 das Torhaus.

Als Napoleon 1795 die linksrheinischen Gebiete besetzte und diese 1797 gesetzlich mit dem französischen Staatsgebiet verband, flohen die Mitglieder des Klosters Knechtsteden, und das Kloster wurde von den Bewohnern der umliegenden Orte geplündert. Durch den Reichsdeputationshauptschluss wurden nach dem Willen Napoleons alle geistlichen Reichsstände und damit auch die Klöster und Stifte aufgelöst. Auch das Kloster Knechtsteden fiel dieser Säkularisation zum Opfer und wechselte mehrmals den Besitzer. Schließlich erwarb die Kölner Armenverwaltung den gesamten Komplex, um dort eine Heilsstätte für Nervenkranke einzurichten. Ein verheerender Brand vernichtete allerdings 1869 die gesamte Anlage. 1895 wurde die Ruine schließlich mit Hilfe des Kölner Erzbischofs Krementz, der Erlaubnis der preußischen Regierung und finanzieller Unterstützung durch den Afrikaverein von Pater Amandus Acker für den Orden der Spiritaner erworben, und nach der Basilika wurden auch die anderen Gebäude des Klosters bis 1908 wieder aufgebaut. 1896 errichtete Acker dort eine Missionsschule, 1898 ein Brüdernoviziat und 1905 ein Priesterseminar.

In der nationalsozialistischen Diktatur wurde das Kloster 1941 beschlagnahmt und enteignet, die Ordensmitglieder wurden teils zwangsdienstverpflichtet, teils vertrieben bzw. zum Militär eingezogen.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird das Kloster wieder durch Spiritaner genutzt.

Architektur

Basilika, Blick von Osten

Die Abtei liegt auf einer sanften Anhöhe über der Senke eines ehemaligen Rheinarmes.

Die dreischiffige Gewölbebasilika hat im Osten ein Querschiff und einen achtseitigen Vierungsturm, und durch diese Betonung der Ostanlage ist von außen kaum zu ahnen, dass es sich um eine Doppelchoranlage handelt. Der Westbau ist nur durch eine Apsis hervorgehoben.

Der Blick nach Osten zeigt an den vergleichsweise hohen Spitzbogenfenstern, dass dieser hell beleuchtete Ostchor gotisch erneuert worden ist. Romanische Chöre sehen anders aus. Das lässt sich hier im selben Bauwerk demonstrieren.

Der Westchor ist in seiner originalen Gestalt von 1150/60 erhalten. Die Malerei stammt auch aus dieser Zeit und macht die Kirche besonders wertvoll. Hier wurde in der unteren Zone ein Vorhang aufgemalt. In noch früheren Zeiten hing an solchen Stellen tatsächlich ein Vorhang.

Im Apsisgewölbe ist Christus als Pantokrator dargestellt. Pantokrator heißt eigentlich Allherrscher, gilt aber auch für den auferstandenen Christus (nach Offenbarung I,8) und besonders in der byzantinischen Kunst als allgemeine Darstellung des thronenden Christus. Umgeben ist Christus von den vier Evangelistensymbolen und dann links von Paulus als Lehrer der Völker und rechts von Petrus als Fürst der Apostel. In der unteren Zone stehen die zehn übrigen Apostel. 1951-52 wurde dieses Fresko restauriert.

Berühmt sind in Knechtsteden die Kapitelle aus der Zeit um 1150. Hier ist unter dem Einfluss der Denkmalpflege an dieser Stelle die ursprüngliche Farbe wiederhergestellt. Diese schlichteren, strengeren Kapitelle stammen aus dem ottonischen und salischen Formenkreis.

Die Kirche erhielt im Laufe der Jahre eine völlig neue Ausstattung. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts gab es eine farbige romanische Dekoration. Sie beschränkte sich auf die Architekturteile des Innern. Zum Rot der Säulen kamen das Blau, Goldgelb, Rot und Schwarzblau der Kapitelle, Kämpfer, Gesimse und Gurte, wodurch ein wundervoller Farbklang entstand. Es war eines der frühesten und vollständigsten romanischen Dekorationssysteme am Niederrhein. Leider wurde es beseitigt und durch einen grauen Anstrich ersetzt. 1938, zur 800-Jahrfeier, wurde das Innere auf Grund alter Farbspuren neu gefasst.

Die Klosteranlage heute

Basilika

Im Kloster leben ca. 25 Spiritaner, die allerdings die ursprünglich sehr große Landwirtschaft des Klosters nicht mehr bewirtschaften können und sich in das Hauptgebäude zurückgezogen haben. Ihre Aufgabe ist vor allem die Ausbildung von zukünftigen Missionaren. Diese findet in den Ausbildungswerkstätten, im Gymnasium, Postulat, Noviziat und der Theologisch-Philosophischen Ordenshochschule statt.

Neben dem jährlichen Oktoberfest finden Wallfahrten, Musik- und andere Kulturveranstaltungen statt. Überregionalen Bekanntheitsgrad hat dabei vor allem das Festival Alte Musik, dass 1992 von Herman Max ins Leben gerufen wurde. Einmal im Jahr führt die Wallfahrt der sechsten Klassen der Erzbischöflichen Schulen der Bezirkes Köln zum Kloster Knechtsteden. Das Kloster ist normalerweise frei zugänglich, Sonderführungen können mit Pater Heinz Sand vereinbart werden.

Des Weiteren befindet sich in der Klosteranlage seit August 2003 das ZVA-Fortbildungszentrum. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Augenoptiker/innen in Kursen berufsbegleitend auf die Meisterprüfung im Augenoptikerhandwerk vorzubereiten. Dabei wird es den Studenten ermöglicht, weiterhin berufstätig zu bleiben. Darüber hinaus bietet das ZVA-FBZ ein großes Angebot an fachspezifischen Seminaren an. Auf nahezu 1000 m² werden mit modernsten augenoptischen Geräten und Präsentationstechniken bis zu 350 Kursteilnehmer pro Jahr geschult.

Im ehemaligen Brüderhaus war bis 2003 das »Libermannhaus« (benannt nach einem der Gründer der Missionsgesellschaft vom Hl. Geist, Pater Franz Maria Paul Libermann) als Tagungs- und Bildungsstätte. Seit 2003 wird das Gebäude als Internat des ZVA-Fortbildungszentrums genutzt, die Nutzung als religiöses Fortbildungs- und Exerzitienhaus, die zunächst noch in eingeschränktem Umfang fortgeführt wurde, endete zum 31. Dezember 2007.

Glocken

Seit 1931 hat die Knechtstedener Basilika ihr fünfstimmiges Geläute, das von der Firma Otto in Hemelingen bei Bremen gegossen wurde. Die Schlagtöne sind b0, des1, es1, f1 und ges1.

Das Geläute der Klosterbasilika sollte im 2. Weltkrieg eingeschmolzen werden. Die große Glocke durfte allerdings im Turm bleiben, da sie nicht durch das Loch passte. Nach Beendigung des Krieges fand man die Knechtstedener Glocken unversehrt auf, hängte sie erneut im Turm auf und seitdem rufen sie wieder die Gläubigen zum Gottesdienst.

Persönlichkeiten

  • Winand Kayser, Prämonstratenser-Chorherr der Abtei Knechtsteden, kaufte nach Aufhebung des Klosters die Abteigebäude und den Gutshof. Förderer der Landwirtschaft im Kreis Neuss.

Literatur

  • Gottfried Bitter (Hrsg.): Fundatio Knechtstedensis. In: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 165. Bd. (1963), S. 54-72.
  • Nic. Bömmels: Die ehemaligen Rittergüter in den Kreisen Grevenbroich und Neuss. in: Almanach des Kreises Neuss, Neuss 1979, S. 32-51.
  • Anton Bohlen: Knechtsteden. Geschichte eines alten Klosters. Missionshaus, Knechtsteden 1924.
  • Heinrich Döring: Vom Juden zum Ordenstifter. Verlag des Missionshauses, Köln 1930.
  • Ferdinand Ehlen: Die Prämonstratenser-Abtei Knechtsteden. Geschichte und Urkundenbuch. Verlag des Missionshauses, Köln 1904.
  • Ferdinand Ehlen: Das Missionshaus Knechtsteden und die deutsche Ordensprovinz der Väter vom Heiligen Geiste. Verlag des Missionshauses, Köln 1905.
  • Winand Kayser: Geschichte von Knechtsteden. Nach Mitteilungen des letzten Ordensmannes in Knechtsteden, des Kanonikus Kayser. (Manuskript)
  • H. Kissel: Die ehemalige Prämonstratenser-Abtei Knechtsteden. (Analecta Praemonstratensia; Bd. 5), Tongerloo 1929.
  • Joseph A. Rath: Winand Kayser, der letzte „Mönch“ von Knechtsteden. Missionsgesellschaft vom heiligen Geist, Köln 1987.
  • Fritz Schlagwein: Knechtsteden in alter und neuer Zeit. Verlag des Missionshauses, Köln 1920.
  • Walter Schulten: Die ehemalige Prämonstratenser-Stiftskirche Knechtssteden in Dormagen. Neusser Verlag, Neuss 1984, ISBN 3-88094-474-1

Weblinks und Quellennachweise


51.0771527777786.75254722222227Koordinaten: 51° 4′ 38″ N, 6° 45′ 9″ O


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